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Das Auge des Leoparden

Das Auge des Leoparden

Titel: Das Auge des Leoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gesenktem Kopf, den Blick auf den rissigen Steinboden der Terrasse gerichtet.
    »Ich bin müde«, sagt Hans Olofson, nachdem er sich wieder beruhigt hat. »Ich sehe die Leichen meiner Freunde vor mir, der ersten Menschen, denen ich begegnet bin, als ich damals nach Afrika kam. Ich sehe ihre entstellten Körper, eine vollkommen unbegreifliche Gewalt.«
    »Vielleicht ist sie doch nicht so unbegreiflich«, erwidert Peter Motombwane langsam.
    »Du sollst deine Details haben«, sagt Hans Olofson. »Du sollst so viel Blut bekommen, wie deine Leser ertragen können. Aber zuerst wirst du mir erklären, was geschehen ist.«
    Peter Motombwane breitet die Hände aus. »Ich bin kein Polizist«, sagt er.
    »Du bist Afrikaner«, entgegnet Hans Olofson. »Außerdem bist du klug, gebildet und bestimmt nicht abergläubisch. Du bist Journalist. Wenn jemand die nötigen Voraussetzungen mitbringt, es mir zu erklären, dann du.«
    »Vieles von dem, was du sagst, ist wahr«, antwortet Peter Motombwane. »Aber wenn du glaubst, daß ich nicht abergläubisch bin, dann irrst du dich. Das bin ich sehr wohl. Meine Vernunft wendet sich davon ab, aber in meinen Gefühlen ist der Aberglaube für alle Zeit verankert. Man kann in ein fremdes Land ziehen, wie du es getan hast, man kann sein Auskommen suchen, sein Leben gestalten. Aber von seinen Wurzeln kann man sich niemals völlig lösen. Irgend etwas wird immer mehr sein als eine bloße Erinnerung und wird dir ins Gedächtnis rufen, wer du wirklich bist. Ich bete keine Götter an, die aus Holz geschnitzt wurden, ich gehe zu Ärzten in weißen Kitteln, wenn ich krank werde. Aber auch ich lausche den Stimmen meiner Ahnen und wickle zu meinem Schutz schwarze Bänder um mein Handgelenk, ehe ich mich in ein Flugzeug setze.«
    »Warum Werner und Ruth?« sagt Hans Olofson. »Warum dieses besinnungslose Blutbad?«
    »Deine Gedanken gehen in die falsche Richtung«, antwortet Peter Motombwane. »Sie gehen in die falsche Richtung, weil du von falschen Voraussetzungen ausgehst. Dein weißes Gehirn führt dich in die Irre. Wenn du verstehen willst, mußt du wie ein Schwarzer denken. Und das wird dir ebensowenig gelingen, wie es mir gelingen wird, einen weißen Gedanken zu formulieren. Du fragst, warum gerade Werner und Ruth Masterton getötet wurden? Du könntest genausogut fragen, warum nicht? Du sprichst von einem besinnungslosen Doppelmord, aber ich bin nicht sicher, daß es so war. Abgeschlagene Köpfe hindern Menschen daran, zu Wiedergängern zu werden, abgeschlagene Hände verhindern, daß Menschen sich rächen. Sie wurden zweifellos von Afrikanern getötet, aber es geschah keineswegs so ungezügelt, wie du es dir vorstellst.«
    »Dann glaubst du, daß es ein ganz gewöhnlicher Raubmord war?« fragt Hans Olofson.
    Peter Motombwane schüttelt den Kopf. »Wären sie vor einem Jahr ermordet worden, hätte ich das geglaubt«, antwortet er. »Aber nicht jetzt, nicht bei der Unruhe im Land, die täglich größer wird. Diese Unruhe ist ein Nährboden für politischen Widerstand. Ich glaube, daß Ruth und Werner Masterton Mördern zum Opfer gefallen sind, die ihre
panga
in Wirklichkeit gerne in die Köpfe der schwarzen Führer des Landes rammen würden. Es gibt eben auch schwarze
wazungu
. Du irrst dich, wenn du denkst, daß das Wort
weißer Mann
bedeutet. Tatsächlich bedeutet es
reicher Mann
. Weil es selbstverständlich war, mit den Weißen Reichtum zu verbinden, ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes verlorengegangen. Ich glaube, daß es heute wichtig ist, sich die eigentliche Bedeutung des Wortes wieder bewußt zu machen.«
    »Erklär es mir«, sagt Hans Olofson. »Zeichne mir eine politische Wetterkarte, ein mögliches Bild davon, was sich abgespielt haben könnte.«
    »Als erstes mußt du begreifen, daß es gefährlich ist, was ich hier tue«, erwidert Peter Motombwane. »Die Politiker in unserem Land sind skrupellos. Sie wahren ihre Macht, indem sie ihre Meute unablässig von der Leine lassen. Es gibt ein einziges effektives staatliches Organ in diesem Land, das gut organisiert und ständig aktiv ist, und das ist die Geheimpolizei des Präsidenten. Die Opposition wird von einem feinmaschigen Netz aus Spitzeln überwacht, in jedem Dorf, in jeder Firma gibt es jemanden, der mit dieser Geheimpolizei in Verbindung steht. Auch auf deiner Farm gibt es mindestens einen Mann, der einmal in der Woche einem unbekannten Vorgesetzten Bericht erstattet. Deshalb ist es gefährlich, was ich sage. Ohne daß du es

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