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Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition)

Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition)

Titel: Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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zwanzig Grad. Der Wind spielte mit meinen Haaren und versuchte, die Seiten meines lädierten Zeichenblocks umzublättern. Das erinnerte mich an Rico, aber so sehr ich mir auch wünschte, er würde herkommen, so wenig gelang es mir, ihn herbeizuzwingen. Falls er eine Einbildung war, hätte ich fähig sein müssen, ihn erscheinen zu lassen, wann immer ich wollte, oder? Noch ein Punkt dafür, dass ich nicht verrückt war.
    „He, Liss.“ Tatjana war an der Terrassentür aufgetaucht. „Was ich dich noch fragen wollte.“
    „Ja?“
    „Wegen Luca … Wie konntest du Luca zeichnen, bevor du ihn kennengelernt hast? Das will mir irgendwie nicht in den Kopf.“
    „Wahrscheinlich habe ich ihn im Dorf gesehen, als ich hier angekommen bin“, meinte ich. „Und dann hab ich mir wohl vorgestellt, dass er mein Freund ist.“
    Sie runzelte die Stirn. „Aber du hast ihn nicht getroffen. Ich hab ihn doch extra gefragt. Er hat dich zum ersten Mal gesehen, als er die Pizza abgeliefert hat. Vorher bist du nicht im Restaurant gewesen.“
    „Dann habe ich ihn wahrscheinlich von weitem auf der Straße gesehen.“
    „Aber du hast ihn so genau gezeichnet!“
    „Er hat wohl einen großen Eindruck auf mich gemacht.“
    Sie seufzte unzufrieden.
    „Was willst du denn hören?“, fragte ich. „Dass ich eine Hellseherin bin und genau wusste, wie der Pizzabote aussehen würde, bevor er geklingelt hat?“
    „Irgendwas stimmt hier nicht.“ Sie klang unzufrieden. „Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht.“
    „Nur raus damit“, ermunterte ich sie. „Hast du eine neue Verschwörungstheorie? Irgendwas mit der Mafia und Mördern? Vielleicht hat Luca mich hypnotisiert, damit ich mich nicht daran erinnere, dass ich ihn schon seit wer weiß wann kenne, und mein Unterbewusstsein hat dafür gesorgt, dass ich ihn zeichne.“
    „Haha“, sagte sie, dabei hätte ihr diese Theorie noch vor kurzem sehr gut gefallen.
    Dann fiel mir etwas anderes auf. „Du hast Luca gefragt? Wann hast du mit ihm gesprochen?“ Oh Gott, ich hoffte bloß, dass er ihr nichts von dem Kuss erzählt hatte!
    „He, immer mit der Ruhe“, meinte Tatjana. „Ich hab ihm gar nicht viel gesagt.“
    Das konnte ich irgendwie nicht recht glauben. „Wehe, wenn du irgendwas Peinliches …“
    „Ich suche jetzt die Fotos“, erklärte sie schroff und verschwand wieder im Haus.
    Mit einem lauten Seufzen ging ich ihr nach.
    Wenn ich noch mein altes Handy gehabt hätte, hätte ich Luca direkt anwählen können, doch das war auf dem Boden der Scheune zerschellt. Wenn ich bei Silvio anrief und mit Luca sprechen wollte, würde das dort die ganze Mannschaft erfahren, und einfach nochmal eine Pizza zu bestellen, funktionierte auch nicht unbedingt, vielleicht schickten sie jemand anders. Also blieb mir wohl nichts anderes übrig, als hinzuradeln.
    „Ich fahr kurz in den Laden“, sagte ich zu Tatjana. „Nur damit du mich nicht auf sämtlichen Dächern hier suchst.“
    „Kannst du überhaupt schon wieder Fahrrad fahren?“
    „Ich bin nicht tot“, sagte ich mit Nachdruck.
    Sie genoss es ein bisschen zu sehr, sich als meine Wärterin aufzuspielen.
    Also schnappte ich mir mein klappriges Rad und machte mich auf den Weg ins Dorf.

    Ausgerechnet der rothaarigen Luisa musste ich im Restaurant in die Arme laufen. Sie ließ ihren Blick über mein Äußeres wandern und wandte sich wieder ab, als sie die Schramme an meinem Hals entdeckte.
    „Ich nehme an, du bist nicht hier, weil du Hunger hast“, sagte sie.
    „Ist Luca da?“
    „Er ist krankgeschrieben, was dachtest du denn?“
    Bei unserem Sturz auf die Treppe war ich besser weggekommen als er. Soviel ich von Onkel Vincent erfahren hatte, hatte Luca sich den Arm gebrochen und ein paar Rippen angeknackst.
    „Wo finde ich ihn denn?“
    Wenn Blicke töten könnten! Sie hätte mich wohl am liebsten zum Teufel geschickt, aber da trat jemand neben sie, offenbar der Chef persönlich.
    Silvio Testa strahlte mich mit einem herzlichen Lächeln an. „Das Riebeck-Mädchen?“
    „Ja“, sagte ich.
    „Dein Onkel hat Luca einen Scheck dafür ausgestellt, dass er dich gerettet hat, einen wirklich großzügigen Scheck. Der Junge fragt ständig nach dir.“
    „Ich war krank.“
    „Er ist oben. Da hinten, die Treppe rauf, das zweite Zimmer rechts. Geh ruhig, er wird sich freuen.“
    Ich bedankte mich. Die Stiege war eng, mit Teppich ausgelegt, an den Wänden hingen gerahmte Fotos. Hinter der Tür, die Herr Testa mir genannt hatte, erklang laute

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