Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition)

Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition)

Titel: Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
Stange kaum mehr als angekratzt hatte. Das Regal stand unter dem Lichtschacht, der schräg nach oben führte. Rico hatte recht, um diese Ecke herum würde ich mich nicht quetschen können. Blieben noch die Gegenstände auf dem Regal. Benzinkanister. Alte Töpfe. Kittel und Lappen. Eine Schachtel Streichhölzer.
    Ich streckte die Hand danach aus und pflückte sie vom Regalbrett.
    „Nein“, sagte Rico neben mir. Staubgraue Falter krochen ihm unter den Kragen, andere schliefen bereits in seinen schwarzen Haaren. „Vergiss es. Du kannst hier nicht alles in Brand stecken.“
    „Ich werde die Tür heraussprengen.“
    „Wie denn? Du wirst dich bloß selbst verbrennen. Das kann ich nicht zulassen.“
    „Du kannst mich auch nicht daran hindern.“
    Einer der Kanister war zu einem Viertel voll. Ob das reichen würde?
    „Alicia, lass das!“
    „Du wolltest doch, dass ich sterbe, oder? Hast du dir das nicht die ganze Zeit gewünscht? Wenn es schiefgeht, bin ich gleich hier bei dir. Dann kann ich mich direkt danebenlegen.“
    „Nein, ich will nicht, dass du stirbst! Ich will nicht, dass du dasselbe durchmachen musst wie ich!“
    „Eben“, sagte ich. „Wie viele Tage habe ich, bevor ich verdurste? Soll ich hier in der Dunkelheit hocken und warten, bis es zu Ende ist?“
    Seine Warnungen waren natürlich nicht von der Hand zu weisen. Ich hatte nicht vor, mich selbst in die Luft zu sprengen oder in einem brennenden Keller eingeschlossen zu sein.
    „Es darf nicht lange schwelen, sonst ersticke ich“, überlegte ich. „Ich muss auf einen Schlag ein so großes Loch öffnen, dass ich hindurchspringen kann. Irgendeinen Tipp?“
    „Abgesehen davon, dass ich es immer noch für eine schlechte Idee halte? Du musst alles Brennbare vor die Tür häufen. Die alten Lappen zum Beispiel.“
    „Ein kleines Loch nützt mir nichts“, überlegte ich. „Bis das Feuer sich endlich hochgefressen hat, bin ich schon tot.“ Mir fiel etwas anderes auf. Die Verschraubungen des Hakens, an dem das Schloss befestigt war, ragten an dieser Seite aus dem Türblatt heraus. Wenn es mir gelang, das Holz so zu beschädigen, dass der Ring herausfiel, konnte ich die Tür aufstoßen und entkommen. Also musste ich dafür sorgen, dass mein Feuer vor allem an dieser Stelle brannte.
    Ich begutachtete die Lappen und Kittel, die mir zur Verfügung standen, und riss sie in Streifen. Dann tränkte ich sie mit Benzin und wickelte sie um die Schrauben. Als ich schließlich so weit war, das Streichholz anzureißen, war mir schwindlig von den Dämpfen und der Anstrengung.
    „Halte dir etwas vor die Nase“, riet Rico.
    Die Motten wurden unruhig. Als die ersten Flammen an der Tür aufzüngelten, traten sie schon den Rückzug an und flatterten hoch, zum rettenden Schacht. Was hätte ich dafür gegeben, mit ihnen zu fliehen!
    Stattdessen beobachtete ich bang, wie die Stoffstreifen zu brennen begannen. Beißender Rauch stieg auf. Doch dann lief es nicht so, wie es sollte. Brennendes Benzin tropfte auf den Boden. Der Rauch wurde dicker und dunkler, und die Flammen wanderten über die Tür wie Holzwürmer.
    Ich hustete und konnte immer weniger sehen. Mit der Eisenstange in der Hand stieß ich gegen die dunkelrote Glut, die sich durch das Holz arbeitete. Es knirschte, Funken sprühten auf. Ich schlug härter zu, noch härter, während das Feuer wuchs. Aber es gelang mir nicht, das Schloss aus der Tür zu schlagen. Ich war so dumm! Warum hatte ich nicht auf Rico gehört? Jetzt war ich wirklich in einem brennenden Raum eingeschlossen.
    In Panik wandte ich mich zu ihm um. „Gleich bin ich bei dir.“ Zwischen zwei Hustenanfällen lachte ich hysterisch. „Es wird nicht mehr lange dauern.“ Ich hätte ihm gerne versichert, dass ich mich nicht fürchtete, aber ich hatte eine Scheißangst. Meine Augen tränten, jeder Atemzug tat weh.
    „Nein!“, rief er. „Alicia, du musst kämpfen!“
    „Wie denn?“, schrie ich. „Wogegen?“
    In einem letzten Aufbäumen meines Überlebenswillens krallte ich die Hände um die Eisenstange und schlug wieder gegen die Tür. Dann riss ich sie hoch und stieß sie mit aller Kraft gegen die Decke.
    Splitter und Bruchstücke regneten auf mich herunter. Über mir tat sich ein Loch auf, als die halbe Decke einstürzte.
    Sofort flammte das Feuer mit neuer Energie auf.
    „Schnell!“, rief Rico. „Du musst hier raus! Schieb das Regal unter die Öffnung!“
    Ich tat es, setzte den Fuß auf das unterste Brett und zögerte kurz. Vor mir tanzten

Weitere Kostenlose Bücher