Das Auge des Sehers (German Edition)
auf der Website und bei Facebook. Höchstens die Bestätigung, dass er für alle dagewesen ist. Arian war wirklich eine beeindruckende Persönlichkeit.»
«Lehre abgebrochen, Tingeltangelmusikant, mal hier Glacéverkäufer, mal dort Maronnibrutzler, dann Oberguru! Tolle Karriere, muss ich schon sagen.»
«Es ist doch vollkommen egal, was er gemacht hat. Auf einmal erkannte er seine Berufung und ist ihr gefolgt. Er hat viel Gutes getan. Nur darauf kommt es an.»
«Durch eine göttliche Eingebung!»
«Nenn es, wie du willst. Auf jeden Fall hat er den Menschen geholfen. Schau zum Beispiel hier, eine Luzie … komm rüber, schau, was sie schreibt, und lies vor.»
Widerwillig las Nadine laut vor.
«‹Arian hat mir mein Leben gerettet. Erst durch ihn wurde mir bewusst, dass es eine Sünde ist, das Leben wegzuwerfen. Ich war drogensüchtig. Arian zeigte mir den richtigen Weg auf und ich konnte meine Sucht überwinden. Dank Arian. Nun weiss ich nicht, wie es ohne ihn weitergehen soll. Was soll aus mir werden? Ich bin so allein.› Was soll daran positiv sein? Das Mädchen oder die Frau ist verzweifelt.»
«Das meine ich doch nicht. Willst du es denn nicht verstehen? Arian heilte sie von ihrer Drogensucht.»
Nadine seufzte.
«Du bist ein hoffnungsloser Fall, Francesco. Genauso wie diese Luzie. Willst du nicht auch noch chatten? ‹Nur dank dir, Arian, habe ich bisher meine Fälle gelöst. Nun geht alles zu Ende.›»
«Hm!»
«Das Auge des Sehers! Komischer Titel für einen Artikel.»
«Siehst du, du hast den Artikel gar nicht gelesen. Wie willst du dir da eine differenzierte Meinung bilden? Gemeint ist damit das innere Auge oder die innere Kraft, die von ihm ausging. Im Interview erklärt er sich. Lies es und du verstehst ihn besser.»
«Danke! Es reicht, wenn du den Schmu glaubst. Einer muss hier einen klaren Kopf bewahren und ich sehe … ich sehe», Nadine hielt sich die Hand vor die Stirn, «ich sehe, dass du es nicht bist. Deine Gedanken sind von einem dunklen Schleier umgeben.»
«Sehr witzig. Spotte nur über Arian. Ich kann mich nur wiederholen. Die Welt besteht nicht nur aus dem, was wir sehen und anfassen können. Es gibt rational unerklärliche Dinge. Du wirst schon noch darauf kommen.»
«Du meinst ‹Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar›.»
«Ja, das ist gut, könnte von mir sein. Es ist die Geschichte vom …»
«Schon gut, schon gut, die Geschichte kann warten. Wir sollten zuerst versuchen, mit logischem Verstand einen Mordfall zu lösen. Es sei denn, du glaubst, dass der Geist von Arian dich aufsucht und auf die richtige Spur führt …»
«Sehr witzig. Bevor ich mir weiter deine blasphemischen Sprüche anhöre, gehen wir an die Arbeit.»
«Aha! Und wie beginnen wir, Chef?»
«Wir besuchen Alura Randa.»
«Das wird sicher spannend. Ich rufe die Stellvertreterin von Arian auf Erden an. Wann soll sie uns eine Audienz gewähren?»
«Sagen wir in einer Stunde.»
4. Kapitel
Die Zentrale der Nostramo GmbH befand sich in einem Hinterhof in der Welschmattstrasse, ganz in der Nähe des Gartenbads Bachgraben. Eine exotisch gekleidete Mitarbeiterin erwartete sie bereits. Zum Zeichen der Trauer, wie der Kommissär vermutete, trug sie eine schwarze Schleife um die Stirn.
«Bitte folgen Sie mir. Unsere Meisterin erwartet Sie.»
«So schnell geht es. Der Meister ist tot, es lebe die Meisterin!», flüsterte Nadine.
Sie wurden in ein Sitzungszimmer geführt, das mit allem möglichen technischen Schnickschnack ausgestattet war. Alura Randa verneigte sich mit gefalteten Händen und deutete ihnen an, dass sie sich ihr gegenüber setzen sollten. Ferrari liess sich ächzend auf eine sackähnliche Sitzgelegenheit fallen.
«Willkommen in unserem bescheidenen Heim», begann Alura Randa das Gespräch. «Tee? Oder lieber Kaffee?»
Das Wort Kaffee klang wie eine Sünde.
«Kaffee! Für uns beide, bitte.»
Alura lächelte Nadine einnehmend zu.
«Wie Sie wünschen. Michelle, bitte zwei Kaffee und für mich einen Tee.»
Ferrari sah sich um. Irgendwie hatte er eine ganz andere Büroeinrichtung erwartet. So exotisch und extravagant wie die Kleidung, die die Mitarbeiter trugen. Aber hier wirkte alles steril, sehr nüchtern und gewöhnlich wie in jedem anderen Büro der Stadt. Ausser diesem verflixten Sitzsack aus Kunststoff, der bei jeder Bewegung knirschte.
«Ich bedaure sehr, dass wir Sie unter diesen tragischen Umständen sprechen müssen.»
«Der Tod von Arian ist für uns alle ein grosser
Weitere Kostenlose Bücher