Das Auge des Sehers (German Edition)
Handwerker vielleicht oder der Anrufer. Ich weiss es wirklich nicht.» Irion schaute auf die Wanduhr. «Brauchen Sie mich noch? Ich muss dringend weg.»
Nadine sah kurz zu Ferrari rüber, der nachdenklich den Kopf schüttelte.
«Im Augenblick nicht, Herr Reber. Aber vielleicht kommen wir nochmals auf Sie zu.»
«Jederzeit, Frau Kupfer, ich bin meistens hier.»
«Er kennt den Mörder!»
«Ja, oder er vermutet, wer es sein könnte, Nadine.»
«Weshalb sollte ich nicht weiterfragen?»
«Das wäre kontraproduktiv gewesen. Auf die Frage nach Arians Mörder hat er zugemacht, er wirkte wie versteinert. Wir behalten ihn aber im Auge.»
«Wenn er den Mörder kennt, muss er aus dem Umfeld der Nostramos kommen.»
«Nicht unbedingt. Eine seiner Antworten war höchst interessant.»
«Was meinst du?»
«Wenn ich dich fragen würde, wer der Mörder ist, was würdest du dann spontan antworten?»
«Der Anrufer!»
«Genau. Und was waren seine Worte?»
«Auch der Anrufer.»
«Nicht ganz. Zuerst sagte er: ‹diese Handwerker vielleicht›, und erst danach: ‹oder der Anrufer›. Mangold und seine Freunde müssen bei der Gemeinschaft einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.»
«Siehst du, der Abstecher zu der Sekte hat sich gelohnt.»
«Es ist keine Sekte, Nadine. Wann begreifst du das endlich?!»
Am Ausgang stiess Nadine mit Jason Untala zusammen.
«Das wird schon zur Gewohnheit. Guten Tag Herr Kommissär, Frau Kupfer. Wollen Sie zu mir?»
«Wenn wir uns schon begegnen, wir hätten einige Fragen an Sie.»
«Bitte. Hier in der Kälte oder drinnen?»
«Das Gespräch dauert nicht lange. Das können wir auch hier draussen führen. Weshalb haben Sie sich mit Arian vor der Sendung gestritten?»
«Arian beschuldigte mich, gegen ihn zu arbeiten, was natürlich aus der Luft gegriffen war. Ich weiss wirklich nicht, wie er darauf kam. Er stellte mich vor das Ultimatum, bedingungslos zu ihm zu halten oder zu gehen. Ich versicherte ihm meine ewige Treue und sagte ihm: ‹Du bist unser Meister. Wir beten dich alle an.› Ich habe seit jener verhängnisvollen Nacht viel über unseren Streit nachgedacht.»
«Haben Sie gar keine Ahnung, warum er an Ihnen zweifelte?»
«Wenn ich das wüsste!»
«Sie sind nach der Sendung sofort gegangen, richtig?»
«Wie immer. Ich bin danach ausgelaugt, kann mich nicht mehr konzentrieren. Ich muss dann unbedingt abschalten. Das kann ich nur, wenn ich alleine bin. Ich spaziere dann eine Stunde planlos durch die Gegend, im Sommer wie im Winter. So erhole ich mich am besten.»
«Weshalb wurde Arian umgebracht?»
Jason sah Ferrari irritiert an.
«Haben Sie meine Frage verstanden?»
«Warum weshalb und nicht wer?»
«Wie Sie möchten. Weshalb wurde Arian umgebracht und wer ist der Mörder?»
«Ich kann beide Fragen nicht beantworten.»
«Eine Vermutung?»
«Keine. Seien Sie getrost, Arian wird uns ein Zeichen geben und uns auf die Spur des Mörders führen. Da bin ich mir sicher. Bis dahin müssen wir uns in Geduld üben.»
«Und wenn Ihr Meister uns keines gibt?»
«Dann, Frau Kupfer, wird der Mörder der irdischen Strafe entgehen, doch im Jenseits muss er dafür büssen.»
Jason verneigte sich und entschwand im Inneren der Zentrale.
«Die sind doch alle total verrückt. Die ganze Bande: Jason, Alura und dieser Irion», kommentierte Nadine.
«Könnte Jason unser Mörder sein?»
«Nicht abwegig. Aber mit welchem Motiv? Stimmt das Gerücht vielleicht doch, dass der kleine Jason seinem Oberguru das Wasser abgraben wollte?»
«Das müssen wir herausfinden. Ich würde ihn auf jeden Fall ganz oben auf unsere Verdächtigenliste setzen. Morgen wissen wir vielleicht schon mehr.»
Ferrari stieg auf der Heimfahrt am Bankenplatz aus und blieb vor dem Schaufenster der Buchhandlung Bider & Tanner stehen. Monika wünschte sich schon längst den neusten Bildband über Basel. Gesagt, getan. Mit dem Buch unter dem Arm schlenderte er um die Ecke und liess sich bei «au Bouquet» einen prächtigen Blumenstrauss zusammenstellen. Natürlich in Monikas Lieblingsfarben, Weiss und etwas Gelb. Mit Buch und Blumen lief er zu Hause ein. Nikki schaute ihn entgeistert an.
«Hat Mam Geburtstag?»
«Nein, wieso?»
«Puh! Gott sei Dank, ich dachte schon, ich hätte ihren Tag vergessen. Warum schleppst du dann solche Geschenke an?»
«Nur eine spontane Idee.»
Monika konnte ihr Glück gar nicht fassen.
«Das Buch wollte ich schon lange. Toll, dass du daran gedacht hast! Und der Blumenstrauss ist eine
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