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Das Auge des Sehers (German Edition)

Das Auge des Sehers (German Edition)

Titel: Das Auge des Sehers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gold
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Abend.»
    «Den habe ich mit Sicherheit. Ciao Francesco.»
    Ferrari erwischte gerade noch das Tram. Knapp wurde es aber nur, weil er nach hinten raste, obwohl der Chauffeur extra vorne die Tür nochmals für ihn öffnete. Ein gutes Omen! Mein Sitzplatz, der vorderste rechts im Anhänger, ist frei. Ja, ja, die lieben Gewohnheiten. Wohin geht sie wohl mit Yvo? Ins «Acqua»? Nein, zu nahe beim Kommissariat. Ins «eo ipso» im Gundeli? Schon eher die Güteklasse von Yvo. Oder gleich ganz in die Vollen, ins «Stucki» oder zum «Donati». Am Aeschenplatz wurde er von einem Mann mit einem grossen Paket angerempelt.
    «Entschuldigung! Es ist hier so eng.»
    «Schon gut.»
    «Ich habe ein Weihnachtsgeschenk für meine Frau gekauft.»
    Oh nein. Jetzt redet er auch noch auf mich ein. Wie ich das hasse. Kann man denn nicht einmal ungestört Tram fahren?
    «Fahren Sie auch nach Birsfelden?»
    «Bis zur Endstation.»
    «Wie? Ich verstehe Sie nicht. Wissen Sie, ich höre nicht mehr so gut. Das hängt mit meinem Beruf zusammen. Bin Drucker gewesen. Da rattern die Maschinen den ganzen Tag.»
    «Ich steige an der Endstation in Birsfelden aus», schrie Ferrari so laut, dass die anderen Fahrgäste auf ihn aufmerksam wurden.
    «Sie wohnen oben auf dem Hardhügel? Eine schöne Wohnlage. Ich wohne beim Kraftwerk in einem der Hochhäuser. Ist auch schön, aber nicht zu vergleichen mit der Lage oben am Waldrand.»
    Hätte ich doch nur das nächste Tram genommen. Wieso nur ziehe ich solche Menschen förmlich an?
    «Arbeiten Sie in der Stadt?»
    «Ja, bei der Polizei.»
    «So, so, in einer Wäscherei. Als Geschäftsführer?»
    «Genau. Ich bin Direktor einer Wäscherei», schrie Ferrari.
    «Ein ehrenwerter Job. Oh … jetzt hätte ich beim gemütlichen Plaudern beinahe die Haltestelle verpasst. Es war schön, mit Ihnen zu reden. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Eine frohe Adventszeit und schöne Weihnachten.»
    Er quetschte sich an Ferrari vorbei zum Ausgang.
    «Das wünsche ich Ihnen auch.»
    Ferrari hörte es bereits vom Eingang her. Das Weihnachtsmarktdrama ging in die nächste Runde. Dabei hatte er nach diesem anstrengenden Tag überhaupt keine Lust, mit seiner Mutter und Hilde zu streiten. Monika kam ihm entnervt entgegen.
    «Gut, dass du kommst. Hier ist der Teufel los.»
    «Hallo, Schatz. Ich habe mich eigentlich auf einen gemütlichen Abend mit dir und Nikki gefreut. Nimmt das Weihnachtsmarktdrama denn kein Ende?»
    «Wie in einem schlechten Film. Doch dieses Mal ist es nicht der Weihnachtsmarkt, aber hör selbst.» Sie schob ihn ins Wohnzimmer. «Francesco ist da.»
    «Hallo Mama, hallo Hilde. Schön, euch zu sehen.»
    «Möchtest du ein Glas Wein, Liebling?»
    «Danke, ich weiss nicht. Ich wollte eigentlich noch etwas arbeiten.»
    «Aber doch nicht, wenn unsere Mütter zu Besuch sind. Setz dich hin, Liebling. Jetzt stossen wir gemütlich miteinander an.»
    Nikki sass ebenfalls am Tisch. Weshalb werde ich das Gefühl nicht los, dass ich wie ein Schaf zur Schlachtbank geführt werde?
    «Kannst du dich an Heilig Abend vor einem Jahr erinnern, Francesco?»
    «Aber sicher, Mama. Wieso fragst du?»
    «Wo feierten wir da zusammen?»
    «Na, wie immer, hier bei uns. Hilde, du und wir drei.»
    «Und stand da ein Weihnachtsbaum?»
    «Eine komische Frage, Mama. Er stand wie immer dort hinten in der Ecke.»
    «Und war der Baum geschmückt?»
    «Jetzt hör aber bitte auf, Mama. Monika und Nikki schmücken ihn jedes Jahr. Mit den grossen, roten Kugeln, den Kerzen und den Schokoladenzapfen. Im letzten Jahr legte Monika noch eine Lichterkette um den Baum herum. Die leuchtete jeden Abend. Aber das weisst du doch.»
    «Und thronte auf dem Weihnachtsbaum ein Spitz?»
    «Aber sicher doch. Wie in jedem Jahr.»
    «Siehst du. Der Weihnachtsbaum hatte einen Spitz.»
    «Aber nicht im letzten Jahr, Martha.»
    «In jedem Jahr. Auch im letzten.»
    «Bist du ganz sicher, Francesco?»
    Bin ich hier in einem Irrenhaus gelandet? Nikki verdrehte die Augen.
    «Natürlich bin ich das. Es ist ein roter Spitz.»
    «Siehst du, Hilde.»
    «Es war kein Spitz auf dem Baum!»
    «Sicher war ein Spitz auf dem Baum!»
    «Nein, war er nicht!»
    «Moment mal. Dreht sich die ganze Diskussion etwa um den Spitz auf dem Weihnachtsbaum?»
    «Ich weiss ehrlich gesagt nicht mehr, ob der Spitz auf dem Baum war oder nicht, Francesco. Und Nikki ist sich auch nicht sicher.»
    Ferraris Ton verschärfte sich.
    «Er war es, wie in jedem Jahr.»
    «Nein. Im letzten Jahr war er nicht drauf,

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