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Das Auge des Sehers (German Edition)

Das Auge des Sehers (German Edition)

Titel: Das Auge des Sehers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gold
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versuchte sich Ferrari zu beruhigen. Doch an Schlaf war nicht mehr zu denken. Was bedeutete dieser Traum? War es eine dunkle Vorahnung oder nur ein Angsttraum? Und wer verbarg sich hinter dem Kreuzkönig? Unentwegt kreisten seine Gedanken, bis endlich das erlösende Klingeln des Weckers ertönte.
    Übermüdet und von den Strapazen der Nacht gezeichnet, betrat der Kommissär sein Büro. Nach dem zweiten Kaffee war die Welt zumindest halbwegs wieder in Ordnung. Neugierig blätterte er in seiner neusten Errungenschaft, die Nadine kommentarlos zurückgebracht hatte. Traumdeutung! «Träume sind eine Produktion des Unterbewussten. Sie sind die Kompromissbildung zweier sich widersprechenden Wünsche», das verstehe, wer will, «jede aus der Quelle eines anderen Systems.»
    Was für ein System? Ah, hier stehts. «Die Systeme heissen Unbewusstes und Bewusstes.» Sigmund Freud lässt grüssen! Das ist mir zu wissenschaftlich. Die Erklärung aus der Antike ist um einiges kürzer und aufschlussreicher. «Homer sieht den Traum als geflügeltes Wesen, das dem Träumenden göttliche Botschaften überbringt.» So sehe ich das auch. Der Traum ist also ein Zeichen, eine Warnung, um genau zu sein. Monika wird von einem schwarzen König umgarnt. So weit, so gut. Ich werde ab sofort auf der Hut sein. Gähnend lehnte sich Ferrari zurück.
    «Oh, der Herr ist müde.»
    «Guten Morgen, Nadine. Es gibt nichts Schlimmeres, als mitten in der Nacht eine Leiche anschauen zu müssen. Zudem stürmte es fast die ganze Nacht. Ich konnte kaum schlafen.»
    «Kapitel Traumdeutung. Schlecht geträumt?»
    «Überhaupt nicht.»
    «Wers glaubt. Sicher sind dir die Karten um die Ohren geflogen. Herzdame, Pikkönig, Karokönig. Schnappt dir womöglich jemand Monika weg?»
    «Was du dir immer zusammenreimst. Es war übrigens der Kreuzkönig.»
    «So, so. Hast du auch geträumt, wie die beiden Morde zusammenhängen?»
    «Jemand rottet systematisch die Nostramos aus.»
    «Wie bitte? Gestern sagtest du noch, dass dies der letzte Mord war.»
    «Mörder sind unberechenbar. Wir müssen jedes mögliche Szenario in Betracht ziehen. Wenn wir herausfinden, was die beiden Morde verbindet, haben wir den Schlüssel zur Lösung. Übrigens dein Handy surrt, sicher dein neuer graumelierter Schwarm.»
    «Nur nicht so sarkastisch, Franco.»
    «Yvo war schon immer ein Schwerenöter. Er umgibt sich gerne mit intelligenten, attraktiven Frauen, auch wenn sie zu jung für ihn sind. Und nenn mich nicht Franco.»
    «Vielleicht … vielleicht …»
    «Du wirst doch hoffentlich nichts mit ihm anfangen?»
    «Das, mein Lieber, geht dich nichts an. So, damit ist dieses Thema durch. Was liegt an, Herr Kommissär?»
    «Vor dem Mittag werden wir kaum etwas über die Fingerabdrücke auf der Waffe erfahren. Wir sollten uns, wie geplant, Mangold vorknöpfen. Der Kerl spielt eine mehr als zwielichtige Rolle. Am besten, wir laden ihn vor. Bitte bestell ihn um elf Uhr ins Kommissariat.»
    Mangold war nicht zu erreichen. Nadine schickte eine Streife in die Spenglerei, die jedoch nur den Lehrling vorfand. Wo sein Chef war, wusste er nicht. Er sei um sieben kurz aufgetaucht, hätte ihm befohlen, die Bude aufzuräumen, und sei verschwunden. Falls jemand anrufen sollte, würde er zurückrufen. So gegen Mittag wollte er zurück sein.
    «Und jetzt?»
    «Besuchen wir Alura Randa im Spital.»
    Vorsichtshalber klärte Nadine zuerst ab, ob sich Alura überhaupt noch im Universitätsspital aufhielt. Fehlanzeige. Gegen den ausdrücklichen Rat des behandelnden Arztes hatte sie das Spital heute Morgen verlassen. Auf eigene Gefahr, wie der Arzt ausdrücklich betonte. Nadines zweiter Anruf hatte Erfolg, Alura war auf direktem Weg in die Nostramo-Zentrale gegangen. Und so sassen sie ihr rund eine halbe Stunde später gegenüber. Alura war noch sehr blass.
    «Wir möchten uns gern mit dir unterhalten. Aber nur, wenn du dazu in der Lage bist.»
    «Es geht schon, Francesco. Ich konnte mich noch nicht einmal bei dir und Frau Kupfer für eure Hilfe bedanken.»
    «Keine Ursache. Wie fühlst du dich?»
    «Physisch bin ich okay. Die kleine Gehirnerschütterung ist nicht weiter tragisch. Aber psychisch geht es mir schlecht. Mein Gott! Jetzt ist auch noch Jason tot. Ich … ich kann bald nicht mehr.»
    Nadine und der Kommissär warteten geduldig, bis Alura fortfuhr.
    «Der Hass … es ist der grosse Hass der Menschen, der mir zu schaffen macht. Wir tun doch niemandem etwas. Ganz im Gegenteil, wir sind eine Gemeinschaft, die

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