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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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mein lieber Amadeo.«
    Der Restaurator betrachtete ihn schweigend.
    Helmbrecht winkte ab. »Jedenfalls ist das Selbstexperiment heute eine weithin akzeptierte wissenschaftliche Versuchsanordnung. Im Grunde hat sie ausschließlich Vorteile: Es gerät kein Dritter in Gefahr, und man kann aus erster Hand berichten, wenn man überlebt.«
    » Wenn man überlebt «, betonte Amadeo.
    »Hab ich doch«, erwiderte der Professor leutselig. »Bisher jedenfalls. Und sehen Sie es mal so: Früher oder später hätte mich die Grippe so oder so erwischt - immun bin ich ja offenbar nicht. Und was hätte es dann noch für einen Nutzen gehabt? Na, sehen Sie?«
    »Und welchen Nutzen hat es jetzt ?«, fragte der Restaurator. »Nicht nur, dass Sie selbst sich angesteckt haben! Ist Ihnen klar, was in der Stadt los ist? Seit gestern zerbreche ich mir den Kopf, warum es gerade Weimar so heftig erwischt hat. Ihretwegen! Einzig und allein Ihretwegen! Sie waren einer der ersten Fälle, sagt Möbius, aber das stimmt nicht.
Sie waren der allererste Fall überhaupt in Deutschland ! Absichtlich und vorsätzlich!«
    »Nun hören Sie aber mal auf!« Kopfschüttelnd griff Helmbrecht nach den vergilbten Goethe-Blättern. »Dann wären diese Leute eben ein paar Tage später krank geworden. Geholfen hätte ihnen das so wenig wie mir. Hätte ich mich aber nicht infiziert, hätten wir keinen Beweis, dass diese Seuche - die Babylonische Seuche - wirklich existiert. Einsteins Manuskript wäre weiter in meinem Nachtschränkchen verstaubt, anstatt sich zu Ihnen auf den Weg nach Rom zu machen, damit Sie in aller Ruhe die Lösung rausknobeln. Bei allem Neid, mein lieber Amadeo: ein Riesenkompliment zu Ihrem Arbeitstempo.«
    »In aller Ruhe?«
    Rebeccas Tempo konnte sich ebenfalls sehen lassen. Schon wieder balancierte sie mit zwei Tassen dampfendem Kaffee in den Raum, für sich selbst wiederum ein Glas Tee, aus dem diesmal das Fähnchen eines Teebeutels hing.
    »Andere Sorte?«, fragte Amadeo verwundert.
    »Kamillentee«, sagte sie, während sie dem Professor seinen Nachschub reichte. »Mir ist etwas flau. Vielleicht das Schmerzmittel.«
    Vielleicht, dachte Amadeo. Er versuchte sie nicht allzu offensichtlich anzustarren. Rebecca sah blass aus, schon den ganzen Abend. Andererseits hatte sie vor ein paar Tagen eine Kugel ins Bein gekommen - ein normaler Mensch hätte sich anschließend eine Woche lang ins Bett gelegt. Mindestens.
    Doch das war nur die eine Möglichkeit. Die Alternative war weit beunruhigender.
    Sie funkelte ihn an. »Ich bin in Ordnung!«, sagte sie überdeutlich. » Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid. - Zufrieden? Alles funktioniert.«

    »Das Gestammel geht erst nach ein paar Tagen los, falls es die Grippe ist«, warf Helmbrecht ein. »Da müssen Sie noch ein bisschen warten. - Was nun diesen Text hier betrifft …«
    »Moment!« Rebecca sah zwischen Amadeo und dem alten Mann hin und her. »Bevor wir das vergessen«, sagte sie an den Professor gewandt. »Ein Mann um die vierzig, weiße, vielleicht auch blonde Haare bis zum Hals. Er trägt einen Jeansanzug. Haben Sie diesen Mann schon mal gesehen?« Ihre Hand war automatisch zu der Ausbuchtung ihres Blazers gewandert, unter der sich ihre Pistole verbarg - als könnte Amadeos Verfolger aufs Stichwort in den Raum spazieren.
    Ist das unmöglich?, dachte der Restaurator beklommen. Der Mann ist in Deutschland. Ob Dr. Möbius die Außentür hinter sich ins Schloss gezogen hat?
    Helmbrecht kratzte sich hinter dem Ohr. »Am Frauenplan verkauft so einer ziemlich hässliche Aquarelle vom Goethehaus. Meinen Sie den?«
    »Eher nein, denke ich mal«, sagte Rebecca nachdenklich. »Entweder war er nicht hier, oder er arbeitet nicht allein - womit ich beinahe rechne.«
    »Die arbeiten in ganzen Kolonnen«, brummte der Professor. »Und ein Bild ist schlimmer als das andere.«
    Amadeo schüttelte den Kopf, und Helmbrecht lauschte, während er und Rebecca von dem Mann erzählten, der am Vorabend vor der officina gelauert hatte und ein paar Stunden später in derselben Maschine wie Amadeo nach Berlin geflogen war.
    »Nein.« Helmbrecht überlegte einen Augenblick. »An so einen Mann kann ich mich nicht erinnern. Doch was heißt das schon? In diesen Cowboyhosen laufen die jungen Leute heutzutage doch fast alle rum. Denken Sie, die schau ich
mir noch genauer an? Mir reichen schon die in den Vorlesungen.«
    Amadeo tauschte einen Blick mit Rebecca. An dieser Stelle kamen sie nicht weiter. Die

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