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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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immer.«
    Alyssa sah zwischen ihrer Schwester und Amadeo hin und her. Sie dachte nach. Es war dasselbe undurchschaubare Gesicht, das Rebecca machte, wenn sie nachdachte. Und sie zu irgendwas zu drängen hatte vermutlich denselben Sinn, den es gehabt hätte, Rebecca zu etwas zu drängen. Alyssa würde eine Entscheidung treffen, und dann würde sie handeln.
    Bis dahin blieb ihre Pistole auf Amadeo gerichtet.

    »Jean-Lucien Verholen.« Auf dem Schreibtisch hatte Alyssa mehrere Fotos ausgebreitet. »Belgischer Staatsbürger, geboren 1962 in Antwerpen. Als Jugendlicher Mitglied einer rechtsextremen Splittergruppe, dann die übliche Söldnerkarriere: Südostasien, Schwarzafrika, Kosovo, zuletzt im Irak. Aber da war er längst ein gefragter Mann. Er denkt strategischer als andere, geht auf Nummer sicher. Vermutlich ist er deshalb noch am Leben.«
    Auf den meisten Aufnahmen war der Blonde nur von Weitem zu sehen, und beim Rest war das Gesicht so verschwommen, dass sich kaum erkennen ließ, ob ein Mann oder eine Frau abgebildet war - kein Wunder bei der Mähne. Trotzdem, Amadeo hatte keinen Zweifel.
    »Das ist er«, sagte er leise. »Der Blonde vom Flughafen.«
    Alyssa neigte den Kopf. Seine Antwort war nur noch eine Formsache gewesen.
    »Verholen.« Rebecca war für eine oder zwei Minuten in die Werkstatt verschwunden, um nach Fabio zu sehen. Sie musste sich für einen Moment im Türrahmen abstützen, nickte Amadeo kurz zu. Offenbar fehlte dem Jungen nichts Ernsthaftes. »Verholen«, wiederholte sie und schien eher zu sich selbst zu sprechen. »Ich dachte, der hätte sich zurückgezogen.«
    »Das hat er auch«, bestätigte Alyssa, ohne von ihren Fotos aufzublicken. »Oder hatte , besser gesagt. Er ist zu sehr auf Nummer sicher gegangen diesmal, nehmen wir an - die falschen Investitionen, die Wirtschaftskrise …. Wir hatten bereits Hinweise, dass er wieder Aufträge annimmt. Auf eigene Rechnung natürlich.«
    »Wir?« Fragend blickte Amadeo sie an.
    »Stellen Sie sich einfach vor, dass ich dem militärischen Abschirmdienst der Bundesrepublik Deutschland angehöre.« Sie hielt einen Moment lang inne, schien ihre nächsten
Worte sehr genau zu überlegen. »Das trifft es nicht vollständig, aber mehr werdet ihr nicht erfahren.« Es war hauptsächlich Rebecca, die sie dabei im Blick hatte, doch die reagierte mit keiner Regung auf die Eröffnung.
    Amadeo spürte die Spannung zwischen den beiden Frauen. Was genau war zwischen ihnen vorgefallen? Wen hatte Alyssa verraten? Rebecca und ihre Kampfgefährten in Südamerika, ihren väterlichen Freund, der jetzt auf dem Stuhl Petri saß? Der Restaurator schüttelte sich. Darüber sollte er sich im Augenblick wirklich nicht den Kopf zerbrechen.
    Er räusperte sich. »Und weshalb sind Sie … auf mich angesetzt?«, wandte er sich an Alyssa.
    »Können Sie sich das nicht denken?« Mit der bloßen Andeutung eines Nickens wies sie auf die Faksimiles, die sie aus Amadeos Regal geholt hatte, scheinbar nach dem Zufallsprinzip, unsicher, wonach sie überhaupt suchte. Keines dieser Bücher hatte irgendwas mit Einstein oder Goethe zu tun - ausgenommen die Gutenberg-Bibel, in der Amadeo selbst nach dem exakten Wortlaut der Babylon-Erzählung gesucht hatte.
    Exakt diese Seite aber war aufgeschlagen: Es hatte aber alle Welt einerley zungen vnd sprache …
    Amadeo schluckte. »Sie wissen von …« Er brach ab.
    Beinahe mitleidig sah die Frau ihn an. Versonnen strichen ihre Lackhandschuhe eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Wieder eine Bewegung, die an Rebecca erinnerte.
    »Wir wissen vom Babylontext«, bestätigte Alyssa. »Genau wie Verholen - sonst wäre er nicht hier. Selbst wenn wir nicht wissen, für wen er arbeitet und was diese Leute vorhaben: Sie sind offenbar bereit zu töten. Wenn dieses Heilmittel tatsächlich existiert, ist es mehr als ein Heilmittel. Es ist eine Waffe. Wer über die Verteilung des Mittels bestimmen
kann, hat die Welt in der Hand, und die Geheimdienste …«
    »Federalaia Slushba Benopanosti«, murmelte Amadeo.
    Diesmal hob Alyssa beide Augenbrauen. »Wie kommen Sie jetzt darauf? Für wen auch immer Verholen arbeitet, für die Russen mit Sicherheit nicht.«
    »Nur etwas …« Amadeo schüttelte den Kopf. »Etwas, das mir ein alter Mann erzählt hat, der jetzt tot ist.«
    Er war ein solcher Esel! Er hätte sich in den Hintern treten können, musste aber befürchten, dass ihn das im Moment aus dem Gleichgewicht bringen würde. Hatte ihm der alte Fernwaldt nicht einen

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