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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Tisch, nachdem auf dem Bürostuhl jetzt Rebecca saß, im schwarzen Slip, die Wunde mit Jod eingepinselt.
    »Dann gib mir schon deine Spritze«, murmelte sie und krempelte den Ärmel hoch.
    »Warum wird nicht mehr davon hergestellt?«, fragte Amadeo, während Alyssa seiner Partnerin die Injektion setzte.
    »Sie arbeiten schon mit Hochdruck in den Labors«, brummte Alyssa. »Vor zwei Tagen ist das Präparat in Serie gegangen. Aber sie werden nicht schnell genug sein, und wie gesagt …« Für zwei Sekunden presste sie einen Tupfer auf die Einstichstelle. »Das hier ist kein Heilmittel, und länger als ein paar Wochen machen die Nieren das nicht mit. Das Heilmittel wollen Sie doch finden.«
    Aufmerksam sah sie ihn an. Das war das Stichwort.
    Amadeo zögerte einen Moment. Alyssa hatte sie ins Vertrauen gezogen. Was blieb ihm jetzt übrig? Sie arbeiteten
gegen die Zeit - und gegen den Blonden, der nun einen Namen bekommen hatte: Jean-Lucien Verholen, Söldner, Agent, Terrorist. Und gegen die unbekannte Macht, die hinter Verholen stand. Ohne Alyssa waren ihre Chancen schon bescheiden genug, gegen Alyssa - und die Geheimdienste der westlichen Welt - war ihr Unternehmen aussichtslos.
    Sie mussten Rebeccas Schwester ins Vertrauen ziehen. Wenn sie eine Chance hatten, dann gemeinsam. Fast unmerklich nickte Rebecca ihm zu. Amadeo holte Luft und begann zu erzählen, angefangen mit dem Morgen hier in seinem Büro, als der Duft nach Old Spice ihm in die Nase gestiegen war. Einzig seine Träume ließ er aus. Alyssa lauschte aufmerksam.
    Amadeos Kehle war rau, als er ans Ende seiner Erzählung kam, zu den Geschehnissen auf dem cimitero acattolico, zum Brevier aus Goethes Sohnes Grab . Alyssa war ans Fenster getreten und blickte auf das nächtliche Rom. Die beiden anderen Texte - Goethes eigenen und den Einsteins - hatte Amadeo an den entsprechenden Stellen wie Beweisstücke auf den Tisch gelegt. Rebeccas Schwester hatte sich jeweils nur ganz kurz über die Schulter umgesehen. Dieser Teil des Weges lag bereits hinter ihnen.
    Jetzt aber, als Amadeo auf das Büchlein vom protestantischen Friedhof zu sprechen kam, drehte sie sich langsam zu ihm um. »Sie haben das Buch dabei?«
    Amadeo nickte. Er hatte seine Jacke zwar geöffnet, aber nicht ausgezogen, trotz der einundzwanzig Komma sieben Grad in der officina . Suchend griff er in die Innentasche und brachte das zerfledderte Brevier zum Vorschein.
    Erst jetzt, im Licht der Schreibtischlampe, konnte er es wirklich in Augenschein nehmen. Ganz hinten ragten ein paar Seiten aus dem Einband, aber davon abgesehen war die Bindung noch vollständig in Ordnung. »Ein Wunder,
dass es noch in einem solchen Zustand ist«, murmelte er andächtig. »Aber auch der Sarg war ja überraschend gut erhalten nach zweihundert Jahren in der Erde.«
    »Offenbar war Einstein vorsichtiger als Sie mit Ihrem Brecheisen.«
    »Kein Brecheisen«, stellte Amadeo automatisch richtig. »Eine Spitzhacke.« Überrascht hielt er inne. »Einstein«, sagte er leise. Natürlich. Einstein hatte Goethes Code entschlüsselt, also musste auch ihn die Spur auf den cimitero acattolico geführt haben - und er musste dort bedeutend vorsichtiger vorgegangen sein als Amadeo. Jedenfalls hatte August von Goethes Sarg einen vollkommen intakten Eindruck gemacht, bis der Restaurator ihm mit der Hacke zu Leibe gerückt war. Wie hatte Einstein das angestellt? Ein Hüne von Gestalt war er nicht gewesen, wohl aber ein Meister der Mechanik als Physiker. - Doch ohne Kran und Flaschenzug?
    »Er muss mehr Zeit gehabt haben als wir«, sagte Amadeo nachdenklich. »Ob er tagsüber da war, ganz offiziell? Schließlich war er … nun, er war eben Einstein.«
    »Wenn der beim Friedhofskomitee geklopft hat, haben sie vielleicht ein Auge zugedrückt.« Rebecca war kaum zu verstehen, und ihre eigenen Augen waren halb geschlossen, alle beide. Noch war nichts davon zu spüren, dass Alyssas Mittel anschlug. Amadeo veränderte den Winkel der Schreibtischlampe, sodass der Bürostuhl nun stärker im Schatten lag.
    »Sie müssen es sogar zweimal zugedrückt haben«, bemerkte Alyssa. Ihr Blick lag auf ihrer Schwester. »Schließlich hat er das Buch wieder zurückgebracht.«
    Amadeo legte die Stirn in Falten. »Genau dasselbe hat er auch von mir verlangt«, sagte er leise. »Als es um sein eigenes Depot ging. Zurück in den Petzinsee. Das stand in der
Anweisung, die bei Goethes Gedicht lag. Und nur deshalb funktioniert es überhaupt! Nur deshalb können wir in der

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