Das Band der Magie
höchst unziemliche Art und Weise.
Mein Herz raste ständig, wenn er mich ansah.
Ich wurde häufiger peinlich rot als sonst.
Ich bekam das Flattern im Magen, wenn ich ihn kraulte.
Ich starrte stundenlang in seine Augen und verlor mich ganz darin.
Ich war besessen, von Keelin, dem Mensch. Noch viel mehr als in der Zeit, nachdem er sich das erste Mal verwandelt hatte.
Aber auch er schien besessen zu sein, denn er verhielt sich so merkwürdig.
Und dann, eines Morgens, erkannte ich, was los war. Er kämpfte mit sich selbst! Ich sah es an der Art, wie er aufstand, wie er sich bewegte, was er eben nicht tat, obwohl er es als Wolf immer getan hatte: Er markierte keine Bäume mehr, stattdessen ging er schamhaft in die Büsche. Er hielt sich die Pfote vor die Schnauze, wenn er gähnte. Er heulte nicht mehr den Mond an. Er ging baden, einmal die Woche. Er räumte in meiner Hütte auf, trug benutzte Teller zum Teich und wusch sie unbeholfen mit der Schnauze aus. Das Ergebnis ließ zu wünschen übrig, aber ich erkannte den Hintergedanken.
Er versuchte verzweifelt, wieder menschlich zu werden.
In Gedanken klatschte ich mir selbst gegen die Stirn.
Keelin war natürlich klar, dass ich jetzt wusste, was er in Wirklichkeit war: dass er eben kein normaler Wolf, sondern ein Shadun war.
Und er ahnte, dass ich mich nach seiner menschlichen Seite sehnte.
Irgendwann stoppte ich sein Tun, weil mir seine Verzweiflung das Herz zerriss. „Komm mal her, Keelin!“, rief ich ihm zu, auf meinem Bett sitzend. Es war Nacht, Zeit zum Schlafen. Keelin lag im anderen Raum vor dem Kamin. Noch so ein Punkt: Er kuschelte nicht mehr mit mir, als habe er für sich entschieden, dass das nicht sittsam war.
Ich musste ihn noch drei Mal rufen, bis er endlich kam, und sah seinen Schatten dann nur als noch schwärzeren Fleck in der Dunkelheit, drei Meter von mir entfernt im anderen Raum.
„Komm!“ Ich klopfte auffordernd auf den freien Platz neben mir. Er zögerte. „Mir ist kalt – und jetzt komm endlich!“
Da sprang er neben mich, das Bett ächzte und knarzte, aber es hielt. Meeha beschwerte sich mit einem Grunzen. Sie hatte es sich am anderen Ende gemütlich gemacht, eine kleine, gelb schimmernde Kugel aus Fell.
Ich zog Keelin an mich, so dass er gar keine Chance hatte. Er hätte sich schon mit Gewalt lösen müssen. „Hör zu, mein Wolf! Ich verstehe, dass du durcheinander bist. Der Winter war hart und der Frühling noch heftiger. Aber jetzt ist alles wieder in Ordnung, okay? Wir zwei sind zusammen…“ Meeha schnaufte empört. „Wir drei sind zusammen“, verbesserte ich mich. „Und es gibt keinen Grund, irgendetwas zu überstürzen. Ich weiß jetzt, dass du theoretisch Menschengestalt annehmen kannst. Und weißt du was? Das hast du in den letzten drei Jahren bereits immer mal wieder getan.“
Jetzt hatte ich seine volle Aufmerksamkeit. Er starrte mich an, als sei ich ein Weltwunder.
„Aber du hast dich nur verwandelt, wenn du entspannt warst, zufrieden. Erinnerst du dich an den Tag auf der Lichtung? Mit den vielen Schmetterlingen? In dieser Nacht hast du dich das erste Mal verwandelt. Du hattest uralte Klamotten an und einen schrecklich ungepflegten Bart, glaub ich zumindest. Und du hast zufrieden ausgesehen. Verstehst du? Du verwandelst dich nur, wenn du zur Ruhe kommst. Also komm wieder runter, Keelin! Es mit Gewalt zu wollen, bringt rein gar nichts.“
Ich strich ihm übers Fell, um meine Worte zu untermalen. „Wir haben Zeit“, präzisierte ich sanft. „Und wir gehen erst, wenn du so weit bist.“
Er gab einen leisen Jammerlaut von sich, dann steckte er endlich wieder seine Schnauze unter meine Achseln und streckte sich lang aus, soweit es das Bett erlaubte. Offenbar hatte er verstanden, was ich meinte.
Ab da hatte sich Keelin tatsächlich wieder ein bisschen eingekriegt. Er war nicht mehr so verkrampft und wirkte weniger verzweifelt. Ab und zu erlaubte er sich sogar, sich wie ein richtiger Wolf zu benehmen: herumzutollen, zu hüpfen, zu springen, nach Samen in der Luft zu schnappen und sich nach Herzenslust im Schlamm zu wälzen.
Der Frühling ging und der Sommer kam. Ich hatte wieder etwas Fleisch auf den Rippen und deutlich mehr Ausdauer. Mein Körper fühlte sich fit an, keine Schmerzen, keine Probleme. Ich war zufrieden, wenn auch ein bisschen sehnsuchtsvoll. Aber das erwähnte ich Keelin gegenüber natürlich nicht. Es hätte ihn nur wieder unglücklich gemacht.
Es war schön gewesen, mit jemandem zu
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