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Das Banner des Roten Adlers

Das Banner des Roten Adlers

Titel: Das Banner des Roten Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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sogar Kanonen dabei. Ich bin so rasch wie
möglich hierher gerannt, aber Majestät - was ist geschehen?«
    »Danke,
Andreas«, sagte Karl.
»Gut
gemacht.«
Doch
er machte ein
besorgtes
Gesicht, als ob es zu viel der schlechten Nachrichten wäre. Zu Jim gewandt, fragte
er: »Was machen wir jetzt?«
»Folgendes«, schaltete sich Adelaide ein. »Wie viele Ihrer Freunde vom Richterbund
sind hier im Kaffeehaus?«
     
»Rund ein Dutzend.«
     
»Sind sie bewaffnet?«
     
»Die meisten ja. Ob bewaffnet oder nicht, sie kämpfen auf jeden Fall.«
    »Davon bin ich überzeugt, Herr von Gaisberg«, sagte sie. »Ich brauche Ihre Hilfe für
meinen Plan. Ich habe ihn mir in der Burg ausgedacht, um Baron Gödels Intrigen ein
Ende zu setzen, aber nun ist es sogar noch wichtiger. Ich rede von der Fahne.«
    Jim sah sie an und begriff sofort. Sie bemerkte sein Grinsen und fuhr fort: »Solange
sich die Adlerfahne in meiner Hand befindet, ist Raskawien frei. Ich möchte dem
Beispiel von Walter von Eschten folgen. Wir können nicht wie im Jahr 1253 den
Felsen verteidigen, nicht gegen Haubitzen und Maschinengewehre. Aber wir können
die Fahne nach Burg Wendelstein bringen und das Volk dort für unsere Sache
gewinnen. So sieht mein Plan aus. Werden Sie und Ihre Freunde mir helfen?«
Karl, ganz Feuer und Flamme, straffte sich und nickte energisch. »Ich trommle die
anderen zusammen!«, sagte er und ging.
    Jim betrachtete Adelaide mit echter Bewunderung. So schmutzig und unordentlich
sie jetzt auch war, sah sie schöner aus als jedes andere Mädchen, das er je gekannt
hatte, und doch war sie immer noch dieselbe, die vor vielen Jahren ins Büro seines
damaligen Arbeitgebers gehuscht war, um nach Sally zu fragen. Die Entschlossenheit, die sie damals angetrieben hatte, obgleich sie vor Nervosität nur mit
Flüsterstimme sprechen konnte, trug sie auch jetzt wieder. Aber jetzt verkörperte
sie ein ganzes Volk. Sie war stolz, zornig und schön. Sie lächelte ihm zu, und er
verstand, mit diesem Lächeln wollte sie ihm sagen: Ich vertraue dir Jim, wir schaffen
es. Und er erwiderte ihr Lächeln.
    Dann traten die Studenten des Richterbundes einer nach dem anderen in das
Hinterzimmer des Café Flo-restan, knieten vor ihrer Königin Adelaide und küssten ihr
die Hand zum Zeichen der Ergebenheit. Sie standen um den Tisch herum und hörten
ihr
gebannt
zu,
bemühten
sich,
umzustoßen.
die Hinteren
schauten
den
Vorderen
über die Schulter und
mit
den
Ellbogen
nicht
die
Nippfiguren
auf
der
Anrichte
    Sie berichtete, von Becky gedolmetscht, rasch und energisch von ihrem Plan, die
Fahne, das Heiligste der ras-kawischen Nation, vor dem Zugriff des Feindes zu retten. Jeder, der an diesem Unternehmen nicht teilnehmen wolle, könne jetzt noch
ohne
einen
Ehrenmakel
gehen.
Diejenigen,
die blieben,
würden
vielleicht
den
nächsten Morgen nicht erleben. Keiner der Anwesenden rührte sich, und als sie das
sah, musste sie kurz wegschauen. Dann sprach sie in Deutsch zu ihnen: »Meine
Herren, ich danke Ihnen. Ich habe Mut erwartet, aber Sie geben mir auch Grund zur
Hoffnung.
Bitte setzen
Sie sich,
wenn
wir
nun
die
Durchführung
des
Plans
besprechen.«
Sie selbst nahm Platz, während die anderen teils auf Stuhllehnen hockten, teils im
Schneidersitz auf dem Boden saßen.
    »Wir müssen alles bis ins Einzelne planen«, fuhr sie fort. »Wenn also jemand
Genaueres über den Felsen oder die Seilbahn oder sonst etwas in diesem Zusammenhang weiß, dann soll er es jetzt sagen. Ach ja, falls mir etwas zustoßen sollte ...
geht die Fahne in Herrn von Gaisbergs Hände über. Er ist der nächste Adlerträger.«
Durch die Versammlung ging eine Welle der Zustimmung. Karl schien etwas sagen zu
wollen, hielt aber an sich. Seine Wangen glühten.
     
Jim ermunterte die anderen. »Nur zu, macht den Schnabel auf. Je mehr wir jetzt
klären können, desto weniger kann nachher schief gehen. Wer fängt an?«
Siebzehn Die Standseilbahn
    Durch die ganze Stadt liefen Gerüchte wie die Flammen von tausend Zündschnüren.
In
den
Kaffeehäusern,
Bierkellern
und
Weinlokalen,
in
den
Küchen
und
Wohnstuben, in den Foyers der Hotels und in der Oper, an Straßenecken und auf
Plätzen, überall erhoben sich Stimmen und lauschten Ohren:
»Die Deutschen sind mit zehntausend Mann gekommen -«
     
»Kanonen auf Eisenbahnlafetten!«
     
»Die Königin ist mit einem neuen Liebhaber durchgebrannt -«
    »Graf Thalgau ist tot. Er hat sich die Kugel gegeben!« »Nein, stimmt nicht - er steht
unter Hausarrest!« »Habt

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