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Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Titel: Das Begräbnis des Monsieur Bouvet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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war und er Angst hatte, man könne seinen Toten »strapazieren«. Seit dem Vormittag war dieser von allen Seiten und in allen nur möglichen Posen fotografiert worden, nackt und in seinen diversen Anzügen, sitzend und liegend.
    Die künstlerisch anspruchsvollste Arbeit war es, ihn so herzurichten, wie er wohl vor zwanzig Jahren ausgesehen haben mochte. Dazu hatte man ihn geschminkt und frisiert wie einen alten Schauspieler im Theater.
    All das strapazierte den Toten wirklich. Als Monsieur Beaupère die Place des Vosges verließ, bekam der Kerl vom Gerichtsmedizinischen Institut ihn gerade wieder zurück, und es wurde auch höchste Zeit.
    Der Kiefer war wieder heruntergeklappt, und sie machten sich nicht mehr die Mühe, ihn hochzubinden, da sie jetzt keine Fotos mehr zu machen brauchten. Der Körper sah welk aus.
    Sie legten ihn auf seine Bahre und trugen ihn fort. Dabei bemerkte jemand – ohne Bosheit übrigens:
    »Der stinkt aber!«
    Die Oberlichter standen auf. Die meisten Männer hatten während der Arbeit gefrühstückt. In den Zeitungen erschienen die ersten Fotos, aber es wurden hier noch andere entwickelt, deutlichere, eine Art Rekonstruktion von Monsieur Bouvet in den verschiedenen Stadien seines Lebens.
    Madame Lair und ihr Anwalt hatten Monsieur Beaupère nicht aufgefordert, sie zur Kriminalpolizei zu begleiten. Da sie vom Direktor der Kriminalpolizei empfangen werden sollten, hielten sie es wahrscheinlich für unpassend, einen einfachen Inspektor mitzubringen. Vom Tabakladen an der Ecke der Rue des Francs-Bourgeois aus hatte Monsieur Beaupère seinen Chef angerufen. Er konnte ihm nichts anderes mitteilen, als was dieser schon wußte, aber er legte Wert auf die Feststellung, daß er, durch welche Methoden auch immer, die Wahrheit ganz allein herausgefunden hatte.
    »Seine Schwester und der Anwalt sind gerade weggefahren.«
    »Haben Sie mit ihr gesprochen? Wie ist sie?«
    »Eine vornehme alte Dame.«
    »Haben Sie nichts mehr zu tun?«
    »Ich muß noch eine alte Frau in diesem Viertel ausfindig machen. Wenn sich jetzt nicht jemand anders um diesen Fall kümmern soll.«
    »Sie können ruhig weitermachen, Monsieur Beaupère.«
    Man wollte ihm nicht weh tun. Der Fall hatte Proportionen angenommen, die weitergehende Maßnahmen erforderlich machten, und obwohl sie den alten Inspektor mit dem traurigen Gesicht seine Ermittlungen weiterführen ließen, glaubte doch niemand so recht, daß er Erfolg haben würde.
    Er war es zufrieden. Er konnte wieder loslaufen. Er konnte wieder in die kleinen Läden und die Conciergelogen gehen und hartnäckig die ewig gleiche Frage stellen. Die faulen Witze würde er wie ein Staubsaugervertreter überhören.
    »Kennen Sie eine alte, sehr dicke Frau mit einem Mondgesicht? Sie ist schwarz angezogen und sieht ziemlich ärmlich aus. Außerdem ist sie schlecht zu Fuß und trägt Filzpantoffeln.«
    Sie zuckten mit den Schultern oder betrachteten neugierig sein eigenes Gesicht, oder aber sie schickten ihn in den sechsten oder siebten Stock zu irgendeiner alten Jungfer.
    Manchmal hatte er Ermittlungen dieser Art wochenlang unverdrossen fortgeführt, doch plötzlich fiel ihm ein, daß er ja auch die Blumenfrauen befragen konnte, die mit ihren Karren von Straße zu Straße zogen, vor allem jene, die Veilchen verkauften.
    Alle Menschen hatten Durst, nur er nicht. Die Leute wischten sich den Schweiß von der Stirn und rannten in die Bars. Sie tranken Weißwein oder Bier und sahen dann ungemein erleichtert aus. Auf den Terrassen der Cafés war nicht ein einziger Platz mehr frei, und die Kinder hielten sich an ihren Müttern fest und lutschten Eis.
    Was ihm half, was ihm sein Leben lang geholfen hatte, war, daß er nie das Gefühl hatte, etwas Unnützes zu tun. Wenn er auch nur ein unbedeutendes kleines Rädchen im großen Räderwerk der Polizei war, so hatte er vor ihr doch einen solchen Respekt, daß dieser auch auf ihn selbst und sein eigenes Verhalten abfärbte. Seine Frau bestärkte ihn darin, wenn sie zu den Leuten sagte: »Mein Mann, der Inspektor.«
    Anwalt Guichard war ein Mann in vorgerücktem Alter mit einem würdigen, kalten Gesicht, und als er eintrat, küßte er Madame Lair die Hand. Er war sicherlich älter als fünfundsechzig, und Monsieur Beaupère, der erst zweiundfünfzig war, mußte daran denken, daß all diese Menschen schon auf der Welt gewesen waren, als er noch gar nicht geboren war.
    Monsieur Bouvet war schon ein gestandener Mann gewesen, als der Inspektor noch in den

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