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Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Titel: Das Begräbnis des Monsieur Bouvet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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auf.«
    Die Concierge steckte Ferdinand wieder ins Bett, dann zog sie den Vorhang vor den Alkoven, band sich eine saubere Schürze um, schloß die Tür ihrer Loge ab und nahm den Schlüssel mit.
    Sie war immer noch ein wenig mißtrauisch, aber diese Dame war ganz anders als die herrschsüchtige Amerikanerin, und, wie Madame Jeanne es ausdrückte, ›sie sprach mit einem wie mit einem Menschen‹.
    »Soll ich Ihnen den Weg zeigen?«
    Sie hatte gar nichts dagegen, daß Monsieur Bouvet eine Schwester wie Madame Lair hatte. Sie fühlte sich sogar etwas geschmeichelt.
    »Sie werden sehen, oben ist leider alles in Unordnung, denn diese Herren haben mir ja nicht erlaubt aufzuräumen. Wenn Sie wüßten, wie sehr es mir ans Herz gegangen ist, als ich ihn wegfahren sah! Aber jetzt wissen sie ja, wer er ist, und da geben sie ihn uns vielleicht zurück. Könnten Sie denn da nicht etwas unternehmen?«
    Der Inspektor folgte ihnen, ohne ein Wort zu sagen. Die Frauen wollten unter sich sein, und er wußte, er hielt sich da am besten heraus. Er nahm vorsichtig die Siegel von der Tür und blieb dann stehen, ohne weiter in die Wohnung vorzudringen, in die die Sonne hereinschien.
    »Vorige Woche war das hier noch so gemütlich! Aber sagen Sie, haben Sie ihn auch ganz bestimmt wiedererkannt?«
    »Ja, ganz sicher. Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen, aber ein Gesicht verändert sich doch nicht so, wie man immer glaubt, und an die Narbe erinnere ich mich ganz deutlich.«
    »Ich habe sie auch gesehen, denn als er letztes Jahr krank war, habe ich ihn gepflegt und jeden Morgen gewaschen.«
    »Er muß Sie sehr gemocht haben.«
     
    Lucas hatte sich im Taxi in die Redaktion einer großen Zeitung am Boulevard Poissonnière fahren lassen. Als er darum bat, die alten Jahrgänge einsehen zu dürfen, führte man ihn in einen Raum, dessen Wände mit schwarzen Einbänden bedeckt waren. Diese enthielten jedoch nur Zeitungen ab 1900, wie Lucas schnell feststellte.
    Man mußte einen Büroangestellten herbeibemühen, und das dauerte seine Zeit. Dann fand man den richtigen Schlüssel nicht. Endlich führte man ihn über eine Wendeltreppe, auf der er das Gefühl hatte, er befinde sich in einer Theaterkulisse, in einen grauen und kalten Teil des Gebäudekomplexes.
    »Hier muß es sein. Passen Sie auf, es ist staubig hier.«
    Es roch gut nach altem Papier und Schimmel. Die Zeitungen, an deren Format man nicht mehr gewöhnt war, enthielten viele Anzeigen von Produkten, die es längst nicht mehr gab; von einigen hatte Lucas in seiner Jugend jedoch noch gehört.
    »Der Verwalter bittet Sie, sehr vorsichtig zu sein, denn das Papier ist nach all den Jahren brüchig geworden. Ich soll Ihnen übrigens helfen. Welches Datum meinten Sie?«
    »Den 28. Februar 1897.«
    An diesem Tag hatte es nur eine Anfrage im Abgeordnetenhaus gegeben. Von einem gewissen Briand und den Kongregationen war die Rede. Die lokalen Meldungen waren sehr klein gedruckt, ohne fette Lettern und immer hintereinander weg. Sie standen auf derselben Seite wie der Fortsetzungsroman von Pierre Decourcelle.
    »Sehen Sie in der Zeitung vom Vortag nach.«
    Sie fanden es. Schon allein die Überschrift war aus einer anderen Epoche, beschwor ein Paris herauf, das Lucas nicht gekannt hatte, von dem er nur durch seinen Vater und die älteren Kollegen von der Kriminalpolizei gehört hatte.
    »Streit unter Messerhelden. – Ein gewisser Pierre Mancelli, ohne Beruf, wiederholt wegen Landstreicherei verurteilt, erhielt gestern gegen Mitternacht nahe der Moulin-de-la-Galette einen Messerstich mitten in die Brust. Der kurze Zwischenfall spielte sich in völliger Dunkelheit ab. Soweit sich durch die wenigen Zeugenaussagen feststellen läßt, lauerte Mancelli einem Paar auf und näherte sich ihm, als dieses gerade das bewußte Lokal verließ. Es gab einen kurzen Wortwechsel, gefolgt von einem Handgemenge, und als die Passanten näher kommen konnten, fanden sie Mancelli mit einem Messer in der Brust in seinem Blute liegen. Er starb eine halbe Stunde später im Krankenhaus, ohne eine Aussage gemacht zu haben.
    Das Paar flüchtete schnell durch die engen Gassen des Montmartre und konnte noch nicht gefaßt werden. Der Polizei ist über seine Identität noch nichts bekannt.
    Die Polizei glaubt, daß es sich um eine alte Abrechnung handelt. Die Ermittlungen werden fortgeführt.«
    An den darauffolgenden Tagen war nichts. Der Fall war nicht außergewöhnlich und hatte kein Aufsehen erregt.
    Lucas verließ die Zeitung, und

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