Das Begräbnis des Monsieur Bouvet
Angehörigen hat?«
»Soviel ich weiß, hatte er nie Besuch.«
»Das einfachste wäre zweifellos, wir brächten ihn ins Leichenschauhaus.«
»Ins Leichenschauhaus?«
Sie wurde ärgerlich.
»Würden Sie es schön finden, im Leichenschauhaus deponiert zu werden? Ich habe mich um ihn gekümmert, solange er am Leben war. Ich habe ihm den Haushalt geführt. Ich kann mich ganz gut noch ein paar Tage länger um ihn kümmern.«
Ihr Mann erschien im Türrahmen. Er hatte sich eine Hose über das Nachthemd gezogen und blickte aus geröteten Augen verständnislos um sich.
»Was ist denn los?«
»Monsieur Bouvet ist gestorben.«
Im Treppenhaus hörte man eine Stimme:
»Komm wieder rein, Vincent. Und mach gefälligst die Tür zu!«
»Kommen Sie doch einen Moment herunter, Madame Sardot. Monsieur Bouvet ist gestorben, und sie wollen ihn ins Leichenschauhaus bringen.«
»Das habe ich nicht gesagt. Das war nur ein Vorschlag.«
»Bringen Sie ihn hinauf in sein Zimmer.«
Bei jeder Biegung der Treppe mußte man die Bahre schräg halten, und jedesmal hatte die Concierge Angst, der Leichnam könnte herunterfallen. Im dritten Stock schlängelte sie sich vorbei und öffnete eine Tür, durch die Sonnenschein ins Treppenhaus fiel.
»Legen Sie ihn auf sein Bett. Warten Sie, ich will es lieber frisch beziehen.«
»Ich glaube, es wäre sinnvoller, damit zu warten, bis der Arzt dagewesen ist.«
Und jemand sagte:
»Der wird sicher noch Dreck machen.«
Die Männer von der Ambulanz gingen. Der Polizist blieb im Zimmer, ohne recht zu wissen, was er tun sollte.
»Worauf warten Sie denn noch?«
»Es kommt noch jemand vom Kommissariat.«
»Der Kommissar?«
»Vielleicht.«
Die Wohnung der Familie Sardot lag auf derselben Etage, gegenüber der Wohnung von Monsieur Bouvet, und Madame Sardot lief von einer Tür zur anderen, weil sie auf ihren kleinen Sohn und das Baby aufpassen mußte.
Sollte man das Fenster, durch das das Pariser Leben lärmend hereindrang, offenstehen lassen? Gegenüber sah man die Ile Saint-Louis und einen Schlepper, der hin und her manövrierte, um einen Lastkahn zu vertäuen und ihn nach Charenton zu bringen.
Der Polizist traute sich nicht, sich eine Zigarette anzuzünden, und der Mann der Concierge stand auf dem Treppenabsatz, schlaff und unsicher.
Er war Nachtwächter in einer Garage in der Rue Saint-Antoine, und von Zeit zu Zeit bekam er epileptische Anfälle.
»Du legst dich am besten wieder hin. Ich weiß gar nicht, warum ich dich eigentlich geweckt habe.«
Dann, als er gehorsam die Treppe hinunterging, sagte sie:
»Geh aber ja nicht nebenan ins Bistro, hörst du?«
Denn er würde die Gelegenheit bestimmt ausnutzen. Wenn er nicht schlief, mußte sie auf ihn aufpassen wie auf ein Kind, und das war gar nicht so einfach, wo sie doch jeden Tag bis hinauf zum fünften Stock die Treppe putzen mußte.
»Es ist der Kommissar persönlich«, verkündete der Polizist, der aus dem Fenster sah.
Er hatte selten eine so ruhige und aufgeräumte Wohnung gesehen wie diese. Sie erinnerte ihn an eine Mönchszelle oder eher noch an ein altes Gemälde. Die Wände, an denen lediglich ein paar alte Stiche hingen, waren von sehr sanftem, milchigem Weiß. Im Schlafzimmer standen nur das lackierte Eichenbett und ein riesiger Louis-XVI-Schrank. Eine kleine Kammer zur Hofseite hin diente als Waschraum.
Das Wohnzimmer endlich war mit dunkelroten Fliesen ausgelegt. Es war lang und schmal und erhielt Licht durch drei Fenster, die auf die Seine hinausgingen. Früher waren dies zwei Zimmer gewesen, und wegen der unterschiedlichen Höhe des Fußbodens hatte man die beiden Hälften des Salons durch eine Stufe verbinden müssen.
Ein Sessel war mit gelbem Samt bezogen, ein anderer mit Gobelinstoff. Auf zwei langen Tischen stapelten sich Mappen, die vollgestopft waren mit alten Stichen. Ein Beistelltischchen hatte sicherlich als Eßtisch gedient, wenn Monsieur Bouvet zu Hause gegessen hatte.
»Ich wette, mein Mann erzählt dem Kommissar seine eigene Version der Geschichte«, sagte die Concierge ungeduldig, als man niemanden die Treppe heraufkommen sah.
»Vielleicht befragt ihn der Kommissar.«
Endlich kam der Kommissar die Treppe herauf. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, denn es begann heiß zu werden.
»Wenn ich recht verstanden habe, geht es hier um einen plötzlichen Todesfall, der sich mitten auf der Straße ereignet hat?«
»Jawohl, Herr Kommissar.«
»Keine Angehörigen?«
»Keine, soviel ich weiß«, antwortete
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