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Das Begraebnis des Paten

Das Begraebnis des Paten

Titel: Das Begraebnis des Paten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tapani Bagge
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paar Angestellte übrig blieben.
    Aber Hölttä würde etwas werden. Ein bedeutender Mann, reich und erfolgreich. Er würde den Vorfahren, die im Krieg zu Helden geworden waren, noch Ehre machen. Das mit dem Club war ja auch eine Art Krieg. Hurme hielt zwar Vorträge über Geschäftsführungsstrategien, aber damit kam man nicht weit, wenn sich einem ein Mann mit Wumme und Panzerfaust in den Weg stellte. Dann musste man Sunzis Kunst des Krieges beherrschen. Da hatte Ozzy recht gehabt, auch wenn er sonst der reinste Irre gewesen war.
    Hölttä hatte bereits große Pläne für die Zeit, in der er die Schwarzen Engel anführen würde. Den Handel mit Stoff könnte man zum Beispiel beleben und vielfältiger gestalten, indem man Drogeninfobusse einsetzte. Die würden aussehen wie die staatlichen Originale, aber es gäbe darin echte Informationen über den Stoff. Jedem würde die passende Sorte empfohlen, Leuten mit Spritzenphobie zum Beispiel rauchbares H und so weiter, und Erstkonsumenten bekämen eine kleine Probetüte mit Gebrauchsanweisung. Das nächste Mal wäre dann aber schon zahlungspflichtig. Mit einer Telefonaktion könnte man Geld für die Busse sammeln, weil es ja was kostete, sie instand zu halten. Falls Kohle übrig bliebe, könnte man damit weiteren Stoff kaufen.
    Endlich war die Treppe zu Ende. Der Nordwind schlug Hölttä ins Gesicht und löste Zahnweh aus. Die schwere Tür war abgeschlossen, an der Scheibe hing ein Zettel, auf dem die Besucher ab dem 1. Mai willkommen geheißen wurden. Die Plattform war überdacht. Eine Bank lief an der Mauer entlang, Hölttä setzte sich, um durchzuschnaufen. Die russischen Kinder rannten auf der überdachten Plattform um den Turm herum, ihre Eltern betrachteten die Landschaft, Arm in Arm wie ein junges Pärchen, obwohl sie schon an die vierzig waren, zumindest der Kerl. Russische Weiber schminkten sich so massiv, dass man nie wusste, wie alt sie waren.
    Nachdem er eine Zeitlang verschnauft hatte, stand Hölttä auf und ging auf die andere Seite. Von dort sah man weit in die Ferne. Es schien, als bestünde die gesamte Provinz Häme aus Nadelwald, der nur hier und da von kleinen Felderflicken und Seeflächen durchsetzt war. Von dem verfluchten Suhonen, oder wie der Erpresser wirklich hieß, war weit und breit nichts zu sehen.
    Auch dieser Höhenzug war einst Bestandteil einer ganzen Kette von Festungen gewesen. Hier hatte eine Schanzanlage aus Holzbalken gestanden, in die sich die Leute zurückzogen, wenn Gefahr durch einen Feind drohte. Mit Signalfeuern hatte man den Kontakt zu den anderen Befestigungen aufrechterhalten. Hölttä war stolz auf die alten kriegstüchtigen Bewohner dieses Landstrichs, obwohl er selbst von der Küste stammte. Die Leute aus Häme, die Tavastländer, hatten in der Eisenzeit vor den Toren Nowgorods gekämpft und im Westen das schwedische Sigtuna niedergebrannt. Den Vikingern, die bis zum Vanajasee vorgedrungen waren, hatten sie in Hinterhalten aufgelauert und die wenigen Überlebenden davongejagt. Gegen die Kirche und die Aristokratie hatte man auch später noch aufbegehrt, und dann waren von hier aus die Hakkapeliten nach Mitteleuropa aufgebrochen, um dort zu morden, zu brandschatzen und zu vergewaltigen. Im Namen von Staat und Religion zwar, aber im Grunde hatte es sich um die gleichen Maßnahmen gehandelt, wie sie heutzutage die Schwarzen Engel ergriffen. Vielleicht bräuchten sie auch eine Art Religion als Blendwerk.
    Plötzlich fing ein Saxophon an zu spielen. Oder ein Horn. Es klang nach langsamem Jazz und kam nicht aus Hölttäs Tasche und auch nicht aus einem Handy der Russen. Hölttä ging um den Turm herum, bis er begriff, dass die Musik von einer Stelle unter der Bank kam, praktisch gegenüber von Treppe und Tür.
    Er hob das Handy auf. Es war ein Nokia-Basismodell, schwarzgrau, leicht und einfach zu bedienen. Garantiert mit Prepaid-Karte. Auf dem Display stand: Unbekannt.
    »Der unbekannte Soldat?«, fragte Hölttä.
    »Nee, Suhonen. Aber du bist nicht Hurme.«
    »Der konnte nicht, darum bin ich gekommen. Was machen wir?«
    Suhonen überlegte kurz. Die Russen starrten Hölttä in Familienstärke an. Er zog eine Grimasse, worauf das Familienoberhaupt die seinen hastig zur Treppe und auf die Erde hinunter trieb.
    »Hast du die Kohle in der Tasche?«
    »Kommt darauf an, von welcher Tasche du redest.«
    »Von der, die über deiner Schulter hängt.«
    »Ja.«
    Hölttä versuchte beim Sprechen unauffällig in die Umgebung zu schielen.

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