Das Begraebnis des Paten
nicht.
»Tyyne gefällt es nicht, wenn ich ab und zu mal einen trinken gehe. Aber was hab ich denn sonst noch? Ich bin in Rente, das Haus gehört uns, die Kinder sind erwachsen und wohnen in Vantaa. Tyyne kümmert sich im Sommer um ihre Kartoffeln und ihre Blumen, aber ich hab nicht mal das. Ich ...«
Tyyne wandte sich ihrem Mann zu, bedeutete ihm mit einer scharfen Geste, die Klappe zu halten. Kusti verstummte sofort. Dann drehte sich Tyyne wieder zu Allu um und fuchtelte weiter. Kusti übersetzte:
»Kümmert euch nicht um Kusti, der arme Mann ist ein bisschen morsch in der Krone. Ihr fahrt einfach zurück zur nächsten Kreuzung und biegt in die andere Richtung ab, nicht links, sondern rechts. Dann ...«
Allu hörte sich die Wegbeschreibung zu Ende an und bedankte sich. Tyyne schloss die Verandatür und schimpfte fuchtelnd mit ihrem Mann. Kusti hob zuerst die Hände, wie um etwas zu erwidern, gab es dann aber auf und stand bloß da und nahm alles hin, ohne eine Miene zu verziehen. Allu sah es durch die Scheibe. Lautloser Horror, dachte er. Waren das Leila und Allu in vierzig Jahren?
Im Moment schien es allerdings nicht wahrscheinlich, dass sie wenigstens ein Verhältnis auf dem Niveau der beiden Alten haben würden. Aber versuchen musste man es.
Jarkka hatte inzwischen gewendet. Als Allu einstieg und sich anschnallte, fragte Jarkka:
»Ist es noch weit?«
»Ein, zwei Kilometer. Wir fahren zur letzten Kreuzung zurück und ...«
Allu brachte den Satz nicht zu Ende, weil es an der Hausecke knatterte. Er drehte sich zu dem Geräusch um und sah am Schuppen ein grünes Opa-Moped Marke Tunturi losbrettern. Mit Windschutzscheibe aus Plastik und allem drum und dran. Im Sattel saß Kusti, der einen weißen Topfhelm und Schutzbrille trug.
»Der hat’s aber eilig. Wo will der hin?«
»In die Ortsmitte«, sagte Allu.«
Kustis violetter Ärmel flatterte, als er Allu und Jarkka im Vorbeifahren zuwinkte.
Allu blickte zum Haus zurück. Tyyne kam gerade mit einem leeren Wäschekorb unterm Arm und einem Beutel für die Wäscheklammern über der Schulter heraus. Sie bemerkte das Moped nicht, sondern richtete ihre kleinen Schritte seelenruhig auf den Wäscheständer. Offenbar wollte sie ihre Unterwäsche von der Leine holen, bevor sie nass wurde.
Jarkka sah noch immer Kusti hinterher und bekam vor Staunen das Auto nicht vom Fleck.
»Was hat der Alte da an den Beinen? Irgendwas Rosafarbenes flattert um die Knöchel, er kann von Glück sagen, wenn es nicht in der Kette hängen bleibt ...«
»Omaunterhosen«, sagte Allu.
33
Hölttä ließ seinen dunkelblauen Starcraft am Rand des nur halb gefüllten Parkplatzes stehen, warf sich die vollgestopfte hellblaue Tasche über die Schulter und ging den asphaltierten Weg zum Aussichtsturm Aulanko hinauf.
Es schneite leicht, der Boden war gefroren, man musste auf seine Schritte achten. Ab und zu versuchte eine Windbö, Hölttä die Tasche von der Schulter zu reißen, schaffte es aber dann doch bloß, sie ein Stück nach vorne zu stoßen. Ein paar Jogger und Hundeausführer und eine russische Familie waren unterwegs. Das Café war den Winter über geschlossen, der Turm wohl auch. Trotzdem musste Hölttä hinauf, zumindest bis zur ersten Ebene, wo die Tür war, um die Lage zu peilen.
Er schaute an der Mauer aus schweren Granitsteinen entlang nach oben. Die Treppe wand sich auf die andere Seite, und irgendwo dort kauderwelschten jetzt die russischen Touristen. Hölttä hatte schon wegen seines Leibesumfangs keine große Lust zum Treppensteigen, aber was half es. Was sein musste, musste sein. Er suchte festen Halt am Eisengeländer und zog sich nach oben. Auf den ersten Metern machten die Beine noch gut mit, aber dann ging es allmählich in den milchsauren Bereich.
Hurme lag im Büro und schlief. Besser so. Zum Glück war Hölttä im Club ans Telefon gegangen und hatte der Situation entsprechend zu improvisieren gewusst. Kein anderer wäre dazu fähig gewesen. Schon gar nicht Hurme mit seinem Speed-Kater.
Bald schon keuchte Hölttä wie eine Lokomotive, die einen schweren Güterzug den Berg hinaufschleppte. Er kannte sich mit Lokomotiven aus, nicht nur wegen der Western, die er gesehen hatte, sondern weil sein Vater bei der Museumseisenbahn gearbeitet und ihn manchmal mitgenommen hatte. Ehrenamtlich war er dort tätig gewesen, der Loser. Auch sonst war der Vater nichts geworden, außer arbeitslos, als die Bahn ihren Service so sehr verbesserte, dass am Bahnhof in Pori nur noch ein
Weitere Kostenlose Bücher