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Das Beil von Wandsbek

Das Beil von Wandsbek

Titel: Das Beil von Wandsbek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Zweig
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Fritsch?«
    »Oder Hammerstein und Brauchitsch«, bestätigte Herr Lintze, »oder Beck und Knochenhauer. Kommt es uns auf Personen an? Es kommt uns auf eine Leitung an, von der feststeht, daß sie mit unseren Jungen nicht Schindluder treibt. Daß sie imstande ist, eine ›Schmach von Olmütz‹ einzustecken und gute Miene zum bösen Spiel zu machen, wie die Engländer jetzt, wenn die odds gegen uns sind, wie es auf den Rennplätzen heißt.«
    »Als Ihr ins Rheinland marschiertet«, nickte Herr Koldewey, »hatten die Truppenführer die Rückzugsbefehle im Tornister. Hieß es wenigstens.« – »Das klappt einmal, das klappt auch zweiund dreimal«, räusperte sich Herr Lintze, dem etwas im Hals zu stecken schien. »Ein System kann man darauf nicht bauen; einmal geht’s zu Bruch, und dann ist’s zu spät.«
    »Und man darf noch von Glück sagen, wenn man durch leichte Erfolge nicht zu tief ins Gestrüpp hineingelockt wird, das Gestrüpp der Versuchungen«, damit beteiligte sich Käte Neumeier wieder an dem Gespräch, dem sie bislang gelauscht hatte, ein Bein übers andere geschlagen, die Blicke auf ihre Schuhspitze geheftet, die rhythmisch aufwärts wippte. Diese Unterhaltung war Männersache. »Aber was kann man tun?« Fünf blaue Lappen, hörte sie eine innere Stimme an ihrem Ohr und ein gutgetanktesMotorrad, links vom Eingang an der Mauer – das kann ich nicht, hörte sie sich antworten, dazu bin ich nicht fähig. Vor- und Urzeiten; und wo befand sie sich jetzt? Oberstleutnant Lintze schickte einen Blick zu ihr hinüber. »Wie wär’s, Sie schrieben dem Karl August, er solle etwas getrocknetes Curare beilegen, wenn er Ihnen das Wurzelgewebe der Blüten schickt, von dem er Ihnen geschrieben? Sie möchten kleine Experimente machen an Meerschweinchen oder Mäusen, ein Serum erfinden oder was Sie wollen.« – »Curare«, flüsterte Herr Koldewey, bedächtig. »Ich habe mir sagen lassen, es wirkt in jeder Dosis tödlich, sobald es in die Blutbahn gerät; futtern können Sie es nach Belieben.«
    »Dann wär’s zu Experimenten mit Mäusen untauglich«, überlegte Käte Neumeier. »Richtig«, bestätigte Herr Lintze. »Reibt man es aber auf die Schneide eines beispielsweise Beils, das man einer hochverehrten Person als Ehrengabe überreicht, wenn sie unser Hamburg durch ihren Besuch auszeichnet – um, sagen wir, die Elbhochbrücke – « – »Einzuweihen?« rief Herr Koldewey. »Ihre Fundamente zu begießen«, fuhr Herr Lintze kaltblütig fort, »Grundsteinlegungen sind ja sehr beliebte Feste.« – »Und wer soll das überreichen?« fragte Herr Koldewey; er hatte sich von seinem Sitz erhoben und ragte seiner ganzen Länge nach im Erker empor, seinen Körper auf den Fußsohlen wiegend. »Ihr Henker«, entgegnete Herr Lintze, »unser Landsmann.« Käte Neumeier füllte ihren Mund mit Rauch und blies ihn langsam von sich aus geschwellten Backen. »Ehre wem Ehre gebührt«, sagte sie. Sie hatte nicht gewußt, fühlte sie, daß der Teufel einen so hübschen kleinen Mund hatte und so mild geschnittene Augen. »Und wie soll’s«, fragte Herr Koldewey aus seiner Höhe, »dann zu einer Verletzung kommen? Zu einem Schnitt oder dergleichen?« Herr Lintze hob die Achselstücke. »Durch Zufall«, sagte er, »Gott weiß wie, kommt Zeit, kommt Rat. Schon manchmal hat eine Ordonnanz seinem obersten Kriegsherrn was auf den Fuß fallen lassen. Ist dann dafür bestraft worden, der Mann. Aber wenn ein Menschenleben Zehntausende rettet?« – »Und wie gelangt man in den Besitz des Beils?« fragte Herr Koldewey weiter. »Wer wird so weithin planen?« entgegnete Herr Lintze. »Wir besitzen ein Museum«, fuhr Herr Koldewey fort, »Schaustücke der Kriminalistikvereinend. Unsere Guillotine prangt darin. Man könnte es also ankaufen.« – »Vorher oder nachher?« fragte Herr Lintze mit melodischer Stimme.

Viertes Kapitel
Ein Heiratsantrag
    Annette kam um halb sieben, ihren Vater abzuholen. Sie hatte Billetts besorgt, heute abend zu dritt den »Hamlet« zu sehen, den Berliner Gäste im Schauspielhaus zelebrieren würden. Aber weder Koldewey noch Käte Neumeier machten den Eindruck von Leuten, die sich auf einen Theaterabend freuen. Sie stiegen schweigsam zu Annette in das Adlerchen. Sie drückten sich eng aneinander, das verlangte schon der Platz, außerdem aber schien es Annette, als ob sie frören. Dieser Lintze bekommt ihnen nicht, dachte sie, froh, daß der Motor noch nicht kalt geworden war; ich hoffe, daraus wird kein Umgang. Käte

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