Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Beil von Wandsbek

Das Beil von Wandsbek

Titel: Das Beil von Wandsbek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Zweig
Vom Netzwerk:
Swift eine Glaubensfrage;die Hauptsache, daß man entschlossen war, es zu köpfen und zu essen. Da das Spiel aber gewagt sein konnte, sammelte Adolf seine Trümpfe vorher zu einem übersichtlichen Fächer. Die Damen, Könige und Buben trugen die Uniformen von Admiralen, Generälen und Fliegern, und die Asse prangten in den Wappen der vier Weltgroßmächte Deutschland, Italien, England und Amerika. Das Sofa, auf welchem Klaas Vierkant saß, war mit schwarzem Wachstuch bezogen und schmückte sich mit einer gewellten Kurve porzellanbeknöpfter Nägel, gleich weißen Himbeeren. Sein gescheiter Kopf in dem weißen Doppelkragen sah, schmal und brünett, dem des bewunderten Dr. Goebbels ähnlich. Paßt auf, meinte er, es wird nichts passieren. Wenn die Engländer zugucken, wie um ihren Gibraltarfelsen herum schwere Batterien deutschbürtiger Langrohrgeschütze für Herrn Franco aufgestellt werden, und wenn sie von unbekannten Piraten-U-Booten englische Handelsschiffe torpedieren lassen, die der amerikanischen Regierung Milchbüchsen und Cornedbeef bringen ... alle lachen. In Spanien kämpfen internationale Brigaden. In dem ehemaligen Reiche Alfons XIII. enteignen Brillenträger den Adel und die Kirche, Aktienpakete und Grund und Boden. Freimaurer und andere internationale Drachenbrut tasteten sich in den Mittelmeerraum vor, und die Komintern, dieser Haifisch, zeigte dort ungescheut seine dreieckige Rückenflosse. Das genügte. Kein angelsächsisches Kabinett würde intervenieren, wenn Deutschland sich mit Österreich wieder vereinigte und Mussolini auf den Balearen Stützpunkte für seine Flugzeuge bekam, um Bizerta und Tunis in Schach zu halten. Und daß der Duce dann nicht mehr auf der Wacht am Brenner stand, sondern erkannt hatte, wohin er gehörte, das hatte der Geheimdienst dem französischen Generalstab und der Londoner City wohl schon zugetragen. Der feine Herr Barthou war 34 seiner Einkreisungspolitik zum Opfer gefallen, er und der König Alexander, die Seele der Kleinen Entente, auf den es damals in Marseille eigentlich gemünzt war. Dem Barthou sollten die Doktoren da eine falsche Blutgruppe eingespritzt haben, als sie ihn durch Transfusion retten wollten – allheil französische Akkuratesse! War es jetzt aber so weit, daß man die verdorbene Partie von 1918 wieder aufnehmen konnte,um Elsaß-Lothringen, Eupen-Malmedy, den »Korridor«, Oberschlesien und die Kolonien Übersee, so mußte sich in der Leitung der Reichswehr einiges verändern. Niemand durfte das Theater wiederholen, mit dem man dem Führer, wie beim Einmarsch ins Rheinland, das Gefühl verwirren wollte, die geniale Intuition verderben, den spießigen Fachmann rausbeißen. Nie wieder Krieg, hatten die Intellektbestien des Jahres 1918 ihre Parolen an die Wand gemalt. Nie wieder Fachsimpelei! hieß es heute. Wer nicht bedingungslos mit Adolf Hitler marschierte, der durfte sich ins Privatleben zurückziehen, seine Pension verzehren und »Neese« sein, wie die Hamburger sagten, wenn sich jemand durch Kurzsichtigkeit um den Ertrag langjähriger Bemühungen gebracht hatte. Man ging mit Adolf Hitler in die Weltgeschichte ein oder gar nicht. Den letzteren Teil hatten Fritsch und Blomberg erwählt, den ersteren Keitel und Brauchitsch. Und dann hieß es bald: Alle Mann an Deck, Schiff klar zum Gefecht. Über Zahlenstärke und Schlagkraft unserer Luftwaffe hatte der treuherzige Göring seinen britischen Kollegen Lord Londonderry so freundwillig informiert, daß der Herr ganz entzückt nach London zurückgeflogen war. Deutschland besaß tausend Flugzeuge erster Linie, im ganzen fünftausend Maschinen, und selbstverständlich war die englische Qualitätsarbeit der deutschen weit überlegen. Es mochte ja sein, daß ein englisches Flugzeug elf Minuten brauchte, um vom Flugplatz ab sich hoch genug in die Luft zu schrauben und einen deutschen Heinckel abzufangen. Und in Amerika würden die Isolationisten dem Hetzer Roosevelt oder Rosenfeld die Wiederwahl schon gesegnen. Die Figuren standen auf dem Brett, und die Spieler saßen dahinter und musterten einander prüfend. Wobei man nicht vergessen durfte, daß der andere, Stalin, vom schlimmsten Bauchweh geplagt war und vergeblich versuchte, sich zu purgieren, wie die alten Ärzte es nannten, wenn sie Zitwersamen oder Rizinus verschrieben ... Albert Teetjen? Wer kümmerte sich jetzt um Teetjen.
    Otto Lehmke berichtete. Er bekam die Kinnladen schwer auseinander, denn er fühlte sich gespalten zwischen alter Freundschaft,

Weitere Kostenlose Bücher