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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erlebte diese Vorstellung und schrieb in seinem Bericht: »Der König sagte mit großem Ernst und kräftigem Nachdruck zu uns allen, also auch zu mir: ›Mein Vater fand Freude an prächtigen Gebäuden, großen Mengen Juwelen, Silber, Gold und äußerlicher Magnifizenz … erlauben Sie, daß ich auch mein Vergnügen habe, das hauptsächlich in einer Menge guter Truppen besteht.‹ Ohne Zweifel haben wir es mit einem Herrscher zu tun, der eine neue Regierungsform demonstrieren wird. Er berät nicht mit seinen Ministern und Administranten, er erteilt nur Befehle mit schnarrendem Kommandoton und duldet keinen Widerspruch. Wir werden von dem neuen Preußenkönig noch viele Überraschungen erwarten können.«
    Der holländische Gesandte hatte die Lage richtig beurteilt und vorausgesehen: Friedrich Wilhelm räumte zunächst im eigenen Hause auf. Vorbild sein, das war seine erste Devise. Sofort schaffte er den Millionen verschlingenden Hofstaat seines Vaters ab, und ab sofort gab es auch keine prächtigen Hoffeste mehr, mit ein paar Ausnahmen, wie bei Staatsbesuchen fremder Fürsten oder bei Hochzeiten in der weit verzweigten Verwandtschaft. Die Hofbediensteten schaffte er weitgehend ab, die Pagen steckte er in die Kadettenanstalten, die Lakaien mußten den Uniformrock der Soldaten anziehen, die Ausgaben für Küche und Keller wurden rigoros zusammengestrichen, was eine Einsparung von jährlich 400.000 Taler bedeutete, ein Betrag, der sofort in die Vergrößerung der Armee floß. Aber damit nicht genug, das Heulen und Zähneklappern begann erst noch: alle Gehälter wurden gekürzt. Ob Minister oder Beamte, Generäle oder sonstige Offiziere, jeder wurde kürzer gehalten und zahlte diesen ›Überschuß‹ in die Armeekasse ein.
    Verblüfft, ja geradezu erschrocken war Friedrich Wilhelm, als er nach dem Tode seines Vaters eine geheime Schatulle entdeckte, in der Gold- und Silbermünzen im Werte von 2,5 Millionen Taler lagen. Sofort machte er sich ans Rechnen, zählte den ererbten Reichtum und die zukünftigen Einkünfte zusammen und ließ seinen zwölf Jahre älteren Freund und Helfer ins Stadtschloß bitten, den Reichsfürsten Leopold von Anhalt-Dessau, der einmal der ›Alte Dessauer‹ heißen sollte.
    »Fürst –« sagte Friedrich Wilhelm zu ihm, als sie die Rechenzeilen durchgesehen hatten, »ich bin reicher, als ich gedacht habe … diese Taler sind genug, um unser Heer auf 60.000 Mann zu vergrößern.«
    Und Fürst Anhalt-Dessau hatte geantwortet: »Das ist ein gutes Erbe. Ich helfe Ihnen, Majestät, Preußen zur unbesiegbaren Militärmacht zu machen.«
    Es war die Geburtsstunde des ›Soldatenkönigs‹. Das große Sparen wurde zum Leitmotiv. Friedrich Wilhelm selbst ging mit einem Beispiel voran, das Sophie Dorothea überhaupt nicht gefiel. Das noch nicht in allen Teilen ausgebaute Berliner Stadtschloß, entworfen von dem berühmten Andreas Schlüter und von Hofbaumeister Eosander gebaut, blieb, wie es war – der spartanischste Sitz, den je ein König bewohnt hatte. Eosander, von Friedrich Wilhelm entlassen, ging nach Schweden; der große Schlüter fuhr 1713 nach Petersburg und kam nicht mehr zurück. Die Erzgießerei des Meisters Johann Jakobi, bei der Schlüter sein berühmtes Reiterstandbild des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, dem Großvater des neuen Königs, gießen ließ, mußte sich umstellen – statt Denkmäler goß sie jetzt Kanonen.
    Sophie Dorothea, von Friedrich Wilhelm zärtlich Fiekchen genannt, wenn sie allein waren in den schmucklosen, fast kahlen Räumen, die sie bewohnten, schlug mit der Faust auf die Lehne des Sessels. Sie war eine schöne, stolze, aber auch eine kühle und beherrschte Frau, die wenig Angst vor ihrem königlichen Gemahl hatte, vor allem nachdem sie ihm den Thronerben, den Kronprinzen Friedrich, 1712 geboren hatte. Auch jetzt war sie wütend, was sich mit dem Zorn des Königs über das schlappe Zweite Bataillon vermischte.
    »Hören Sie mir überhaupt zu?« rief sie. »Es ist, als habe jeder den Verstand verloren.«
    »Wer keinen hat, kann ihn nicht verlieren. Wozu die Aufregung?«
    Er blieb vor ihr stehen, sein wütender Blick milderte sich. Immer, wenn er Fiekchen ansah, wurde ihm bewußt, wie glücklich er mit ihr war.
    »Wozu?!« rief sie empört. »Wenn uns der Zar schon mit seinem Besuch beehrt …«
    »Was weißt denn du, was er will, Fiekchen? Kommt er, um einen fetten Kapaun zu essen, eine gute Pfeife zu rauchen und einen Krug Bier zu leeren? Er kommt, um mich in den

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