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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gesichter zeigten ängstliche Erwartung, in ihren Herzen bohrte die ungewisse Hoffnung, von den Deutschen wie Menschen behandelt zu werden und in eine erträgliche Gefangenschaft zu kommen. Sadisten und mitleidlose Grausame gab es bei allen Völkern – sie hofften, nicht alle Deutschen wären so.
    »Meine Lieben!« rief Wechajew seinen Leuten zu, die Arme hoch in den Himmel gereckt. »Vorbei für uns ist der Krieg. Man kann's nicht ändern. Zu gern hätte ich mitgemacht, das Vaterland zu verteidigen. Aber das Schicksal, meine Lieben, wer kann gegen das Schicksal an? Seien wir mutig auch in der Gefangenschaft … schließlich sind wir von der Garde.«
    Kurz vor ihnen hielt der erste deutsche Panzer an, nachdem Wechajew schon mit einem stechenden Gefühl in der Brust gedacht hatte: Jetzt überrollen sie uns. Niederwalzen werden sie uns! Sollen wir von der Straße flüchten, links und rechts in den Wald? Erschießen werden sie uns, aber das ist immer noch besser als unter Panzerketten zermalmt zu werden.
    Doch er blieb stehen, biß nur die Zähne zusammen und schloß die Augen bis auf einen Schlitz. Als der rollende Tod nahe vor ihm knirschend und scheppernd bremste und stehenblieb und aus der Turmluke der Kopf des Kommandanten, ein junger Leutnant war's, auftauchte, atmete Wechajew tief durch und sandte wieder einen Gedanken an das Schicksal. Danke, sagte er lautlos. Danke, Schicksal. Jetzt weiß ich, was das heißt, dem Tod ins Auge zu schauen. Nie werde ich das vergessen, wenn ich diesen Krieg überlebe. Nie.
    Eine Panzertruppe kann mit Gefangenen wenig anfangen. Wohin mit ihnen? Sie im Panzer mitzunehmen, ist unmöglich. Zur Bewachung einige Soldaten zurücklassen … ebenfalls unmöglich, denn bei der Besatzung eines Panzers ist kein Mann zuviel, jeder hat seinen Platz und seine Aufgabe. Wechajew überlegte noch, als der junge deutsche Leutnant schon aus seinem Turm kletterte und von hinten ein Mann gelaufen kam, nicht in Uniform, sondern in Zivil. Den Russen sah man ihm sofort an. Er trug eine Schirmmütze, einen labberigen Anzug, derbe Stiefel und über der Hose ein weites, blaues Hemd, so wie viele Bauern herumliefen, wenn sie sich sonntags besonders fein gemacht hatten.
    Wechajew zog die Brauen zusammen, starrte den Landsmann böse an, behielt aber die Hände noch immer hochgestreckt über dem Kopf. Der Russe, etwa um die Sechzig herum, stellte sich neben den Offizier und wartete. Die Deutschen hatten ihn einfach als Dolmetscher mitgenommen, als sie erfuhren, daß Stepan Fjodorowitsch Piwojanow – so hieß er – ihre Sprache verstand. Er hatte von 1927 bis 1932 in Ostpreußen auf einem Gut gearbeitet und hatte dort nicht nur deutsch sprechen, sondern auch wild fluchen gelernt. Was ein ostpreußischer Bauer ist, hat viele derbe Worte.
    Wechajew rümpfte die Nase und beherrschte sich, nicht vor Piwojanow auszuspucken. Mit dem Feind kollaboriert er, zieht mit den Eroberern mit, dolmetscht, was sie befehlen, verrät Vaterland und Brüder, Mütter, Väter und Schwestern, nur, um mit den Deutschen sorglos zu fressen und vielleicht auch noch einiges Beutegut zu kassieren. Welch ein triefäugiges Schweinchen! Verräter überall. Wechajew dachte an die dreckige Spionin aus der Erdhöhle und bekam einen schnelleren Atem.
    »Nun sag nur, du Rattengeschwür, was der Faschist will!« knurrte Wechajew und sah dabei den Leutnant so harmlos an, als habe er eine freundliche Begrüßung gesprochen.
    Der Leutnant verstand natürlich nichts, aber ein Wort verstand er dem Klang nach sehr gut: Faschist. Das ist international. Er spreizte die Beine und klemmte die Daumen zwischen Gürtel und Leib.
    »Wenn er noch einmal Faschist sagt, knall ich ihm die Nase nach hinten«, sagte der junge Leutnant. »Los, übersetz es ihm!«
    Stepan Fjodorowitsch tat seine Pflicht und wiederholte es auf russisch. Wechajew war kaum beeindruckt, er schluckte nur seine Wut herunter.
    »Übersetz –« sagte der Leutnant wieder. »Ihr seid jetzt Gefangene und marschiert die Straße weiter nach Süden. Deutsche Infanterie folgt uns in drei Kilometern. Bei ihr meldet ihr euch. Weglaufen hat keinen Sinn, wir finden euch doch. Und besorgt euch keine Zivilkleider! Ihr werdet nämlich dann wie Partisanen behandelt und sofort erschossen. Als Soldaten könnt ihr überleben.«
    Piwojanow übersetzte es fleißig, Wechajew ließ die Arme sinken und leckte sich über die Lippen.
    »Bleibst du hier und begleitest uns?« fragte er dann den Dolmetscher.
    »Nein. Ich

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