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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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angenehm zu wohnen.
    Schon am nächsten Tag fuhr Joe mit einem Volkswagen unauffällig durch die Straße, hielt gegenüber dem angegebenen Haus an, beobachtete es und hatte gleich das Glück, Wassilissa Iwanowna zu sehen. Sie kam aus der Tür, hielt einen Brief in der Hand und ging zu einem Briefkasten, der drei Straßen weiter an einer Hauswand hing. Joe fuhr an, überholte sie, war vor ihr an dem Briefkasten, stieg aus und tat so, als werfe auch er einen Brief ein. Dann, als er die Frau hinter sich spürte, drehte er sich ungeschickt um, rempelte sie an, machte ein schuldbewußtes Gesicht und verbeugte sich.
    »Verzeihung!« sagte er. »Ich habe Sie nicht gesehen! Wie ungeschickt von mir. Wirklich, es ist mir peinlich. Habe ich Ihnen weh getan?«
    »Nix passiert …« Wassilissas Deutsch war hart und bestand nur aus wenigen Worten. »Nix weh …« Sie lächelte verzeihend. »Schonnn gutt …«
    Joe blieb am Briefkasten stehen, nachdem Wassilissa den Brief eingeworfen hatte und weggegangen war. Eine Russin, dachte er. Ja, das ist eine Russin. Und bestimmt ist sie nicht allein! Was wollen die Russen von einem Captain Silverman? Da braucht man nicht dreimal zu fragen, die Antwort liegt auf der Hand. Die Russen suchen das Bernsteinzimmer. Die Russen wissen, daß Silverman es zuletzt gesehen hat. Die Russen haben eine Spur, und jetzt werden sie wie Wölfe sein, die ihre Beute jagen. Die Russen sind hinter mir her … Joe, wehre dich. Sollen elf Jahre Warten umsonst gewesen sein?! Joe, du kennst sie jetzt, aber sie haben keine Ahnung von dir. Du hast die bessere Position … mach sie klein!
    Noch zwei Tage lang beobachtete Joe das Haus in der stillen Straße. Er sah auch Michael Wachter und Nikolaj … allein, zu zweit, zu dritt mit der Frau. Nur drei sind es, dachte Joe zufrieden. Drei gegen mich, den Unbekannten! Das ist nun kein Problem mehr … aus einer guten Deckung heraus braucht man nur dreimal abzudrücken.
    Am zweiten Weihnachtstag war er wieder in der stillen Straße am Zoo und lauerte auf eine Gelegenheit. Wieder benutzte er die alte deutsche SS-Pistole, mit der Larry den Kunsthändler getötet hatte … fand man die Kugeln in den Leichen der drei Russen, aus dem selben Lauf abgeschossen wie bei dem Händler, würde die Polizei zu kühnen Schlüssen kommen: Es gab noch eine Nazi-Organisation, die aus irgendwelchen Gründen alle liquidierte, die mit ehemals geraubten Kunstschätzen zu tun hatten. Der große Unbekannte … ein Alptraum für jeden Kriminalbeamten!
    Joe hatte Glück … die drei kamen zusammen aus dem Haus. Er hockte auf der anderen Straßenseite im Gebüsch eines Vorgartens, zielte sorgfältig und wußte, daß er treffen würde. Und dann geschah es, daß der Anvisierte rutschte, genau in dem Augenblick, als Joe den Finger krümmte. Die Kugel schlug in die Mauer, im gleichen Moment lagen die drei auf der Straße, noch bevor der zweite Schuß sie treffen konnte, und Joe Williams blieb nichts anderes übrig, als sich geduckt durch den Vorgarten zu entfernen. Im Haus hinter ihm gingen die Lichter über der Haustür an.
    Das sind Profis, dachte Joe, als er wieder in seinem Wagen saß. Verdammt gut ausgebildet. Sssst … und weg waren sie. Das ist beste Schule. Das sind drei, die sich nicht einschüchtern lassen. Für die ist eine 08 zu langsam … zu denen muß man mit einer Gun kommen, mit einer Maschinenpistole und Rrrrrr ein Sieb aus ihnen machen. Joe, du mußt dir zwischen Weihnachten und Neujahr eine Gun besorgen, sonst bist du gewaltig im Nachteil.
    Er fuhr an, zockelte – es war ja Glatteis – die stille Straße hinunter und sah gerade noch, wie die drei rasch in ihr Haus zurückschlüpften.
    Ob Silverman die Anzeige gelesen hat und sich meldet, dachte er auf der Fahrt ins Bahnhofsviertel. Ob er wirklich nach Frankfurt kommt und sich mit den Russen trifft? Joe Williams, das wäre das Beste, was dir passieren könnte. Dann brauchst du dich nur um einen zu kümmern und kannst die Russen ziehen lassen. Dann gibt es nur einen, der dir gefährlich werden kann: Fred Silverman.
    Und mit ihm, Joe, das ist dir doch klar, wirst du fertig.
    In der Wohnung zogen sie die dicken Mäntel aus und setzten sich in das Wohnzimmer. Auf einem runden Tischchen glänzte der Samowar aus Messing. Er war das erste Einrichtungsstück, das Wassilissa Iwanowna gekauft hatte, und die sowjetische Botschaft, die alles bezahlte und deshalb auch alle Rechnungen verlangte, reklamierte nicht, das sei eine unnötige Ausgabe.

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