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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Verderben sein und ihren Plan zunichte machen.
    Die Unruhe in Wachter wuchs. Er hielt Janas Hand fest, als sie sein Kopfkissen zurechtrücken wollte, und sie wunderte sich über die Kraft, die in diesem Griff lag. »Ich muß es sehen«, sagte er. »Verstehst du das nicht? Ich muß wissen, was sie mit dem Zimmer gemacht haben, nachdem sie mich niedergeschlagen haben. 225 Jahre lang hat keiner die Wände berührt, weil die Wachters aufpaßten, weil immer jemand von uns da war … und jetzt brechen sie die Mosaiken heraus … für Erna zur ›Erinnerung‹ an Puschkin. Jana, laß mich aufstehen. Bitte …«
    »Du bleibst liegen, Väterchen.«
    »Jana.«
    »Sie bleiben liegen, Herr Wachter«, verbesserte sie sich sofort. »Ich werde hinübergehen und nach dem Bernsteinzimmer sehen. Ich komme als Schwester überall hin.« Sie beugte sich über ihn und streichelte sein bartstoppeliges Gesicht. »Eine gute Idee war das, Väterchen«, flüsterte sie an seinem Ohr.
    »Jana!«
    »Niemand hört uns.«
    »Das ist es nicht. Daran gewöhnen sollst du dich, daß du mich nicht kennst. Zum erstenmal hast du mich heute gesehen.«
    An der Tür klopfte es. Sofort danach kam ein hochgewachsener Offizier in die Wohnung, stutzte, als er die Rote-Kreuz-Schwester an Wachters Bett sitzen sah, und trat dann näher.
    »Wendler –« stellte er sich höflich vor. »Ich bin Arzt. Wie geht es Ihnen, Herr Wachter? Was macht der Kopf? Wie ich sehe, sind Sie in bester Betreuung.« Ein strahlender Blick traf Jana. Sie senkte die Augen und drehte dem Arzt den Rücken zu. Es war ein Oberstabsarzt, aus dem Stab des XXVIII. Armeekorps.
    »Haben Sie mich verbunden, Herr Doktor?« fragte Wachter. »Wie sieht mein Kopf aus?«
    »Eine mittelgroße Platzwunde … die Hirnschale ist nicht verletzt. Gott sei Dank. Verbunden hat Sie dann ein Sanitäter.« Dr. Wendler räusperte sich, beugte sich über Wachters Kopf und kontrollierte den Verband. Er war tadellos angelegt worden. »Sie sehen jetzt aus wie ein Muselmann«, versuchte er einen Scherz. »So ein Turban steht Ihnen gut. Nicht wahr, Schwester?«
    »Ja«, antwortete Jana kurz.
    »Ich habe mich noch einer Bitte zu entledigen.« Dr. Wendler schien ein Mensch zu sein, der gerne etwas gespreizt sprach. »General von Kortte läßt um Entschuldigung bitten, daß einige seiner Soldaten sich so ungebührlich Ihnen gegenüber benommen haben. Die Schuldigen werden zur Rechenschaft gezogen. Urlaubssperre ist das mindeste, was sie erwartet. Das soll ich Ihnen ausrichten … das aufrichtige Bedauern des Herrn Generals.«
    »Danke, Herr Doktor.«
    »Der Herr General wird Sie heute noch besuchen.«
    »Was macht mein Bernsteinzimmer?«
    »Keine Ahnung.« Dr. Wendler hob die Schultern. Das Bernsteinzimmer war für ihn von geringerem Interesse als die hübsche Schwester an Wachters Bett. Er blinzelte ihr zu, aber Jana übersah es und nahm eine Haltung ein, die Abwehr signalisierte. »Was soll mit dem Zimmer los sein?«
    »Hat man es zerstört … geplündert …«
    »Moment mal.« Dr. Wendler zog die Augenbrauen zusammen. »Was sagen Sie da, Wachter? Ein deutscher Soldat zerstört nichts und plündert schon gar nicht. Ihre Meinung über unsere Landser …«
    »Verzeihung, Herr Doktor.« Wachter unterbrach den Oberstabsarzt sofort. Er stellte mit Erschrecken fest, daß man so etwas nicht sagen durfte. Ein guter Deutscher kritisierte niemals die Wehrmacht des Führers. Zersetzung nannte man das. Wehrkraftzersetzung. »Aber man hat mich niedergeschlagen, weil ich einen Soldaten hindern wollte, aus der Bernsteinwand etwas herauszubrechen.« – »Mein Gott, ein kleines Andenken … fällt ja gar nicht auf bei so viel Bernstein. Es stimmt also: Sie haben den Landser zuerst angegriffen?«
    »Ja. Er bohrte mit dem Seitengewehr …«
    »Gut, gut, gut!« Dr. Wendler winkte ungeduldig ab. »Das wird alles untersucht werden. Wozu haben wir ein Feldgericht?«
    »Feldgericht?« fragte Wachter gedehnt. Der Druck in seinem Kopf verstärkte sich. Feldgericht – das bedeutete eine Verhandlung, und der Soldat würde freigesprochen werden, das war ganz sicher. Freispruch wegen Notwehr. Das Herausbrechen des Bernsteins war kaum erwähnenswert. »Muß das sein, Herr Doktor?«
    »Die Entscheidung liegt bei dem General.« Dr. Wendler betrachtete wieder Jana Petrowna und lehnte sich am Kopfende des Bettes gegen die Wand. »Wie kommen Sie eigentlich hierher, Schwester?«
    »Aus dem Lazarett. Irgend jemand aus dem Stab rief uns an und fragte nach

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