Das Beste aus 40 Jahren
Modell finden wirst, das sich so absolut dafür eignet wie Tracy.“
„Tracy“, sagte er noch einmal sehr ernst. „Ich muss zugeben, ich habe an sie als ‚Fantasy-Girl‘ noch nicht gedacht.“
„Und jetzt, wo du daran denkst?“
Adrian nickte langsam. „Du könntest recht haben“, sagte er leise. „Sie wäre der Typ.“
„Ich weiß es bestimmt, Adrian.“
Er lächelte sie an. „Meine tüchtige kleine Geschäftsfrau. Du hast möglicherweise soeben zwei Probleme auf einmal gelöst.“
Drei, dachte Nina. Wenn sie für ihn ein ‚Fantasy-Girl‘ fand, das nichts mit ihrer Agentur zu tun hatte, würde ihn das vielleicht davon überzeugen, dass sie sich ihm nur hingegeben hatte, weil sie ihn liebte und nicht aus Geschäftsinteresse. Es war bloß ein Silberstreif, aber es gab ihr die Hoffnung, ihn nicht ganz zu verlieren …
Am nächsten Morgen nahm Nina ihren eigenen Wagen, da sie um zehn Uhr eine Verabredung hatte. Die Nacht mit Adrian war viel zu schnell vergangen. Obwohl sie wenig geschlafen hatte, war sie nicht müde. Im Gegenteil, sie fühlte sich wie neu belebt durch Adrians Liebe. Ihr Abschied hatte wie immer lange gedauert. Als er ihr sagte, er werde am Abend wieder zu ihr kommen, hatte sie nicht Nein sagen können.
„Kann ich Sie allein lassen?“, fragte sie Tracy, bevor sie zu ihrer Verabredung fuhr. „Ich werde kaum länger als eine Stunde fortbleiben.“
„Meinetwegen müssen Sie sich nicht beeilen“, beruhigte sie Tracy. „Ich komme schon zurecht.“
„Doris wird eifersüchtig werden, wenn sie sieht, dass sie eine so gute Vertretung hatte“, lachte Nina.
Tracy sah schuldbewusst drein. „Deswegen braucht sie sich keine Gedanken zu machen. Ich werde ihr den Job nicht wegnehmen.“
„Aber es hat Ihnen doch Spaß gemacht?“
„Sehr sogar.“
„Haben Sie nie daran gedacht, etwas zu arbeiten?“
„Sehr oft sogar. Aber Jason wird es nicht mögen.“
„Es würde ihm doch keine Ungelegenheiten bringen. Wie Sie selbst sagten, ist er den ganzen Tag und auch oft abends nicht zu Hause.“
Nina hatte versucht, einen leichten Ton anzuschlagen, obwohl ihr Jason Dillman tief zuwider war. Wie konnte er seiner Frau die Persönlichkeit nehmen, ihr jede Chance verbauen, eine eigene berufliche Karriere einzuschlagen? Sie hatten doch keine Kinder, die darunter leiden mussten.
„Ich denke immer noch daran“, sagte Tracy leise.
„Gut, denken Sie intensiver“, ermunterte sie Nina. „Man weiß nie, wann sich eine Möglichkeit bietet.“
„Sie reden schon ganz wie Adrian.“ Tracy lächelte.
„Tatsächlich?“ Nina wusste nicht, ob ihr das behagte. „Jetzt muss ich aber gehen“, rief sie, „also bis nachher.“
Es war eine lange Diskussion. Nina wollte eines ihrer männlichen Modelle in einer Aftershave-Werbung unterbringen. Der Mann verlangte eine zusätzliche Gage für Kleidung, der Kunde weigerte sich, dafür aufzukommen.
So redeten sie über eine Stunde. Daniel Jerome, ihr Modell, war ein blendend aussehender junger Mann, intelligent und vor allem enorm fotogen. Das sah nach einiger Zeit auch der Kunde ein, und man einigte sich schließlich.
Erleichtert fuhr Nina ins Büro zurück. Sie kam wesentlich später, als sie gedacht hatte, hoffte aber, Tracy noch vorzufinden, ehe sie zu Tisch ging. Die Außentür zu ihren Büroräumen stand weit offen. Aber Tracy war nicht da. Als Nina ihr Zimmer betrat, wusste sie sofort, weshalb Tracy nicht da war.
Auf einem Sessel saß Judith. Der Rauch ihrer Zigarette stieg in Kringeln in die Luft, ihr Gesicht sah wie immer gelangweilt aus. Nina schlug die Tür hinter sich zu. „Was willst du hier?“, fragte sie barsch.
Judith richtete sich langsam auf. „Das ist keine sehr feine Art, mit deiner kleinen Schwester zu sprechen. Mama und Dad wären schockiert.“
„Wir sprechen jetzt nicht über Mama und Dad“, erwiderte Nina unwillig. „Wo ist Tracy Dillman?“
„Die? Weggegangen.“
„Wohin?“
„Was weiß ich? Nach Hause. Zu Freunden. Keine Ahnung.“ Judith wirkte völlig desinteressiert.
„Du weißt etwas, Judith.“ Nina neigte sich zu ihr und musterte sie scharf. „Was ist passiert? Was hast du ihr gesagt, dass sie so plötzlich davongelaufen ist?“
„Lass mich in Ruhe, Nina.“
„Du sagt es mir, sofort – hörst du?“
„Na gut.“ Judith stand böse auf. „Ich habe ihr die Wahrheit gesagt. Nur die Wahrheit, sonst nichts.“
„Was meinst du damit?“
„Dass Jason und ich seit einem Jahr eine Beziehung haben.
Weitere Kostenlose Bücher