Das Beste aus 40 Jahren
Wir haben völlig unterschiedliche Vorgehensweisen.“
Ohne ihre Erwiderung abzuwarten, ging er weiter in Richtung Lift, gefolgt von seinen Untergebenen, die weiterhin respektvoll Abstand hielten.
Verblüfft sah Anastasia ihm nach. Rico Crisanti, einer der reichsten Männer der Welt, wollte mit ihr zu Abend essen.
Ihr Herz schien vor Begeisterung einen Schlag lang auszusetzen, ihre Fantasie schlug Kapriolen.
Dann fiel ihr ein, dass er nicht einmal gefragt hatte, in welchem Hotel sie wohnte. Vermutlich hatte er sich nur einen Scherz mit ihr erlaubt und würde sie um acht Uhr nicht abholen. Falls doch …
Sie kletterte wieder aufs Gerüst und versuchte, mit der Arbeit weiterzumachen, obwohl sie sich nun nicht mehr richtig konzentrieren konnte und ihre Hände leicht zitterten.
Und wenn Rico Crisanti doch in ihrem Hotel erscheinen sollte, konnte sie ihm immer noch sagen, dass sie prinzipiell nicht mit Fremden zu Abend aß.
Anastasia zwang sich, nicht länger an früher zu denken.
Sie duschte kurz und flocht anschließend die dichten kupferroten Haare zu einem Zopf im Nacken. Dann ging sie zum Schrank, in dem noch immer ein Teil ihrer Garderobe hing – elegante Designerstücke, die sie nie gern getragen hatte. Ganz hinten fand sie jedoch ein schlichtes apricotfarbenes Leinenkleid und zog es an. Anschließend musterte sie sich kritisch im Spiegel.
Ja, sie sah gut aus. Mondän und elegant.
Wie eine Frau, die nur auf das Vermögen eines Mannes aus war?
Nein, es brachte nichts, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was Ricos Familie inzwischen von ihr dachte. Ob sie noch immer in Ungnade war, würde sie bald genug merken.
Tief durchatmend verließ Anastasia das Bad und setzte sich wieder neben Rico, der noch immer telefonierte. Wie oft hatte sie ihm früher gedroht, sie würde sein Handy aus dem Fenster werfen? Nun blickte sie nach draußen auf die Wolken, und ihr wurde immer elender zumute.
Sie hatte Chiara seit dem verhängnisvollen Abend ein Jahr zuvor nicht mehr gesehen …
Plötzlich merkte sie, dass Rico aufgehört hatte zu telefonieren.
„Tut mir leid, dass ich dich vernachlässigt habe“, entschuldigte er sich kühl und nahm den Drink, den die Stewardess ihm reichte. „Aber die Gespräche waren dringend. Übrigens, das Kleid steht dir.“
Das unerwartete Kompliment bestürzte sie beinah, und als Ricos Schulter ihre streifte, musste sie sich zwingen, nicht zusammenzuzucken. Ihr Herz begann, wie rasend zu pochen, als sie den Duft seines Rasierwassers wahrnahm, und ihre Sinne gerieten in Aufruhr. Wie früher genügte eine Berührung, und ihre Haut, ja, ihr ganzer Körper prickelte vor Verlangen.
Wütend auf sich, lehnte Anastasia sich zurück. Was war nur mit ihr los? Wie konnte sie Rico noch begehren, obwohl sie wusste, dass er sie nicht wollte? Außer im Bett.
Er hatte ihr nicht ein einziges Mal gesagt, dass er sie liebe. Wie hatte sie sich – wenn auch nur kurz – einbilden können, er würde es irgendwann einmal tun?
Ganz einfach: wegen der Art, wie er sie im Arm gehalten und sie berührt hatte … Sie hatte die geübten Zärtlichkeiten des erfahrenen Liebhabers für die eines verliebten Mannes gehalten. Eine kurze, herrliche Zeit lang. Und dann war sie aus dem Traum erwacht.
Sie wandte sich Rico zu und betrachtete ihn gespielt gleichgültig. „Du musst dich nicht entschuldigen“, begann sie kühl. „Wir beide wissen doch, dass ich dich nicht zum Vergnügen begleite. Meinetwegen brauchst du deine Geschäfte nicht zu vernachlässigen. Ich habe das früher ja auch nicht von dir erwartet. Schließlich habe ich sogar akzeptiert, dass du mehr mit deinem Handy als mit mir verheiratet warst. Weshalb sollte ich jetzt etwas anderes von dir erwarten?“
„Provozier mich nicht, Anastasia! Ich bin nicht in Stimmung für eine Auseinandersetzung. Und da wir uns nicht mehr im Bett versöhnen können, hat es keinen Zweck, einen Streit vom Zaun zu brechen.“
Unwillkürlich blickte sie ihm auf den festen, schön geformten Mund und erinnerte sich, wie oft Rico sie leidenschaftlich geküsst hatte, um sie zum Schweigen zu bringen. Das Feuer des Zorns war dann gewissermaßen von den Flammen der Leidenschaft bekämpft worden …
Nur mittels Körpersprache hatten sie kommuniziert, und sogar da hatten sie Unterschiedliches gemeint: Ihre Leidenschaft bedeutete Liebe, seine nur Begehren …
„Ich provoziere dich nicht“, widersprach sie schließlich.
„Oh doch. Mit jedem Blick deiner funkelnden grünen
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