Das Beste aus 40 Jahren
bedeutet.“
Der Vorwurf traf sie völlig überraschend. Ausgerechnet Rico sagte ihr, dass die Ehe eine Partnerschaft bedeutete? Dass sie, Anastasia, dickköpfig gewesen sei? Dabei war jeder Kompromiss zwischen ihnen ausschließlich von ihr ausgegangen – und auf ihre Kosten.
Und nun sollte wieder sie nachgeben!
„Nein, Rico, ich kann nicht tun, was du von mir verlangst. Es ist schon deshalb nicht durchführbar, weil ich arbeiten muss. Ich habe Aufträge, die …“
„Die du in der Villa erledigen kannst“, unterbrach er sie. „Allerdings wirst du nicht verreisen, bevor Chiara wiederhergestellt ist.“
Am liebsten hätte sie sich geweigert, aber das Glück ihrer Mutter stand auf dem Spiel, denn der Laden war nicht nur deren Lebensunterhalt, sondern auch deren Lebensinhalt.
Sie musste nachgeben, und genau darum ging es Rico, nicht um die Beziehung. Er wollte doch nur beweisen, wie viel Macht er besaß!
„Einverstanden“, sagte Anastasia schließlich, obwohl sie das Wort beinah nicht über die Lippen brachte. „Ich tu’s. Erwarte aber nicht, dass ich dich für das, was du mit mir anstellst, auch noch mag!“
„Wie sich die Zeiten ändern“, erwiderte er, ebenso sarkastisch wie sie. „Früher hast du mich so gern gemocht, dass du mich praktisch jede Stunde auf dem Handy angerufen und gebettelt hast, ich solle zu dir nach Hause kommen und mit dir ins Bett gehen.“
Es war grausam von ihm, sie daran zu erinnern, wie offen sie damals ihre Gefühle gezeigt hatte. Wie ehrlich sie gewesen war, obwohl er ihr seine Gefühle nicht offenbarte.
Im Rückblick wusste sie nun, dass er ihre Gefühle nicht geteilt hatte. Wie hätte er also ausdrücken können, was er gar nicht empfand? Würde man denn von einem Blinden eine Bildbeschreibung erwarten?
Anastasia versuchte, einen Rest von Stolz zu wahren. „Ich habe nie gebettelt“, behauptete sie und hob trotzig das Kinn.
„Oh doch, meine Liebe, mit diesem heiseren, verführerischen Ton, der so unglaublich sexy klingt. Und wenn ich dann nach Hause kam, lagst du schon nackt im Bett und hast auf mich gewartet.“
„Ja, an das viele Warten kann ich mich gut erinnern“, bestätigte sie spöttisch und versuchte, sich zusammenzureißen und sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er sie mit diesen Erinnerungen quälte. „Scheinbar endlose Tage und Wochen, wenn du auf Geschäftsreisen warst, saß ich da, gelangweilt und allein.“
„So gelangweilt, dass du dir schließlich einen Liebhaber genommen hast.“
„Das habe ich nicht getan!“
„Wie sonst erklärst du die Anwesenheit eines nackten Mannes in deinem Bett? Besser gesagt, in unserem Bett.“
Ihr Herz schien einen Schlag lang auszusetzen, und sie schwieg befangen. Sie und Rico hatten nie darüber gesprochen, was passiert war. Er hatte sie damals anklagend angesehen, und das hatte sie wütend gemacht. Ihre Ehe steckte damals schon in einer Krise, trotzdem hatte sie es nicht ertragen, dass er von ihr geglaubt hatte, sie könne ihn betrügen.
Nun zog Anastasia die Brauen hoch. „Du möchtest endlich darüber reden? Ein Jahr, nachdem es passiert ist? Findest du es nicht ein bisschen zu spät für ein klärendes Gespräch?“
Rico ging auf den Sarkasmus nicht ein. Wie sehr er sich allerdings ärgerte, sah man nur an den roten Flecken auf seinen Wangen.
„Wusste dein Lover, wie wild du im Bett sein kannst? Und wie unersättlich du bist? So ein mickriges Kerlchen wie der hätte dich doch nie auf Dauer befriedigen können.“
Anastasia wurde blass. Sie hatte im ganzen Leben nur einen Mann geliebt, seelisch ebenso wie körperlich, und das war Rico. Er hatte ihr schon immer mehr Erfahrung unterstellt, als sie besaß, und er war beinah entsetzt gewesen, als sich in der ersten gemeinsamen Nacht herausgestellt hatte, dass sie noch unberührt war. Beinah hätte er sich dafür entschuldigt, sie entjungfert zu haben, und das wäre eine Premiere für ihn gewesen. Ein Mann wie Rico Crisanti hielt es meistens nicht für nötig, sich zu entschuldigen.
„ Madonna santa! Warum reden wir überhaupt darüber?“ Stöhnend fuhr er sich durch das dichte dunkle Haar. „Ich brauche jetzt frische Luft, bevor ich etwas tue, was ich nachher bitter bereue.“
Nach einem letzten drohenden Blick verließ Rico das Zimmer und warf krachend die Tür hinter sich zu.
6. KAPITEL
Chiara durfte wenige Tage später nach Hause. Rico hatte versprochen, auf sie aufzupassen und für ausreichend Ruhe zu sorgen.
Anastasia hätte
Weitere Kostenlose Bücher