Das Beste aus 40 Jahren
eigentlich froh sein müssen, dass das Mädchen sich so schnell erholte, war es allerdings nicht, sondern wurde immer besorgter. Sie hatte ziemlich viel Zeit mit ihrer jungen Schwägerin verbracht, als sie noch mit Rico zusammen in Rom gelebt hatte – und es war eine aufreibende Erfahrung gewesen. Zu allem Übel hasste Chiara die Villa auf Sizilien, weil sie es hier einsam und entsetzlich langweilig fand.
Wie sollen wir, womöglich wochenlang, miteinander auskommen, ohne uns in die Haare zu geraten? fragte sich Anastasia beklommen.
Ihre Sorgen erwiesen sich jedoch als unnötig, denn Chiara war wie verwandelt.
Vom ersten Moment an war sie rührend bemüht, keine Umstände zu machen oder irgendwie zu stören. Ja, ihr gefiel angeblich sogar der Blick von der Terrasse aufs Meer, eine Aussicht, die sie früher zum Gähnen gefunden hatte.
„Meinst du, ich kann schon wieder im Meer schwimmen?“, fragte sie und blickte sehnsüchtig aufs Wasser, das in der Sonne glitzerte.
„Versuch es zuerst lieber im Pool“, riet Rico ihr. Er reichte ihr einen Sonnenhut und wies auf eine der Liegen am Beckenrand. „Setz dich. Maria bringt dir gleich etwas zu trinken. Dann solltest du versuchen, ein bisschen zu schlafen. Ich muss einige Anrufe erledigen. Wenn du noch etwas brauchst, bitte Anastasia um Hilfe. Ich sehe dich dann beim Abendessen, piccola .“ Er strich ihr sanft übers Haar und eilte ins Haus.
Chiara schaute ihm nach. „Er war zu mir eigentlich immer mehr wie ein Vater als ein Bruder“, bemerkte sie nachdenklich.
Zuerst war Anastasia sich nicht sicher, was sie darauf erwidern sollte. Ricos strenges Regiment hatte Chiara zumindest früher immer erbost.
„Ja, er hat dich sehr lieb“, sagte sie schließlich unverbindlich.
Zum Glück musste sie sich nicht lang mit dem Mädchen beschäftigen, weil es bald einschlief. Der Nachmittag verging angenehm und viel zu schnell. Sie schlenderte durch die Obstgärten rings um die Villa und gab sich schmerzlich schönen Erinnerungen an ihre Flitterwochen hin.
Sie hatte sich auf den ersten Blick in die Insel mit ihrer faszinierenden Mischung aus Geschichte, Kultur und atemberaubend schönen Landstrichen verliebt. Begeistert hatte sie Rico aufgefordert, sie zu den berühmten Sehenswürdigkeiten zu begleiten. Gemeinsam besuchten sie Ehrfurcht gebietende antike Tempel, gotische Kathedralen und barocke Paläste, bis sie sich schließlich vor der Hitze und den Menschenmassen in die kühle Abgeschiedenheit der Villa flüchteten und sich anderen Genüssen hingaben.
Diese herrlichen Tage hatten ihr ein Gefühl dafür vermittelt, was es den Einheimischen bedeutete, von hier zu stammen. Sie wusste, dass es Rico alles bedeutete, Sizilianer zu sein.
In Gedanken und Erinnerungen versunken, schlenderte sie unter den Bäumen entlang. Schließlich pflückte sie sich eine Orange und ging auf die luftige, von Weinlaub beschattete Terrasse zurück, wo Chiara noch immer friedlich schlief.
Anastasia setzte sich auf eine der Liegen und begann, in ihren bereitliegenden Skizzenblock zu zeichnen, wobei sie die sanfte Brise genoss, die vom Meer her wehte.
Als Chiara schließlich aufwachte, war es schon Zeit, sich fürs Abendessen umzuziehen.
Beim Betreten des Gästezimmers, in dem sie seit ihrer Ankunft schlief, stellte Anastasia sofort fest, dass alle ihre Sachen weggebracht worden waren.
Empört eilte sie zur Haushälterin, um eine Erklärung zu verlangen.
„Ihre Sachen sind ins große Schlafzimmer gebracht worden, signora “, teilte Maria ihr mit. „Signor Crisanti hat es angeordnet.“
Von Unbehagen erfüllt, ging Anastasia zum Schlafzimmer und betrat es, ohne vorher anzuklopfen. Rico kam in dem Moment aus dem Bad, wo er offensichtlich geduscht hatte. Das nasse Haar frottierte er sich mit einem kleinen Handtuch.
Sie blieb abrupt stehen, und der Atem stockte ihr. Rico sah umwerfend aus. Wassertropfen glitzerten auf der sonnengebräunten Haut seiner breiten Schultern und der muskulösen Brust mit dem Dreieck dunklen Haars, das seine Männlichkeit noch unterstrich. Unwillkürlich ließ sie den Blick tiefer gleiten, über den flachen Bauch und die schmalen Hüften zu den kräftigen Schenkeln.
Dass es Rico erregte, von ihr so gemustert zu werden, war unübersehbar. Im Stillen stöhnte sie lustvoll, denn auch ihr Verlangen war geweckt.
Er war nun aber nicht etwa verlegen und schlang sich das Handtuch um die Hüften, sondern warf es achtlos beiseite und zog spöttisch die Brauen
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