Das Beste aus 40 Jahren
Ende ging.
Auch Manoel schien sich dessen bewusst und gab sich unbesonnen wie nie vorher. Als das Brüllen der Menge bei der Corrida sich in verächtliche Schmährufe für einen der Matadore verwandelte, der unfähig schien, seinen Stier zu töten, sprang Manoel von seinem Platz hinter der Barriere in die Arena, entriss dem Matador Maleta und Degen und griff, während Dianne vor Angst erstarrt dasaß, den Stier mit einer Tollkühnheit an, die das Publikum zu hysterischem Jubel hinriss.
Aber Manoel tötete den Stier nicht. Er spielte lange mit dem Tod, doch als er die Arena verließ, war kein Blut geflossen, und der Stier stand müde und keuchend inmitten des weiten Runds und wusste nicht, was ihm widerfahren war.
Dianne war ebenfalls verwirrt und zutiefst bestürzt. Sie lief davon, bevor Manoel an seinen Platz zurückkehrte, er fand sie zitternd und krank vor Angst vor der Arena. Als er sie trösten wollte, wandte sie sich von ihm ab. Sie konnte ihm nicht verzeihen, dass er sie so erschreckt hatte.
Trotz ihrer Proteste fuhren sie zum Zigeunerlager zurück, und Manoel berichtete Gemma, was er getan hatte. Aber Gemma lachte nur und verspottete Dianne, weil sie so ängstlich und kleinmütig war und geglaubt hatte, Manoel wisse nicht ganz genau, was er tue. Dennoch war Dianne erschüttert, denn dieser Nachmittag hatte ihr unwiderlegbar bewiesen, dass für sie ein Leben ohne Manoel keinen Sinn mehr hatte.
Der Abend brachte den Höhepunkt der Festlichkeiten im Zigeunerlager. Der rote Wein floss in Strömen, die Feuer leuchteten heißer durch die Nacht, und die Musik war wilder und zugleich wehmütiger als je zuvor. In der empfänglichen Stimmung, in der sie sich befand, schienen die Geigen an ihren Gefühlen zu zerren und ihr das Herz aus dem Leib zu reißen. Sie merkte kaum, dass die Leute sie merkwürdig ansahen, ihr Kleid und ihr seidig schwarzes Haar berührten und etwas in einer melodischen Sprache murmelten, die sie nicht verstand.
Allmählich wurde aber auch ihr klar, dass sich der Abend von allen anderen im Lager verbrachten unterschied. Musik und Tanz und die allgemeine Erregung trieben einem Höhepunkt zu, an dem sie wesentlich teilzuhaben schien, sie wusste nur noch nicht, wie.
Sie sollte es bald erfahren.
7. KAPITEL
Als die Flammen der Lagerfeuer lange Schatten auf die von der Sonne ausgedörrte Erde warfen, erschien Gemma im feierlichen Gewand der ‚phuridai‘, der Stammesführerin. Unheimliche Stille senkte sich über die Versammlung, und Dianne begriff, dass alle auf diesen Augenblick gewartet hatten. Manoel stand neben ihr. Sie blickte zu ihm auf, und ihre Augen flehten ihn um eine Erklärung an.
Liebevoll und zärtlich sah er sie an, und doch brannte in den Tiefen seines Blickes die Leidenschaft. „Ich liebe dich“, sagte er heiser. „Vertraue mir.“
Die genauen Einzelheiten dessen, was dann geschah, begriff Dianne nie, und die Erinnerung daran blieb verschwommen. So viele Dinge schienen sich gleichzeitig abzuspielen, und erst als sie und Manoel sich gegenseitig gesalzenes Brot reichten und davon aßen, wurde ihr klar, dass sie an einer rituellen Heiratszeremonie teilnahmen.
Anfangs fürchtete sie sich, die Erregung und die Musik, eine wilde, die Sinne aufpeitschende Musik, verwirrten sie. Dazu die vielköpfige Menge, die näher und näher drängte, um zu sehen, was geschah. Doch als sie und Manoel aus einem Glas feurigen roten Wein tranken und er ihr die dünne goldene Kette mit dem Medaillon um den Hals legte, spürte sie, wie ihre Ängste schwanden. Dies war Manoel, der Mann, den sie liebte, nach Zigeunergesetz jetzt ihr Mann …
Es wurde bis tief in die Nacht hinein gefeiert, getanzt und getrunken, doch Dianne und Manoel gingen viel früher. Gemma hatte ihren Wohnwagen für sie bereitgestellt. Als Dianne jetzt zurückdachte, erkannte sie, dass sie beide von der Leidenschaft und Erregung der Zigeuner mitgerissen worden waren. Aber es war eine normale Entwicklung gewesen, und die Erinnerung an ihre gemeinsam verbrachte Nacht jagte ihr noch jetzt das Blut in die Wangen. Sogar jetzt noch, wenn sie die Augen schloss, konnte sie Manoels harten, jungen Körper neben sich spüren und das drängende Begehren, mit der sein Mund den ihren suchte …
Sie vergrub das Gesicht in den Händen. Wenn sie nur geahnt hätte, was danach geschehen sollte, dachte sie gepeinigt. Wenn ihr nur klar gewesen wäre, dass alles eine Farce war, ein Schauspiel, für sie inszeniert. Damit sie in dem Glauben,
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