Das Beste aus 40 Jahren
umzusehen begann, auf den Boden. „Schau ihn dir an, Manoel! Bitte, schau ihn dir an! Erinnert er dich nicht an jemand?“
Manoel wandte sich um und blickte aus seiner stattlichen Höhe auf das Kind hinunter. Er sah es lange an. Dann schweifte sein Blick zu Dianne. Sie spürte, wie sich unter diesem durchdringenden Blick ihre Nerven zum Zerreißen spannten. Auf einmal ging Manoel neben Jonathan in die Hocke und brachte ein silbernes Zigarettenetui zum Vorschein, um mit dem glänzenden Gegenstand Jonathans Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Ein paar Sekunden lang beschäftigte er sich mit dem Kleinen, brachte ihn zum Lachen, sodass die beiden Reihen kleiner, ebenmäßiger weißer Zähne, das Grübchen in der rechten Wange und der tanzende Übermut in den grauen Augen sichtbar wurden.
Dann stand er auf und kam zu ihr. Dianne hatte das Gefühl, eine große Faust presse ihr schmerzhaft das Herz zusammen. „Warum hast du mir nichts gesagt?“, fragte er leidenschaftlich, legte die Hand auf ihren Nacken und zog sie zu sich heran.
„Ich wollte ja“, murmelte sie, noch immer nicht sicher, ob sich alles zum Guten wenden würde. „Du weißt, wer er ist, nicht wahr?“
„Ja, verdammt noch mal! Mein Sohn!“, stieß Manoel aufgewühlt hervor. „Ich habe einmal gesagt, ich könnte dich töten, Dianne, und im Augenblick glaube ich, ich brächte es wirklich fertig. Dianne, Dianne, warum hast du mir nichts gesagt?“
„Wie konnte ich?“ Sie berührte sanft seine Wange. Jonathan wanderte inzwischen neugierig im Zimmer umher. Solange sich Dianne in Rufweite befand, war er zufrieden. „Du warst so abweisend, und außerdem dachte ich, du schämtest dich für das, was zwischen uns vorgefallen war.“
„Meine Mutter wird für einiges geradestehen müssen.“ Manoel begann zu zittern.
„Du gehörst ins Bett“, sagte Dianne hastig.
Er lächelte. Es war das schönste Lächeln, das sie je auf seinem Gesicht gesehen hatte. „Da hast du recht“, sagte er leise, rau und mit einem Blick, der ihr das Blut in die Wangen trieb.
„Wo ist eigentlich deine Mutter?“, fragte Dianne. „Als ich kam, war kein Mensch zu sehen.“
„Louise ist ausgeritten, und meine Mutter ist nicht hier. Sie besucht eine Cousine in Cannes. Ich … ich konnte sie nach meiner Rückkehr aus dem Krankenhaus nicht mehr um mich haben.“
„Oh Manoel!“ Dianne schmiegte sich eng an ihn, und er fuhr heiser fort: „Sie wird sich bestimmt bessern, du wirst sehen. Aber warum hast du mir nichts von unserem Jungen gesagt, als ich dich in London besuchte?“
Dianne biss sich auf die Unterlippe. „Ich wusste ja nicht, dass du mit Yvonne Schluss gemacht hattest. Ich – ich fürchtete, du würdest mir Jonathan wegnehmen, wenn du erst wusstest, dass es ihn gab.“
Manoel schüttelte den Kopf. „Stattdessen habe ich die ersten beiden Jahre vom Leben meines Sohnes verloren.“
Dianne presste die Lippen auf seinen Hals. „Wir können andere Söhne haben“, sagte sie sanft, und Manoel nahm eine Handvoll ihres Haares zwischen die Finger.
„Das werden wir zweifellos. Aber vorerst möchte ich alles über diesen St. Salvador wissen.“ Er beugte sich wieder zu dem Kind hinunter, er fand es offensichtlich hinreißend. „Warum hast du eigentlich für ihn Geld gebraucht?“, fragte er plötzlich und blickte auf. „Er ist doch gesund, nicht wahr?“
Dianne lächelte über die Sorge, die sich in seiner Stimme verriet. Sie kniete sich neben ihn und sagte: „Jonathan hatte vor zwei Monaten eine schwere Bronchitis und behielt einen bösen Husten zurück. Oh, es ist nichts Gefährliches!“, rief sie, als Manoels Augen sich verdunkelten. „Aber der Arzt sagte, er würde rascher gesund, wenn wir ihn in ein wärmeres, trockeneres Klima brächten. Ich wollte sofort nach meiner Rückkehr mit ihm abreisen, aber Tante Clarry hatte sich das Bein gebrochen, und daher ging es nicht.“
„Ich verstehe.“ Manoel hielt den Kleinen mit beiden Händen fest. Jonathan musterte ihn neugierig und fragte sich offensichtlich, wer der Fremde sein mochte. Doch er wehrte sich nicht gegen Manoels Hände und schien die goldene Armbanduhr an Manoels Handgelenk als ausreichende Entschädigung für die Gefangenschaft zu betrachten, in die er geraten war.
Manoel stand auf, nahm Jonathan auf den Arm und hielt ihn besitzergreifend fest. Dann sah er wieder Dianne an.
„Ich muss jetzt von prosaischen Dingen reden“, sagte er weich. „Aber dir ist doch wohl klar, dass du mich jetzt in
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