Das Beste aus meinem Leben
länger lassen oben und nach rechts kämmen. Bitte!
»Nee, nee«, sagte Molnar, »wir machen’s wie immer. Sonst kriege ich Ärger mit deinem Vater.« Dann schor er mich wieder wie ein Schaf, und ich fühlte mich auch wie eines.
Heute gehe ich in einen Friseurladen mit jungen Mitarbeitern, die Wolfgang, Robert oder eben Pierre heißen und keine Nachnamen haben. Manche rollen auf Inline-Skates, und alle schneiden mein Haar, wie ich es will. »Ich heiße Angie«, hat sich neulich eine junge Dame vorgestellt und gefragt: »Wie darf ich es dir machen?«
»Schneiden Sie mir erst mal die Haare«, habe ich gesagt und komplizierte Anweisungen gegeben, obwohl ich eine relativ simple Frisur habe. Ich liebe es, wenn die Friseure dann bei ihrer Arbeit mit mir über die Struktur meiner Haare sprechen, wenn sie mich zum Beispiel fragen, ob ich viel Stress hätte zur Zeit – mein Haar sei so dünn. Wenn sie Fragen der Glatzenbildung mit mir erörtern. Wenn sie über Shampoos sprechen, gewonnen aus Kleie, Vollmilch und Stroh, aus Algen und Korallen, aus Lindenblüten und Passionsblumen oder aus den ätherischen Ölen des Teebaums.
Herr Molnar hatte bloß ein einziges Haarwasser, und wenn ich seinen Salon verließ, roch ich wie diese Luftverbesserer, die sich manche Leute ins Klo hängen.
Ich müsse die Lotion nach dem Haarewaschen einmassieren, hat Pierre gesagt, zwei-, dreimal die Woche. Das werde die Talgdrüsen entschlacken und die Haarwurzeln stärken. Ich spür’s schon. Meine sehr sensible Kopfhaut schwebt über dem Schädel, so leicht ist sie, und ich schreite einher, mit entspanntem Skalp und froh, ein erwachsener Mann zu sein.
Wie fragt man eine Mailbox ab?
W ir haben ein Handy gekauft, fragen Sie nicht warum. Wir sind in die Toskana gefahren, in Urlaub, mit Handy. Fragen Sie nicht warum. Fragen Sie bitte nicht warum!
Wir wohnten im Wald, ohne Telefonanschluss, aber mit Handy, jedoch in einem Funkloch, wie wir Handybesitzer sagen. Man kann nicht erreicht werden und niemanden erreichen, so ist das in Funklöchern, ob mit Handy oder ohne, es ist für alle gleich. Trotzdem blinkten am zweiten Tag die Worte »Kurzmitteilung erhalten«. Von wem? Stand nicht dabei. Es war eine Nachricht für mich in der Mailbox, aber ich konnte diese Mailbox nicht abhören, weil sie sich nicht im Handy befindet, sondern irgendwo außerhalb des Funklochs. Wenn es aber wichtig wäre?, dachte ich.
Ich entdeckte, dass 50 Meter unterhalb des Hauses, am Rande eines schlammigen Weges (schlammig, denn es regnete viel in diesem Urlaub), schon im Gebüsch, das Handy funktionierte. Dort baute ich mich auf, in Gestrüpp und Schlamm, in der einen Hand den Regenschirm, in der anderen das Handy. Wie man eine Mailbox abfragt? Weiß nicht. Ich weiß auch nicht, wie man den Videorecorder programmiert. »Weil du es nicht wissen willst«, sagt Paola. »Du denkst, Paola kann es. Warum sollst du es können.«
Ich ging ins Haus und fragte sie: »Wie fragt man eine Mailbox ab?«
Sie lag vorm Kamin und las. »Man wählt 3311«, sagte sie. Ich ging in mein Gebüsch und wählte 3311. Nichts. Ich ging den Hang hinauf und fragte: »Und wenn 3311 nicht geht?«
»Versuch es mit 00493311«, sagte sie. Wieder im Gestrüpp. Das ging auch nicht. Erneut ächzte ich durch schmatzenden Schlamm zum Haus.
»Jetzt lass es!«, rief Paola, den Blick nicht vom Buch wendend. »Es wird nichts Wichtiges sein!«
»Und wenn es doch wichtig ist?«, sagte ich.
Es regnete heftiger. Vom Telefoniergebüsch aus rief ich alle Freunde an. Ob sie eine Kurzmitteilung hinterlassen hätten? Bei Bruno war der Anrufbeantworter an. Ich sprach meine Frage auf. Es wurde dunkel. Ich schleppte mich ins Haus, holte eine Taschenlampe. Kaum war ich zurück, blinkte es: »Sie haben zwei Kurzmitteilungen.« Bruno? Er war jetzt da. Ja, das sei er gewesen. Die erste Mitteilung – nein.
Ich spielte auf den Tasten. Um meine Füße spielte ein Regenbächlein. Ein vorbeikommender Fuchs pisste mich an. Plötzlich blinkte: »Mailbox abfragen?«
»Ja!«, drückte ich flehend. Eine Stimme aus dem Handy sagte: »Geben Sie Ihre Rufnummer ein!«
Ich hatte sie vergessen, in der Aufregung, rief Bruno an, damit er sie mir sage, notierte sie, Taschenlampe im Mund, Handy in der linken Hand, Schirm unterm Arm, auf einem Zettel. Ich gab meine eigene Nummer ein. Die Stimme sagte, ich könne eine Nachricht auf meine Mailbox aufsprechen.
»Eine Nachricht!? Auf meine eigene Mailbox?!«, greinte ich. Kurz darauf
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