Das Beste aus meinem Leben
blinkte: »Sie haben drei Kurzmitteilungen.«
Ich gab nicht auf. Irgendwie bekam ich heraus, dass ich nach Eingabe meiner Telefonnummer noch eine Geheimnummer eingeben müsste, um die Mailbox vom Ausland aus abzuhören.
»Paola!«, schnaufte ich durch die Haustür. »Wie ist unsere Geheimnummer?«
Sie goß sich Wein ein und sagte: »Eine Geheimnummer? Oh, weiß ich nicht.«
Ich stampfte wieder hinaus. Ich gab meine Bankleitzahl ein, meine Kreditkartennummer, mein Geburtsdatum, irgendwelche Zahlen… nichts. Nichts. Nichts. Ich war ein nassgeregneter Mann im Wald, geschüttelt von Wut und Verzweiflung. Irgendwann kam Paola und holte mich ins Haus.
»Du holst dir den Tod«, sagte sie sanft. »Nimm ein heißes Bad.«
»Wenn es eine wichtige Nachricht ist…«, stammelte ich. Wieder in Deutschland, hörte sie die Mailbox ab. Sie sagte, es seien drei merkwürdige Kurznachrichten darauf gewesen: Einmal habe sich jemand verwählt, ein zweites Mal habe Bruno gesagt, er habe keine Kurzmitteilung in die Mailbox gesprochen und beim drittenmal habe man Regen rauschen gehört und meinen Schrei: »Eine Nachricht?! Auf meine eigene Mailbox?!«
Versuch über die Müdigkeit
M orgens im Bad. Luis ist in seinem Zimmer. Paola duscht. Ich rasiere mich.
Ich: »Mein Gott, bin ich müde.«
Paola: »Ich bin so müde, mein Gott.«
Ich: »Mein Gehirn fühlt sich an wie ein in Watte gepakkter Stein.«
Paola: »Ich habe das Gefühl, als wäre mein Kopf ein rohes Ei – träge schwappt die Flüssigkeit hin und her.«
Ich: »Heute werde ich gar nicht wach.«
Paola: »Bist du heute nacht aufgestanden, um Luis ein Milchfläschchen zu machen, oder ich?«
Ich: »Aber ich bin auch wach geworden, als er geschrien hat! Und danach konnte ich drei Stunden lang nicht wieder einschlafen.«
Paola: »Warum bist nicht du dann zu ihm gegangen?« Ich: »Weil ich zu müde war.«
Paola: »Ich darf nie zu müde sein! Man hat übrigens gar nicht gemerkt, dass du wach warst.«
Ich: »Ich war auch nicht richtig wach. Nur so, dass mein Schlaf gestört war.«
Paola: »Mir kommen Tränen. Dein Schlaf war gestört! Du hast dich also schlafend gestellt!«
Ich: »Das ist ja das Problem: dass man sich hier nachts schlafend stellen muss, statt zu schlafen.«
Paola: »Wenn ich mich schlafend stellen würde, würde unser Kind die ganze Nacht schreien.«
Ich: »Dann würde ich ja gehen.«
Paola: »Aha. Morgen nacht stehst du auf!«
Ich: »Dann bin ich ja morgens früh noch müder!«
Paola: »So müde wie ich jetzt.«
Ich: »Aber wenn du sowieso wach bist, kannst du doch auch Luis’ Fläschchen machen.«
Paola: »Und wieso kannst du es nicht?«
Ich: »Ich bin ja nicht richtig wach.«
Paola: »Du wirst schon richtig wach werden…«
Ich: »Neulich habe ich von einem Experiment gelesen: Die Versuchspersonen gingen den Tag über ihrer normalen Tätigkeit nach. Aber mit Sonnenuntergang mussten sie sich ohne Licht bis zum Morgengrauen hinlegen, wie die Menschen in der Steinzeit. Sechzehn Stunden Schlaf und Dösen! Die Leute sagten, sie hätten zum erstenmal verstanden, was ›richtig wach‹ wirklich bedeute.«
Paola: »Manche Leute gehen halt zum Dösen ins Büro.« Ich (scharf ): »Du willst sagen, ich verdöse den Tag im Büro. Das willst du sagen?«
Paola: »Nein, aber du gehst einer interessanten Arbeit nach, trinkst zwischendurch Kaffee mit Kollegen auf dem Flur…«
Ich: »Du hast keine Ahnung, unter welchem Druck ich stehe. Das Arbeitsleben ist nicht so nett wie hier zu Hause mit einem kleinen Kind und ein bisschen Besuch zwischendurch.«
Paola (scharf): »Also, ich vertändele deiner Ansicht nach den ganzen Tag, mit Luis spielend, mit Freundinnen telefonierend, was? Da muss man nicht wach sein, was?« Ich: »Ich habe nur gesagt, dass ich müde bin.«
Paola: »Ich auch.«
Ich: »Du hast gesagt, du seiest müder als ich.«
Paola: »Das habe ich nicht. Ich rede mit dir nur noch unter Zeugen.«
Ich: »Aber du hast es insinuiert.«
Paola: »Ich bin zu müde, um was zu insinuieren.«
Ich: »Schon wieder!«
Paola: »Was ›schon wieder‹?«
Ich: »Schon wieder tust du, als seist du müder.«
Paola: »Es gibt doch keine objektive Müdigkeitsskala. Es gibt nur Müdigkeitsgefühle.«
Ich (wasche mir den Raiserschaum aus dem Gesicht): »Und meines ist groß und mächtig.«
Paola (steigt aus der Dusche): »Meines auch.«
Die Tür geht auf. Luis kommt herein, sich die Augen reibend:
»Ich bin so müde.«
Das Geräusch der Unordnung
D ie
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