Das beste Mittel gegen Kopfschmerzen
erleichtert
war, dass der Sprecher selbst einsah und
zugeben konnte, schlecht geschauspielert zu haben,
und dass sie ihm andererseits dafür in den
Hintern treten wollte.
Atme, ermahnte sie sich selbst, doch sie fühlte
sich, als wären ihre Lungen unfähig, Luft aufzunehmen.
»Kann ich denn irgendetwas tun, damit Sie sich
ein bisschen entspannen?«, fragte sie schließlich
mit einem süßlichen Lächeln. Sie war sich sicher
selbst wenn die Antwort »Besorgen Sie mir ein
paar Schlampen mit Peitschen
« lautete, würde
sie ihr Bestes tun, um ihm auch diesen Wunsch zu
erfüllen. Sie spürte, dass ihr Job, dass ihre gesamte
Zukunft von ihm abhing.
»Ja, Sie könnten Ihre Jacke ausziehen.«
Abrupt blickte sie auf und runzelte die Stirn. »Entschuldigen
Sie bitte.«
»Ich weiß auch nicht, was genau es ist.« Er zuckte
die Schultern, doch sie bemerkte, dass er genauso
angespannt war wie sie selbst. »Ich mag keine
Anzugträger. Jeder hier im Raum außer mir trägt
einen Anzug.«
Er deutete an sich herab, und sie nickte. Er trug
in der Tat keinen Anzug. Er trug eine Jeans, die
schon so alt und abgewetzt war, dass sie aussah,
als wäre sie mit seinem Körper verwachsen sie
saß perfekt. Dazu hatte er Boots an und ein T-Shirt,
das für ein Rugbyteam warb, von dem sie noch nie
zuvor etwas gehört hatte
.
Er sah natürlich aus, gefährlich und einfach zum
Anbeißen. Und er machte sich Sorgen, weil er keinen
Anzug trug?
»Niemanden interessiert, was Sie anhaben, Steve.
Das hier ist nur eine Probe. Ich dachte, Sie wüssten
das?«
»Ja. Ich weiß. Aber versetzen Sie sich doch einmal
in meine Lage. Ich komme hier im T-Shirt an, und
alle anderen sehen aus, als wären sie gerade einem
Modekatalog entsprungen. Sogar Sie. Das kann einen
Kerl schon ein bisschen aus der Fassung bringen.
«
Sie blinzelte. »Wollen Sie mir sagen, dass Sie Ihren
Text verpatzt haben, weil Ihnen nicht gefällt, wie
die anderen Leute hier gekleidet sind?«
»Ja.« Pause. »Tja, und der Text ist schlecht.«
»Natürlich ist der Text schlecht, Steve. Das ist
Werbung. Wenn Sie eine Beat-Poetry-Lesung wollen,
müssen Sie woandershin gehen. Ich empfehle das Fillmore Auditorium in der Nähe vom Union
Square.«
Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, biss sie
sich auf die Zunge. Er wusste bestimmt nicht, wovon
sie sprach, und ihr Sarkasmus half niemandem.
Doch zu ihrer grenzenlosen Überraschung lachte
er. »Ich weiß nicht, wie viele Surfboards Sie verkaufen,
wenn Sie Allen Ginsbergs Howl rezitieren
lassen. Aber es würde ganz sicher die Aufmerksamkeit
der Zuschauer fesseln, dieses doch ziemlich
unanständige Gedicht im Fernsehen vorzutragen,
oder?«
»Richtig«, stimmte sie schwach zu. Wahrscheinlich
hatte er seinen Reiseführer besonders gründlich
studiert und war dabei zufällig auf einen Artikel
über Allen Ginsberg, einen der bedeutendsten
Dichter der Beat Generation, gestoßen. Trotzdem
hatte er sie für einen Augenblick beeindruckt.
Er beeindruckte sie noch mehr, als er nun sagte:
»Ich nehme an, dass die Situation für Sie auch
nicht leicht ist. Also gut. Lassen Sie es uns noch
mal versuchen.«
»Sind Sie sicher?«
»Ja.«
»Großartig. Dann bitte ich die anderen wieder herein.
«
Sie ging zur Tür des Konferenzzimmers. Doch
plötzlich stellte er sich ihr in den Weg und versperrte
den Eingang. Sein Körper war so groß und
durchtrainiert, dass sie sich mit einem Mal furchtbar
klein und schwach vorkam.
»Nein. Ich will nur Sie allein.«
Die Worte hallten in ihrem Kopf wider, und sie
wünschte sich so sehr, dass sie wahr wären. Dieser
Mann würde verdammt viele Surfboards verkaufen,
wenn sie nur einen Weg fi nden würde, um
ihn dazu zu bringen, seinen gesamten Text so verführerisch
zu betonen wie die Worte: »Ich will nur
Sie allein.«
Sein T-Shirt fühlte sich vom vielen Waschen weich
an und duftete leicht nach Seife und sexy Mann
und etwas Fremdem, Exotischem, das wie sie
annahm Australien war. Sie musste den Kopf etwas
in den Nacken legen, um seinen Blick zu erwidern.
»Sie werden die Zeilen vorlesen, wie sie im Skript
stehen, wenn ich mit Ihnen allein probe?«
»Ja.«
»Inklusive des Zwinkerns?«
Er rieb sich das Kinn, und sie nahm eine Spur des
Humors wahr, den sie schon am Tag zuvor bemerkt
hatte. »Über das Zwinkern können wir reden.«
Natürlich hätte sie ihn anschreien und ihm sagen
können, dass das Zwinkern vertraglich festgelegt
war und dass er verdammt noch mal dazu verpflichtet war zu zwinkern
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