Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)
du nie verletzen?«, fragte ich und bereute sofort, die Frage gestellt zu haben.
»Lucia«, würgte er mit vor Angst bebender Stimme hervor. »Hör auf, mir was vorzumachen! Nur deswegen bist du doch hier. Die Uhr deines Vaters und dieser ganze Kram sind dir doch total egal. Ich hätte es mir sparen können, was ich heute Abend getan habe. Es war eh schon zu spät. Ihr habt das Buch gefunden.«
Ich starrte ihn an. »Curtis, wovon redest du?« Meine Gedanken begannen zu rasen. Was hatte Lucia mit alledem zu tun? Was hatte Curtis heute Abend getan?
»Ich habe sie geliebt«, sagte er. »Ich habe ihr nicht absichtlich wehgetan, aber sie hat herausgefunden, dass ich euch beklaue.« Sein Blick wanderte durchs Zimmer, und einen Moment lang sah er so verzweifelt und verloren aus, dass ich ihn am liebsten tröstend in den Arm genommen hätte. Erst nach und nach registrierte ich, was er da sagte. »Das hat sie sehr wütend gemacht. Mit einem Dieb wollte sie nichts zu tun haben. Sie sah es auch nicht gern, dass ich Geld verspielte und Schulden hatte. Stattdessen tat sie so, als wäre sie die Tugend in Person, dabei war sie doch diejenige, die sich mit sechzehn hatte schwängern lassen!« Er gab ein hartes Lachen von sich und starrte mich lauernd an, als wartete er nur darauf, dass ich widersprach. Am liebsten hätte ich laut geschrien, um ihn zum Schweigen zu bringen, oder mir die Ohren zugehalten, um nichts mehr hören zu müssen. Doch ich blickte nur stumm zu Boden.
»Sie sagte, sie würde Tad alles erzählen«, fuhr er fort. »Interessant, auf wessen Seite sie stand, oder? Wer weiß, vielleicht hat sie ja auch mit ihm geschlafen. Das würde einiges erklären. Diese Möglichkeit habe ich noch gar nicht in Betracht gezogen.« Curtis beugte sich plötzlich vor und vergrub das Gesicht in den Händen. »Nein«, murmelte er. »Nein. So eine war sie nicht.« Wieder schien er nur mit sich selbst zu sprechen. Ich spähte verstohlen zur Tür, die auf den Flur hinausführte, und überlegte, ob ich im Notfall davonlaufen könnte. Als hätte er meine Gedanken gelesen, hob er den Kopf und sah mich durchdringend an.
»Sie hätte mich eben nicht zur Weißglut bringen sollen«, zischte er. »Warum wollte sie mich denn unbedingt verpetzen? Ich brauchte das Geld, und das wusste sie auch. Also haben wir uns gestritten, und dabei habe ich sie weggestoßen. Aber ich wollte ihr nie wehtun. Ich habe einfach vergessen, wie klein sie war. Manchmal werde ich so zornig. Sie ist mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen, und dann sind ihr die Augen zugefallen, und sie hat ausgesehen, als würde sie lächeln oder schlafen. Aber das hat nur eine Minute gedauert. Nicht mal das – ein paar Sekunden! Dann hat sie die Augen wieder aufgemacht, und alles war gut. Sie hat gesagt, dass es ihr gutgeht, und ich habe ihr vertraut, weil ich sie geliebt habe. Und dann, ein paar Tage später, in der Küche …«
»… ist sie gestorben«, platzte es aus mir heraus. Curtis hat Lucia umgebracht. Ich stand so unter Schock, dass ich am ganzen Körper zu zittern begann.
Curtis sackte in sich zusammen. »Aber nicht wegen mir«, sagte er. »Es war nicht meine Schuld. Die Ärzte haben gesagt, es war ein Blutgerinnsel. Das haben alle gesagt.«
Ich nickte und versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die mir in die Augen stiegen. Curtis beobachtete mich, und seine Züge verhärteten sich wieder. »Siehst du, du gibst mir die Schuld.« Wütend schüttelte er den Kopf. »Alles wäre gutgegangen, wenn Annie nicht zurückgekommen wäre«, sagte er. »Ihr beide konntet euch nicht ausstehen. Warum musstet ihr euch wieder miteinander anfreunden?«
Er schien tatsächlich eine Antwort zu erwarten, doch ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich senkte den Blick und schluckte.
»Stattdessen habt ihr euch zusammengetan und Lucias Tagebuch gesucht«, grummelte er. »Ich weiß, dass sie darin lauter Lügen über mich aufgeschrieben hat. Stimmt doch, oder? Ständig hat sie irgendwas aufgeschrieben und mich nie hineinschauen lassen. Aber das war alles vergessen und vorbei, doch dann musstet ihr zwei ankommen und Unruhe stiften. Ich dachte, ich hätte diese ganzen Scherereien hinter mir. Das Buch war weg, und damit auch die Lügengeschichten, die darin standen. Und ich habe wirklich überall gesucht! Aber ihr wolltet einfach nicht aufgeben. Ihr habt mich ja praktisch gezwungen, eure Bäckerei zu sabotieren. Das hatte ich so nicht geplant! Aber ich dachte, wenn Annie endlich wieder
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