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Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)

Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)

Titel: Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Donohue
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versteckten Zweitschlüssel Zugang zu verschaffen, doch er folgte mir widerspruchslos durch die Tür und zog sie hinter sich zu.
    Ich schaltete das Licht ein. Der Geruch, der in den Räumen hing, war selbst nach all den Jahren immer noch der Gleiche: Es roch nach Kiefer, warum auch immer, und nach Wollteppich, vermischt mit einer herben, moschusartigen Note, die wahrscheinlich aus der Garage im Erdgeschoss kam.
    »Hier rüber«, sagte ich und ging voraus in die Küche. Der Herd war ein Relikt aus den Achtzigern, aber im Licht der Küchenspots glänzte das kleine weiße Gerät wie neu. Ich sah Ogden an. Ich hatte das Gefühl, dass er alles tun würde, worum ich ihn bat, ganz egal, was es war, und ich war ihm unendlich dankbar dafür. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – hatte ich das Bedürfnis, ihm die ganze Sache zu erklären.
    »Ich suche schon seit sehr langer Zeit nach etwas, das meiner Mutter gehört hat«, begann ich. In der leeren Küche klang meine Stimme heiser und dünn. »Genauer gesagt seit ihrem Tod. Es ist ein Buch, das für niemanden außer mir irgendeinen Wert besitzt, und ich weiß, dass sie gewollt hätte, dass ich es an mich nehme.« Aus Angst, dass Ogden mich kindisch finden könnte, streckte ich trotzig das Kinn in die Höhe. »Es besteht eine winzige Chance, dass es hinter diesem Herd steckt.«
    Ogden blickte mich an und sagte ohne Zögern: »Dann schauen wir doch gleich mal nach.« Er zog seine Jacke aus und legte sie auf die Arbeitsplatte. Dann packte er den Herd an den hinteren Ecken und fing an zu ziehen. Der Herd war fest in die Küchenzeile eingepasst, doch Ogden bewegte ihn zentimeterweise nach vorn, indem er ihn immer wieder vor- und zurückkippte. In der Zwischenzeit holte ich eine alte Taschenlampe aus dem Schrank unter der Spüle. Als der Herd etwa fünfzehn Zentimeter von der Wand entfernt war, legte ich mich über die Arbeitsplatte, schaltete die Taschenlampe ein und leuchtete in den Spalt hinunter. Zwischen Wollmäusen, Kabeln und Anschlüssen, einer Küchenzange, einem Holzlöffel und einem Salzstreuer lag das Tagebuch meiner Mutter. Vor Überraschung blieb mir der Mund offen stehen, als ich Ogden anblickte.
    »Es ist tatsächlich da!«
    Ich räumte meinen Platz, damit Ogden sich über den Herd beugen und mit seinem langen Arm in den Spalt greifen konnte. Er zog das Buch hervor, blies den Staub vom Umschlag und überreichte es mir freudestrahlend.
    »Unglaublich«, murmelte ich. Es musste wenige Tage vor dem Tod meiner Mutter hinter den Herd gerutscht sein. Das Buch war kleiner, als ich es in Erinnerung hatte, und der schwarze Lederumschlag fühlte sich so geschmeidig an wie Butter. Ich blätterte ein paar Seiten um. Beim Anblick der geschwungenen Handschrift meiner Mutter wurde mir das Herz ganz schwer.
    »Setz dich doch«, schlug Ogden behutsam vor. Als ich mich nicht rührte, nahm er mich am Ellenbogen und führte mich zur Couch. Ich ließ mich auf das Polster fallen. Maracuja-Baisers. Ingwerkekse. Apfel-Zimt-Empanadas. Kokosnuss-Flans. Die Rezepte waren alle auf Englisch – meine Mutter hatte gewollt, dass ich sie eines Tages las. Doch die Tagebucheinträge, die zwischen die Rezepte eingestreut waren, hatte sie auf Spanisch geschrieben. Ich blätterte das Buch vorsichtig durch. Ungefähr in der Mitte brachen die Einträge ab. Noch so viele leere Seiten! Vor Trauer schnürte es mir den Hals zu. Sie war nicht weit gekommen.
    Die letzten Seiten waren alle auf Spanisch. Keine Rezepte mehr, sondern nur noch Tagebuchnotizen. Ich las langsam Zeile für Zeile und übersetzte sie mir, so gut ich konnte. Als mir klar wurde, was ich da las, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich war so in die Aufzeichnungen meiner Mutter vertieft, dass ich sogar Ogdens Anwesenheit vergaß, und fuhr vor Schreck zusammen, als auf einmal die Haustür aufging.
    »Annie?«, rief Tad und betrat mit gerunzelter Stirn das Wohnzimmer. Lolly folgte ihm. In ihrem kornblumenblauen Seidenkleid wirkte sie merkwürdig blass. Die beiden starrten erst Ogden und dann mich an. »Ist alles in Ordnung? Was macht ihr hier?«
    »Ich … ich habe das Buch meiner Mutter gefunden«, sagte ich tonlos. Ich hielt ihnen das Buch hin, als würde das alles erklären, und presste es mir dann schnell wieder an die Brust.
    »Wir haben von dem Brand erfahren«, sagte Tad mitfühlend. »Inspector Ramirez …«
    Lolly fiel ihm ins Wort. »Wir wollten gleich ins Krankenhaus kommen, aber wir warten immer noch auf Nachricht

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