Das Bienenmaedchen
wäre es gern. Ich möchte nach London, und ich brauche Sie, damit Sie mir helfen. Ich helfe Ihnen, und Sie helfen mir, verstehen Sie?«
Sie schaute ihn verblüfft an.
»Ich muss nach London«, wiederholte er.
»Warum?«
»Das brauchen Sie nicht zu wissen. Ich habe beobachtet und den richtigen Augenblick abgewartet. Ich möchte, dass Ihre Freunde für mich nach London telegrafieren und mitteilen, dass ich sehr wichtige Informationen habe und nach England geflogen werden muss.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden!«, sagte Beatrice. »Sie machen mir Angst!«
Er schenkte ihr ein eiskaltes kleines Lächeln. »Ich glaube, das wissen Sie sehr wohl.«
»Ich muss jetzt gehen. Ich habe eine Verabredung.« Sie öffnete ihre Handtasche, nahm ein paar Münzen aus ihrem Portemonnaie und legte sie auf den Tisch. Dann sah sie ihm in die Augen und sagte: » Adieu . Wenn Sie mir folgen, dann rufe ich … um Hilfe!«
Wieder lächelte er, und ein Schauder der Furcht durchfuhr sie.
»Was hat er gewollt?«
»Das habe ich dir doch erzählt. Er hat gesagt, dass er nach London fahren will und Informationen hat.«
»Das ist eine Katastrophe! Er hat herausgefunden, wer du bist!«
»Nicht, wer ich bin, sondern nur, dass ich nicht die bin, die ich zu sein vorgebe. Ach, ich weiß es nicht.«
»Zumindest hast du das Richtige getan«, sagte Rafe. Er versucht, sich selbst zu beruhigen, dachte Beatrice, ebenso wie sie. Die beiden saßen in dem kleinen Wohnzimmer, wo sie Rafe angetroffen hatte, als sie zurückgekehrt war. Hier verbrachte er die meiste Zeit. Er quälte sich mit Papieren auf dem Schreibtisch herum oder ging wie jetzt auf und ab. Manchmal stand er nur am Fenster, mit den Händen in den Taschen, und starrte hinaus auf die Felder.
»Was hätte ich sonst tun sollen?«
Nachdem sie den Mann, der sich André nannte, verlassen hatte, war sie aufs Geratewohl in eine der kleinen Straßen gelaufen, die von dem Platz abzweigten. Sie war die Gasse entlanggeeilt, mehrere Male nach links und nach rechts abgebogen und hatte sich schließlich so verirrt, dass sie nach dem Weg zum Bahnhof hatte fragen müssen. Es war nicht möglich gewesen, die Nachricht zu übermitteln.
»Was sollen wir tun?«
Rafe dachte eine Weile nach. »Wir müssen Buckmaster benachrichtigen und sehen, was er dazu sagt. Und wir sollten besser so viel wie möglich über diesen Burschen rausfinden. Ich werde ihn von Stefan beschatten lassen. Und in der Zwischenzeit …«
»Was?«
»Weitermachen wie bisher. Vielleicht ist er bloß ein bisschen verrückt oder arbeitet auf eigene Faust, wie er behauptet. Wir haben keinen Grund anzunehmen, dass er außer über dich noch über jemand anderen Bescheid weiß.«
»Aber natürlich weiß er mehr! Sonst hätte er doch nicht im Café gesessen und gewartet, als ich am ersten Tag durch die Tür getreten bin. Oh Rafe!« Sie stellte sich vor ihn und blickte auf sein unglückliches Gesicht. »Und nein: Erzähl mir nicht wieder, ich hätte nicht herkommen sollen. Das ist es nicht, was mir Sorgen macht. Mir geht es um den Erfolg des Auftrags! Kaum bin ich hier, und schon scheine ich ihn ruiniert zu haben. Ich platze vor Wut!«
»Das ist wohl kaum dein Fehler«, sagte Rafe. Er schob die Hände in die Taschen und sah sie mit düsterer Miene an.
Sie sehnte sich danach, die Arme auszustrecken, sie um ihn zu legen und ihn zu trösten, aber etwas in seiner Haltung warnte sie davor. Nichts fühlte sich hier natürlich an. Immer war da das Gefühl, dass sie beobachtet wurden, dass der Feind jeden Augenblick an die Tür klopfen konnte und sie entdeckt wurden. In der Stadt war das schon ein- oder zweimal passiert. Im Café wurde manchmal leise über diese oder jene Familie oder Person gesprochen, die gefangen genommen und irgendwohin verschickt worden war. Die Leute wurden ergriffen – ohne Vorwarnung und manchmal auch, ohne Spuren zu hinterlassen.
Am Ende gelangte die wichtige Botschaft auf anderem Wege zu dem Haus in Périgueux. André erschien ein paar Tage lang nicht im Café, aber sogar das machte Beatrice nervös. Stefan berichtete, dass der Mann in einem Hotel in Limoges wohne. Die Deutschen ließen ihn ohne Belästigungen kommen und gehen.
Vielleicht hatte er befunden, dass er sich mit seinen Annahmen über sie geirrt hatte, oder er akzeptierte ihre Ablehnung. Gerade als sie anfing, sich einzureden, dass er es bei ihr aufgegeben hätte, tauchte er wieder auf. Er saß an seinem üblichen Tisch und lächelte sie an, als er wie
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