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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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verfolgt wurde.
    Es war der Mann, den sie am Tag ihrer Ankunft im »Café le Coq« gesehen hatte. Er hatte seine Aktentasche nicht bei sich, aber sie hatte ihn bemerkt, als er im Zug an ihrem Abteil vorbeigegangen war. Seit diesem Moment fühlte sie sich nicht mehr sicher.
    Als sie in Périgueux ankam, hatte sich ihre Angst fast wieder gelegt, aber dann hatte sie ihn vor sich auf dem Bahnsteig gesehen. Sie war stehen geblieben und hatte gewartet, bis sie glaubte, dass er den Bahnhof verlassen hätte. Doch als sie dann die lange Allee zum Platz vor der Kathedrale hinuntergegangen war, hatte sie sich ein paarmal umgedreht und ihn entdeckt. Sie hatte ihre Schritte beschleunigt und beschlossen, sich in ein Café zu setzen, um zu sehen, was er als Nächstes tun würde.
    Vor dem eleganteren der beiden Cafés am Platz standen zwei Nazi-Offiziere, die mit einem älteren, vornehm gekleideten Franzosen plauderten und lachten. Sie ging an ihnen vorbei zu dem kleineren, einfacheren Café, setzte sich draußen an einen Tisch und bestellte einen Kaffee. Während sie wartete, betrachtete sie die Kathedrale: ein erstaunliches Bauwerk, das einen rechteckigen Glockenturm, dessen Spitze an eine Ananas erinnerte, mit einem Dach aus brustwarzenähnlichen Kuppeln verband. Sie dachte gerade über den merkwürdigen Gegensatz zu den Bauwerken der englischen Gotik nach, als sie den Mann erblickte, der ihr gefolgt war. Er stand am Rand des Platzes und schaute sie direkt an.
    Was er dann tat, verblüffte sie. Er kam zu ihr an den Tisch und fragte, ob er sich zu ihr setzen dürfe. Sie sah sich rasch um. Das Café war gut besucht, sodass es unhöflich gewesen wäre, das abzulehnen. Ihr fiel ohnehin kein Grund dafür ein, der nicht sein Misstrauen erregen würde. Also zuckte sie mit den Schultern und starrte auf den Platz hinaus, während er einen Stuhl unter dem Tisch hervorzog.
    »Sie finden sie hässlich, n’est-ce pas ? Ich sehe es in ihren Augen.«
    »Wie bitte?«
    »Die Kathedrale. Sie gefällt Ihnen nicht.«
    Brigitte hatte recht gehabt, was sein seltsames Französisch mit dem rollenden R betraf. Beatrice fragte sich, ob er ein Deutscher sein könnte.
    »Wieso sollte sie mir nicht gefallen? Es ist eben die Kathedrale. Ich hab vor mich hingeträumt. Ist es jetzt ein Verbrechen, mit offenen Augen zu träumen?«
    Der Kellner kam mit ihrem Kaffee, und der Mann bestellte ebenfalls einen. »Ich werde für den Kaffee der Dame bezahlen«, fügte er hinzu.
    »Oh nein.«
    »Ach, warum denn nicht! Ich möchte mit Ihnen reden. Ich habe Sie im ›Café le Coq‹ gesehen.«
    »Ich arbeite dort.« Sie beobachtete, wie die Nazi-Soldaten die Hand des eleganten alten Herrn schüttelten und dann fortgingen.
    »Mein Name ist André«, sagte er. »Und Sie … Ich habe gehört, dass man Sie Paulette nennt.«
    »Ja«, erwiderte sie. »Das Café gehört meiner Cousine und ihrem Mann.« Wenn sie versuchte, so zu klingen, als wäre sie empört über seine Unverfrorenheit, würde er vielleicht nicht merken, wie nervös sie war.
    »Aber sie ist nicht wirklich Ihre Cousine.«
    »Wie kommen Sie darauf? Natürlich ist sie das. Keine Cousine ersten Grades. Das heißt, sie und meine Mutter sind Cousinen ersten Grades.« Sie bekam Angst.
    »Nein. Sie brauchen nichts mehr zu sagen, aber ich denke, wir wissen beide, wovon ich spreche.«
    Beatrice griff nach ihren Sachen und stand auf, wobei sie versuchte, sehr jung und sehr schockiert zu wirken.
    Er legte seine Hand auf ihren Arm und sagte: »Es ist alles in Ordnung. Ihr Geheimnis ist bei mir sicher.« Seine Augen flogen rasch über den Platz zu der Stelle, wo die deutschen Soldaten nun standen und einer Gruppe von Kindern zusahen, wie sie Himmel und Hölle spielten.
    »Ich muss gehen«, entgegnete Beatrice. »Sie sind sehr unhöflich.« Seine Hand schloss sich um ihren Arm, und sein Griff wurde stärker. Sie setzte sich wieder. Ihr blieb nichts anderes übrig.
    »Nun, Paulette«, sagte er. »Kein Grund, eine Dummheit zu machen, oder?«
    »Ich sollte gehen«, erklärte sie. »Meine Mutter hat gesagt –«
    Er warf den Kopf zurück und lachte. Es war ein rollendes, unbekümmertes Lachen. Dann beugte er sich vor und flüsterte: »Ihre Mutter ist weit weg, nicht wahr? In England vielleicht.«
    Sie schwieg, und er ließ ihren Arm frei.
    »Lassen Sie mich deutlich werden. Ich bin nicht einer von denen.« Er schaute wieder zu den Soldaten. »Ich bin auch nicht einer von Ihren Leuten, wenn Sie verstehen, was ich meine. Aber ich

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