Das Bienenmaedchen
schwarz.«
»Ein paar sind braun«, behauptete Peter und sah seinen Bruder finster an.
»Beatrice ist keine Hummel, sondern eine Honigbiene, nicht wahr?« Angie nahm sie an der Hand.
»Sie sind ziemlich braun.«
»Trotzdem, ich glaube, ich mag Honigbienen am liebsten«, erklärte Angie.
»Ich auch«, sagte Beatrice.
Es waren noch zwei Monate bis zum Unterrichtsbeginn im September. Für Beatrice schlich die Zeit dahin. Ein- oder zweimal wurde sie während des Sommers ins Haus oben eingeladen und verbrachte dort wundervolle, beglückende Zeiten. Dann, an einem glühend heißen Tag Anfang August, wurde Angelina dreizehn. Beatrice wurde zu einem Picknick am Strand eingeladen, aber aus irgendeinem Grund waren alle verstimmt. Sie war verwirrt, als sie sah, dass Angelinas Augen rot gerändert waren und ihr schöner Mund herabhing. Ed brachte sie alle dazu, auf dem feuchten Sand oberhalb der Küstenlinie Kricket zu spielen.
Peter gelang ein fantastischer Wurf. »Du bist draußen, Angie«, behauptete er. Das Mädchen schleuderte mit einem Schrei den Schläger auf den Boden und marschierte den Strand hoch zu Mrs Wincanton, die gerade das Picknick einpackte. Beatrice sah, wie Angie sich in den Schoß ihrer Mutter warf. Oenone umarmte sie fest, während sie untröstlich schluchzte.
Hetty sah Beatrice’ Verwirrung.
»Daddy sollte eigentlich heute kommen«, erklärte sie wichtigtuerisch. »Aber er hat angerufen und gesagt, dass er nicht kommt, und deshalb ist sie so durcheinander. Angie empfindet die Dinge sehr tief, weißt du. Das sagt jedenfalls Mummy. Nanny meint, es tut ihr nicht gut, wenn sie so überreizt ist. Ich weiß nicht, was das bedeutet – du vielleicht?«
»Es bedeutet«, warf Peter ein, der dem vorbeigerollten Ball nachjagte, »dass du eine Petze bist, die lauscht, wenn Erwachsene miteinander reden.«
»Halt den Mund, Peter!«, schrie Hetty.
Peter tat so, als ob er den Ball nach ihr werfen würde. Stattdessen packte er sie und drückte ihr von oben Sand in den Nacken.
»Hey, Schluss damit, Pete«, rief Edward, der angelaufen kam, um Hetty zu retten. Beatrice hatte schon oft bemerkt, dass er der Friedensstifter war, der mühelos Spannungen entschärfte.
Als die anderen nach oben gingen, um ihre Strandtücher zu holen – die verordnete Stunde zur Verdauung war vorüber –, sah Angie wieder fröhlicher aus. Beatrice hörte, wie sie zu Edward sagte: »Mummy meint, er kommt vielleicht stattdessen nächste Woche.«
Nachdem die Kinder eine Weile in den Wellen geplanscht hatten, legten sie sich am Strand auf ihre Handtücher und teilten sich Flaschen mit selbstgemachter Limonade. Ihre Mutter saß hinter ihnen in den Dünen und las in einem Buch.
»Pete, wirfst du mir gleich ein paar Bälle zu?«, fragte Ed.
»Mal seh’n«, erwiderte Peter mürrisch.
»Magst du Kricket nicht?«, erkundigte sich Beatrice.
»Ist ganz nett«, antwortete Peter mit einem Schulterzucken.
Beatrice stellte fest, dass es Edward im Blut lag, bei Spielen gut abzuschneiden. Außerdem war er freundlich und ein natürlicher Anführer, der locker mit jedem Menschen und jeder Sache umging – das komplette Gegenbild zu dem armen Peter. Sie beobachtete, dass Peters Gesicht verkniffen und unglücklich wurde, wenn Angie Edward über die Schule ausfragte und dieser ihr Geschichten über Leute, die pfuschten, und über Angeber erzählte, über brutale Einführungsrituale und tyrannische Lehrer. Sie spürte, dass diese Dinge Edward nicht betrafen, fragte sich jedoch, ob Peter sie nur allzu gut kannte.
Am Samstag darauf sagte Beatrice’ Mutter beim Frühstück zu ihrem Mann: »Ich habe gehört, dass Michael Wincanton am Wochenende aus London herüberkommt. Wie schön für die Kinder!«
»Ah, unser ehrenwerter Abgeordneter«, sagte Hugh Marlow und faltete seine Zeitung so, dass er einen Artikel über die wachsende Luftwaffe Deutschlands lesen konnte. »Ich würde gern die Gelegenheit nutzen und ihn fragen, was seiner Meinung nach Herr Hitler im Schilde führt. Ich glaube nicht, dass wir diesem Burschen auch nur einen Moment trauen können. Was für eine Art von Titel ist das überhaupt, ›Führer‹? Lächerlicher Unsinn!«
»Warum wohnt Angies Vater eigentlich nicht in Carlyon Manor?«, fragte Beatrice.
»Man redet nicht mit vollem Mund«, wies Delphine sie zurecht. »Er wohnt dort, aber er muss häufig in London sein. Wenn man das Land regiert, bleibt wenig Zeit für Ferien.«
Endlich ging der August in den September über. Wenn
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