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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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mattbraunes Haar hin und her flog, jagte auf Händen und Knien zwischen den Tischbeinen hinter einem großen Wesen her, das ihr auswich: »Jacky, komm her. Jacky!«, rief sie.
    Beatrice brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass Jacky ein Bobtail war, den man mit einem Kleid und einer Mütze aufgetakelt hatte. Er schaute beschämt zu Beatrice hoch, die von einem Gefühl des Mitleids überfallen wurde.
    Hetty drängte sich knurrend an ihm vorbei, kroch zu Beatrice hinüber und zeigte ihre lückenhaften Zähne. »Rate, was ich bin, rate, was ich bin!«, kreischte sie.
    »Ein Hund?«, fragte Beatrice.
    »Falsch, sie ist ein Krokodil«, gab Peter bekannt und verdrehte dabei die Augen. »Sie ist immer ein verdammtes Krokodil. Sie ist besessen von Krokodilen.«
    »Nein, bin ich nicht! Heute bin ich ein Alligator!«, rief Hetty empört. »Und Nanny hat dir gesagt, du sollst nicht fluchen.«
    »Du bist kein Alligator, du bist ein kleines eingebildetes Ding!«
    »Oh, hört auf, alle beide!«, brüllte Edward über Hettys wutentbrannten Schrei hinweg. »Merkt ihr nicht, dass ihr die arme Beatrice erschreckt?«
    »Wie soll man hier ruhig und friedlich zum Lesen kommen?«, rief Angie, schlug das Magazin zu und stand auf. »Also wirklich, ihr alle! Was musst du von uns denken, Beatrice?« Sie lächelte träge. Mit versonnenem Blick schob sie eine gewellte Locke nach hinten, die sich aus ihrem Zopf befreit hatte.
    Aus dem angrenzenden Raum eilte eine kleine, gedrungene Frau in einer marineblauen Uniform herein. Ihr Gesicht verschwand fast hinter dem Stapel mit Brettspielen, den sie vor sich hertrug. »Seid nicht so laut, Kinder!«, befahl sie mit leiser, sich überschlagender Stimme, die gleichwohl streng klang. »Eure Mutter wird das nicht dulden.«
    »Mutter ist das egal. Nanny, mach nicht so einen Aufstand«, sagte Edward mit dem lässigen Selbstvertrauen des ältesten Sohnes, der nichts falsch machen konnte. »Sieh mal, Beatrice ist hier.«
    »Oh«, sagte Nanny und stellte die Schachteln mit den Spielen auf dem Tisch ab. »Du bist das also. Lass dich anschauen.«
    Es wurde ganz still, als die Kinderfrau die arme Beatrice eingehend musterte, die spürte, wie sie rot wurde. Sie verschränkte die Arme, sah auf ihre Füße hinab und wünschte sich die klobigen schwarzen Schuhe weg. Angie hatte hübsche Ballerinas an, was Beatrice sofort aufgefallen war. Natürlich trug Angie schöne Schuhe – da war es egal, dass die Spitzen schon abgestoßen waren. Beatrice empfand keinen Neid, nur Bescheidenheit in Anbetracht von Schönheit.
    Angie hatte Mitleid mit ihr, kam zu ihr herüber und umarmte sie ein bisschen steif. Sie duftete köstlich nach Seife und Apfel. »Mach dir nichts aus den anderen«, sagte Angie. »Sie haben kein Benehmen. Ich freue mich, dass du gekommen bist. Die Jungs sind wirklich furchtbar, aber es ist schrecklich langweilig, wenn sie in der Schule sind.«
    »Ich bin doch da!«, rief Hetty aufs Äußerste empört. »Ich bin dann doch immer noch hier.«
    Hinter ihrem Rücken gab Peter ein grunzendes Geräusch von sich.
    Angie drückte ihre vollkommenen Lippen zu einem verschwörerischen Lächeln zusammen, das zum Ausdruck brachte, dass sechsjährige Mädchen nicht zählten. Als Hetty das sah, zog sie eine gar nicht alligatorenhafte Schnute. Beatrice erwiderte Angies Lächeln und hatte das Gefühl, dass sich ihr Herz wie eine Blüte öffnete. Edward trat gegen ein Stück Kreide, auf dem Peter anschließend herumtrampelte. Der Hund setzte sich und fing an, sich auf unfeine Art zu kratzen.
    »Wenn ihr jetzt fertig seid«, sagte Nanny streng, »könntet ihr Beatrice Carlyon zeigen.«
    »Den Garten zuerst«, rief Ed. »Wir machen Brown glücklich und spielen draußen mit den Kegeln.«
    »Nein, die Küche! Ich hab Hunger.« Das war Hetty.
    »Du warst sehr gierig beim Frühstück«, beschied ihr Nanny. »Du brauchst nichts mehr.«
    »Lasst uns mit ihr zur Jau-Jauchegrube gehen«, sang Peter.
    »Sei nicht grob, Peter«, erwiderte Angie. »Wir gehen zuerst zu den Ställen, meinst du nicht auch, Bea-Biene? Ich möchte dir Cloud zeigen.«
    »Ja, zu den Ställen«, sagte Beatrice. Bea-Biene – niemand hatte ihr je einen Kosenamen gegeben. Sie dachte an das winzige hölzerne Insekt, das in den Schnitzereien im Salon eingebettet war und zu dem es eine Geschichte gab.
    »Fleißige Biene«, sagte Hetty.
    »Braune Biene«, sagte Peter und schaute auf das Kleid von Beatrice.
    »Bienen sind nicht braun, Pete. Hummeln sind golden und

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