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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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sich eine Zigarette an und sagte: »Dougie ist verrückt nach ihr. Geht uns allen damit furchtbar auf die Nerven. Sag mal, vorhin hab ich mitbekommen, dass du aus Cornwall stammst. Ich kenne die Gegend ein bisschen. Hab oft mit meiner Tante Urlaub in Newquay gemacht. Wo genau kommst du her?«
    Und Beatrice erzählte ihm von Saint Florian, von ihren Eltern und von ihrer frühen Kindheit in Frankreich. Er wiederum schilderte ihr, wie er an der walisischen Grenze nahe Hay aufgewachsen war, wo seine Familie lebte. Seine Angehörigen waren Gutsbesitzer und Bauern. Der singende Tonfall in seiner Stimme wurde ausgeprägter, als er von seinen zwei älteren Brüdern und seiner kleinen Schwester sprach, die an Hirnhautentzündung gestorben war. Nach dem Internat in Malvern hatte er sich, ein oder zwei Jahre vor Ausbruch des Krieges, um ein Offizierspatent beworben. Seine Kompanie war wie die von Rafe in Frankreich gewesen. Er war bei Dünkirchen evakuiert und von einem Fischer aus Hythe aufgenommen worden.
    »In alle Ewigkeit werde ich die weißen Klippen der Heimat mit dem Gestank von Fisch und Öl verbinden«, sagte er lächelnd. »Aber glaub nicht, dass ich nicht dankbar gewesen wäre.«
    »Ich habe einen Freund, der auch in Frankreich war.«
    »Lebt er noch?«
    »Ja, aber er ist in Gefangenschaft geraten. Wir haben jetzt schon lange nichts mehr von ihm gehört.«
    Anschließend herrschte Stille zwischen ihnen. So vieles in diesem Krieg ist mit Warten verbunden, dachte Beatrice – und damit, dass man etwas nicht weiß und kaum zu hoffen wagt.
    Die Musik nebenan hörte schlagartig auf. Stattdessen waren Stimmen zu hören, die im Streit immer lauter wurden. Eine Frau kreischte wütend, dann schlug eine Tür zu und Menschen ergossen sich auf die Straße, wo sie redeten, lachten und sich laut verabschiedeten. Danach war alles still.
    Plötzlich rief Guy: »Oh, nicht schon wieder! Hörst du?«
    Irgendwo in der Ferne heulten Sirenen. Kurz darauf kam der dumpfe Aufschlag von Bomben. Nach ein paar angespannten Minuten war es wieder ruhig.
    Beatrice schaute auf ihre Uhr. »Es ist schon nach zwei. Ich sollte zusehen, dass ich mit Judy nach Hause komme.«
    »Ich sag ihnen Bescheid.« Guy ging zur Treppe und rief hinauf. Schließlich erschienen Judy und Dougie, zerzaust und verlegen.
    »Wir bringen euch nach Hause, oder, Doug?«, sagte Guy und griff nach seinem Mantel.
    Draußen war die Temperatur noch um mehrere Grad gesunken, und bald schon schlotterten die müden und verkaterten Mädchen vor Kälte. Als sie die Hauptstraße erreichten, sahen sie glücklicherweise, dass ein Taxi anhielt. Zwei Frauen stolperten heraus, und eine von ihnen fing an, mit dem Fahrer zu streiten, bis die andere erklärte: »Geben wir ihm, was er haben will, Kath. Ich bin fix und fertig.« Sie klatschte ein paar Münzen in die Hand des Mannes und zog ihre Freundin fort.
    Dougie winkte dem Fahrer zu. Als der Wagen anhielt, riss er eine der hinteren Türen auf. »Hüpft rein, Mädels.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Beatrice zu Guy. »Ich habe diesen Abend genossen.«
    »Ich auch«, erwiderte er und gab ihr die Hand.
    Als das Taxi sie und Judy fortbrachte und die beiden Männer in der Dunkelheit verschwanden, bekam sie plötzlich Angst, dass sie ihn nie wiedersehen würde.
    »Du magst ihn, oder?«, fragte Judy und gähnte. »Hab mir gedacht, dass er dein Typ ist.«
    »Welcher Typ das auch immer ist«, entgegnete Beatrice. »Aber ich weiß nicht, ob ich ihn wiedersehe.«
    »Ich glaub schon«, murmelte Judy. »Tatsächlich würde ich darauf wetten.«
    »Dougie ist ziemlich scharf auf dich«, sagte Beatrice.
    »Ja, aber das ist nicht gut«, sagte Judy leise. »Dougie ist verheiratet. Und seine Frau wird sich nicht scheiden lassen.«
    Weihnachten schlüpfte vorüber, und 1941 kam herangeschlichen. Abgesehen von der Nacht zum 29. Dezember, als die ganze Innenstadt in Brand gesetzt wurde, wurden die Luftangriffe seltener. Dennoch behielten die Londoner ihre bewährte nächtliche Routine bei: Einige schliefen in den Schutzräumen in ihren Gärten, andere drängten sich in den U-Bahn-Stationen. Manche blieben einfach in ihren Betten liegen und hofften das Beste – dass die unbarmherzige Angst, die sie in der einsetzenden Dämmerung heimsuchte, leichter zu ertragen wäre und dass sie ihr normales Leben in einer notdürftig zusammengeflickten Version wieder aufnehmen könnten.
    Ein paar Tage nach ihrem ersten Treffen rief Guy Beatrice im Wohnheim an, und eine Woche

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