Das Biest in ihm (German Edition)
hinten. Es knackte und Ondrej stöhnte auf vor Schmerz.
„Heinrich, hab Erbarmen!“ Er wand sich unter Michals Griff, starrte ihn flehend an. Er war so jung, so dumm, so leich t fertig mit dem eigenen Leben.
„Heinrich?“
Michal wartete auf weitere Anweisungen. Er war Ondrejs Freund. Dass er ihn eing e fangen hatte , war ein Vertrauensbeweis der Gemeinschaft gege n über.
„Heinrich, bitte!“
Marek löste sich wie ein Geist aus dem Sc hatte n der Mauer und schlug Ondrej ins G e sicht. Dunkles Blut tropfte aus der Nase des Jungen. Als Marek seine Hand wieder hob, griff Michal seinen Arm.
„Der Junge muss noch reden können.“
„Der Junge kommt aus demselben Drecksloch von Heim wie ich. Dort redet man nicht. Man hungert.“
Dünn wie Angelschnur waren sie gewesen. Und ebenso durchsichtig. Maria hatte sie mit Speck und Karnickel füttern müssen, damit sie wieder fest auf den Beinen stehen konnte n. Undankbarer Bastard!
„Was hat dir der Deutsche versprochen, wenn du die Gemeinschaft verrätst und dafür bei ihm unterkriechst?“ Wenn er das Biest in die Pranken beko m men würde, würde er Hackfleisch aus ihm machen.
Ondrej spuckte Blut aus. „Freiheit.“
„Freiheit für ein Biest?“ Heinrich musste lachen. Biestern gebührte keine Freiheit, so n dern eine Kugel in den Kopf.
Ondrej schrie auf. „Das sind wir nicht immer!“
„Doch, mein Sohn. Innen schon.“
Ondrej schluchzte, verschluckte sich und spuckte wieder aus. „Ich will ein Leben, Hei n rich!“
Das hatte er ihnen gegeben. Ihnen allen. In den Schluchten des Riesengebirges waren sie sicher vor den Menschen und ihren Waffen. Und die Menschen waren sicher vor ihnen.
Ondrej heulte Rotz und Wasser. „Wir hausen in Höhlen wie Tiere und so b e handelst du uns auch.“
„Weil wir Tiere sind!“ Marek lachte gehässig. „Oder wie nennst du das Geschöpf, das du im Spiegel siehst, wenn dir der Schwanz hochsteht?“
Der Kerl war ein eiskalter Fisch. Transformierte nie. Egal, was man unter ihn legte. Die Weiber standen Schlange, um sich mit ihm zu paaren und schrien im Rausch lauter als er.
„Ich habe sie nicht verletzt!“
Es wurde Zeit, ihm das Maul zu sto p fen.
„Weil wir es nicht so weit haben kommen lassen.“ Michal schüttelte ihn. Sein Gesicht war ebenso ve r zerrt wie Ondrejs.
„Ich hätte es geschafft!“
„Einen Dreck hättest du! Oder war der Zahn, den ich dir ausgeschlagen habe, aus de i nem Milchgebiss?“
Ondrej sackte in Michals Griff zusammen. Ob aus ihm je ein funktionierendes Mi t glied der Gemeinschaft geworden wäre? Jetzt war der Zug abgefahren. Er war dem Lockruf eines fremden Biestes gefolgt, das ihm lächerliche Versprechu n gen machte und aus dem Westen seine Krallen nach Anhängern ausstreckte. Ondrej war nur einer von vielen Übe r läufern. Einen hatte n sie bei der Verfolgung zur Strecke gebracht, fünf waren ihnen durch die Lappen gegangen. Zum Teufel mit der modernen Kommunikation s technik! Ohne sie wäre auch für Biester ein würdiges Leben in Ruhe und Abgeschiede n heit möglich. Frei von Krieg und Zwietracht unter den ohnehin schon schrumpfenden Populationen der Gestaltwandlergemei n schaften.
Ein paar Jahre hatte es Heinrich geschafft, Rivalenkämpfe zu vereiteln. Jetzt hing wi e der ein Krieg in der Luft. Er konnte es wittern. Ein Krieg gegen einen Feind, den er noch nicht kannte. Doch das würde er ändern.
„Ondrej, mein Junge.“ Ondrej wurde blass, senkte den Blick. „Du weichst mir aus? Mir, deinem Ziehv a ter?“
Wer mit ihm sprach, hatte ihm in die Augen zu sehen. Er trat ihm die Beine weg. Es tat weh, wenn das ganze Gewicht an den Gelenken zerrte. Was hatte Ondrej gedacht? Dass es ein Zuckerschlecken wäre, seine Gemeinschaft zu hintergehen?
„Ich frage, du antwortest.“
Ondrej rappelte sich auf und reckte das Kinn. „Ich will leben, so, wie ich bin!“
„Dann wirst du sterben, so wie du bist.“ Er war nicht der Erste, der unbeleh r bar war. Er würde auch nicht der Letzte sein.
„Warum?“ Gegen Michals Kraft kam der Kleine nicht an. Da konnte er za p peln, wie er wollte. „Weil du es sagst? Du lügst! Du willst uns kleinhalten, gefügig machen. Ich hasse dich!“
Was für ein mutiger Wicht . Dabei zeigte er kaum Bartwuchs und die Karnickel mus s ten ihm nach der Jagd vorgekaut werden.
„Du willst reißen?“
„Ich will frei sein!“
„Du willst morden?“
„Leben!“
„Du willst deinen haarigen Schwanz in alles stecken, was zwei Beine
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