Das Biest in ihm (German Edition)
los, macht ’ s gut.“ Je schneller sie wegkam, desto besser. Sie würden in ihrer Gegenwart nicht diese heiklen Di n ge wie Einzelgänger und ihre Untaten bereden. Ihre Brüder schützen sie so gut es ging vor den Machtkäm p fen benachbarter Gemeinschaften und das Gleiche galt für streunende Biester.
„Komm, ich fahr dich.“
Marcel legte den Arm um sie und küsste vor Egmonts spitzer Nase ihre Wange. Sie spürte seinen Blick im Nacken, als sie den Raum ve r ließ. Kaum war die Tür zu, legte sie ihr Ohr dagegen. Sie musste wissen, was da drin besprochen wurde. Marcel schüttelte seufzend den Kopf.
„Tu es dir doch nicht an, Nina. Das bringt doch nichts . “
Nina legte den Finger auf den Mund. Von drinnen drangen gedämpfte Worte an ihr Ohr.
„Kennen wir ihn?“ Jeans Stimme brummte durch das Holz.
„Nathan weiß es nicht.“ Egmont sprach zu leise. Sie konnte ihn kaum verst e hen.
„Aber er reißt Tiere und verschleppt die Beute.“
„Wieso frisst er sie nicht auf?“
„Jean, nicht jeder ist wie du.“ Das war Lucas.
„Ein Jogger wurde angefallen. Er ist noch nicht vernehmungsfähig.“
„Sagt wer?“
„Der Polizeifunk.“
„Und?“
„Kratzspuren, tiefe Schnitte, Bisse. Die Bullen tippen auf Wölfe.“
„Lächerlich.“
„Könnte es Vater sein?“ Da war sie, die Frage. Und Gabriel hatte den Mut g e habt, sie zu stellen.
„Wer weiß das schon?“ Egmont lachte gehässig. „Vielleicht will er seine Lieben wieder einmal heims u chen?“
Für seine Kaltschnäuzigkeit würde sie ihm eines Tages alles abreißen, was abstand . Marcel schob seine Hand zwischen ihr Ohr und die Tür.
„Du hast genug gelauscht. Los jetzt.“
Ihr Magen verkrampfte sich. „Es ist Vater.“
„Das ist noch nicht raus.“
Er verzog keine Miene, schob sie vor sich her den Korridor entlang und hielt ihr die schwere Stahltür zum Parkplatz auf. Es durfte nicht Vater sein. Ein zweites Mal würden sie ihn nicht entkommen lassen.
„Steig ein.“ Er half ihr ins Auto und sein flüchtiges Lächeln enttarnte ihn als Lügner.
„Du weißt mehr, als du sagen willst.“
„Nein, Nina. Das Thema geht dich nichts an.“
„Marcel!“
Seine Hände sanken aufs Lenkrad und er starrte trübsinnig in den grau verhangenen Frühlingstag. „Wir wissen noch nichts. Du hast es gehört. Also reg dich nicht auf.“
Sie versuchte , sich zu entspannen, doch die Bilder in ihrem Kopf zwangen sie, sie anz u sehen. Die winzige Wohnung war überfrachtet mit Sinnlosigkeiten. Ihre Mutter stand in der Diele und schrie wie am Spieß. Es brauchte kaum einen A n lass. Sie schrie auch noch, als Ninas Vater längst g e flohen war.
Marcel ließ den Motor an. „Hey, Kleine . Nicht blass werden. Es ist nicht so wie früher, hörst du?“ Seine Hand lag warm in ihrem Nacken. „Er wird euch nichts antun.“
Vater hatte ihr nie etwas angetan. Nicht absichtlich. Doch er würde sie aus ve r zweife l ten Tieraugen heraus ansehen. Und ihr würde das Herz brechen.
Der Aufzug ratterte nach oben. Sein diffuses Licht verstärkte Ninas Traurigkeit. Die T ü ren schoben sich auf und der kahle Flur empfing sie mit viel zu vielen T ü ren. Eine war ihre. Dahinter war sie allein. Sie würden ihn jagen, töten und ve r scharren. Weil er ein Biest war, das sich nicht zähmen ließ. Wenn Nathan die Ausbildung ihrer Brüder nicht übe r nommen hätte, würden sie auch Menschen a n fallen? Würde sie sich vor Marcel oder Jean fürchten müssen?
Sie warf den Schlüssel auf die Spiegelablage. Die Brieftasche fiel runter und klappte auf. Vincent Fabius. Er musste bis morgen warten.
„Vincent! Wach auf, die Polizei steht vor der Tür!“
Pauls Panik verscheute seinen Albtraum. Er hatte in Blut gebadet, einen unglaublich i n tensiven Liebesrausch erlitten und jeder Zentimeter seines Körpers schmerzte. Paul rütte l te unbarmherzig an ihm, zog die Decke weg, schnappte nach Luft, legte sie wieder auf ihn.
„Was ist mit dem Pyjama, den ich dir zu Weihnachten geschenkt habe?“
„Er kratzt.“
„Er ist aus Satin.“
„Dann ist er zu eng.“
„Vincent! Die Bullen warten auf dich!“
Behutsam öffnete er ein Auge. Es ging. Er öffnete auch das andere. Paul hatte hekti sche Flecken im Gesicht. „Sind es deine Freunde mit den Schnauzbärten und den Leder westen?“
„Das ist kein Witz, Vincent.“ Pauls Augenlid zuckte. Gleich würde auch die Lippe z u cken, dann eine kleine Stelle rechts unten am Kinn.
„Haben sie gesagt, was sie
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