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Das Bild

Das Bild

Titel: Das Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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rollte mit seinem Stuhl hastig an dem Schild mit der
Aufschrift ZU DEN TOILETTEN vorbei.
Nur eine, dachte er. Nur eine, die allein dorthin kommt und
mir sagen kann, wo Rose hingegangen ist, wenn sie nicht
hier ist. Wenn sie in San Francisco ist, folge ich ihr dorthin.
Wenn sie in Tokio ist, folge ich ihr dorthin. Und wenn sie in
der Hölle ist, folge ich ihr dorthin. Warum nicht? Wahrscheinlich landen wir sowieso dort, und wahrscheinlich in
einem gemeinsamen Haushalt.
Er ging durch einen kleinen Hain von Zierfichten und ließ sich
einen Hang zu einem Backsteingebäude ohne Fenster, aber mit je
einer Tür an jedem Ende, hinunterrollen-Männer rechts, Frauen
links. Norman rollte an der Tür mit der Aufschrift FRAUEN vorbei und parkte auf der anderen Seite des Gebäudes. Norman hielt es
für einen ausgesprochen vorteilhaften Platz - ein schmaler Streifen
gestampfte Erde, eine Reihe Mülleimer aus Plastik, und ein hoher
Bretterzaun, der für Abgeschiedenheit sorgte. Er stand aus dem
Rollstuhl auf und spähte um die Ecke des Gebäudes, wobei er den
Kopf immer weiter nach vorne schob, bis er den Weg sehen konnte.
Er fühlte sich wieder in Ordnung, ruhig und gelassen. Kopfschmerzen hatte er immer noch, aber sie waren zu einem dumpfen
Pochen abgeklungen.
Zwei Frauen kamen aus dem Hain - nicht gut. Das war selbstverständlich das Schlimmste an seinem momentanen Beobachtungsposten - die Tatsache, daß Frauen häufig zu zweit aufs Klo
gingen. Was machten sie da drinnen, um Himmels willen? Aneinander rumfingern?
Die beiden gingen rein. Norman konnte sie durch die Lüftungsklappe hören; sie lachten und sprachen über jemand namens Fred.
Fred machte dies, Fred machte das, Fred machte was anderes.
Scheinbar war Fred der Supertyp. Jedesmal, wenn die Frau, die
redete, eine Pause machte, um Luft zu holen, kicherte die andere,
ein so abgehacktes Geräusch, daß Norman sich fühlte, als würde
jemand sein Gehirn in Glasscherben rollen, wie ein Bäcker einen
Krapfen in Zucker. Aber er blieb stehen, wo er war, damit er den
Pfad im Auge behalten konnte, und er stand vollkommen reglos,
abgesehen von seinen Händen, die er ballte und spreizte, ballte und
speizte.
Schließlich kamen sie heraus, redeten immer noch über Fred,
kicherten immer noch, gingen so dicht nebeneinander, daß ihre
Hüften und Schultern aneinander streiften, und Norman mußte
alle Anstrengung aufbieten, daß er nicht hinter ihnen herlief und
ihre Nuttenköpfe packte, einen mit jeder Hand, damit er sie gegeneinander schlagen und zerschmettern konnte wie zwei mit Sprengstoff gefüllte Kürbisse.
»Nicht«, flüsterte er sich zu. Große, klare Schweißtropfen liefen
ihm am Gesicht hinab und standen auf seinem frisch rasierten
Schädel. »Oh, nicht, jetzt nicht, um Himmels willen, mach es jetzt
nicht kaputt.« Er zitterte, seine Kopfschmerzen waren in voller
Stärke wieder da und hämmerten wie eine Faust. Die grellen Zickzacklinien tanzten am Rand seines Gesichtsfelds, und sein rechtes
Nasenloch tropfte.
Die nächste Frau, die des Wegs kam, war allein, und Norman
kannte sie - weißes Haar oben, häßliche Krampfadern unten. Die
Frau, die ihm das Joghurteis am Stiel spendiert hatte.
Ich hab auch einen Stiel für dich, dachte er, und ein Ruck
durchfuhr ihn, als sie den Asphaltweg herunterkam. Ich hab einen
Stiel für dich, und wenn ich nicht augenblicklich die Antworten bekomme, die ich suche, dann wirst du jeden Zentimeter davon runterschlucken.
Dann kam noch jemand aus dem kleinen Hain. Auch die hatte
Norman schon gesehen - die fette, neugierige Nutte im roten Trägerrock, die ihn angestarrt hatte, als der Kerl im Kartenhäuschen
ihn zurückgerufen hatte. Wieder verspürte er dieses nervtötende
Gefühl, daß er sie kannte, als würde einem ein Name auf der
Zunge liegen, aber jedesmal zurückweichen, wenn man ihn
aussprechen wollte. Kannte er sie wirklich? Wenn er nur nicht
diese Kopfschmerzen
Sie schleppte immer noch diese riesige Handtasche mit sich
herum, die wie ein Aktenkoffer aussah, und sie kramte darin
herum. Was suchst du, Dickmadam? dachte Norman. Ein paar
Twinkies? Ein paar Schokoriegel? Vielleicht ein
Und plötzlich fiel es ihm ein, einfach so. Er hatte in der Bibliothek von ihr gelesen, in einem Zeitungsartikel über Daughters and
Sisters.Dort war sie sogar abgebildet gewesen, in einer geduckten,
albernen Karatehaltung, aber sie hatte weniger Ähnlichkeit mit
Bruce Lee als mit einem extragroßen Wohnmobil. Sie war das Miststück, das dem Reporter gesagt

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