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Das Bild

Das Bild

Titel: Das Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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dorthin.«
»Sie verstehen nicht«, sagte Gert. Sie holte tief Luft und
bemühte sich, gelassen weiterzusprechen. »Es ist ein Problem, bei dem nur Sie mir helfen können.«
»Das macht vierundzwanzig Dollar«, sagte der Kartenverkäufer zu dem jungen Paar auf der anderen Seite des Fensters, »und sechs zurück. Schönen Tag.« Zu Gert, immer
noch ohne den Kopf zu drehen: »Ich bin beschäftigt, Lady,
falls Sie es nicht bemerkt haben. Wenn Sie sich darüber
beschweren wollen, wie die Spiele aufgezogen werden, oder
etwas in der Art, dann watscheln Sie einfach rüber zur Information und -«
Das reichte; Gert hatte nicht die Absicht, sich von diesem
Kerl sagen zu lassen, daß sie irgendwo hinwatscheln sollte,
schon gar nicht in diesem unerträglichen Die-Welt-ist-voller
Idioten-Tonfall. Vielleicht war die Welt voller Idioten, aber sie
war keiner, und sie wußte etwas, das dieser überhebliche
Blödmann nicht wußte: Peter Slowik hatte über achtzig
Bißwunden gehabt, und es war nicht unmöglich, daß der
Mann, der dafür verantwortlich war, sich im Moment hier
befand und nach seiner Frau suchte. Sie betrat die Kabine
es wurde eng, aber sie schaffte es - und packte den Verkäufer
an den Schultern seines blauen Uniformhemds. Sie drehte
ihn herum. Auf dem Namensschild an seiner Brusttasche
stand CHRIS. Chris starrte in Gerts dunkles Mondgesicht
und schien es nicht fassen zu können, daß ihn eine Kundin
angefaßt hatte. Er machte den Mund auf, aber Gert sprach,
ehe er einen Ton herausbekam.
»Mund halten und zuhören. Es besteht die Möglichkeit,
daß Sie heute morgen einem sehr gefährlichen Mann eine
Tageskarte verkauft haben. Einem Mörder. Also kommen Sie
mir nicht damit, was für einen schweren Tag Sie gehabt
haben, Chris, weil mir das nämlich scheiß -e-gal ist.«
Chris sah sie mit vor Überraschung aus den Höhlen quellenden Augen an. Bevor er seine Stimme oder seine Haltung
wieder erlangen konnte, hatte Gert eine etwas unscharfe
gefaxte Fotografie aus der Tasche geholt und hielt sie ihm
unter die Nase. Detective Norman Daniels. Leiter des Drogenfahndungsteams, lautete die Bildunterschrift.
»Sie müssen zum Wachpersonal«, sagte Chris. Sein Tonfall
klang gekränkt und verdrossen zugleich. Hinter ihm hob der
erste Mann in der Schlange
- er trug einen idiotischen
Mr.-Magoo-Hut und ein T-Shirt mit der Aufschrift BESTER
GROSSVATER DER WELT
- plötzlich eine Videokamera und
begann zu drehen; scheinbar rechnete er mit Handgreiflichkeiten, so daß er seinen Film später an eine der RealityShows verkaufen konnte.
Wenn ich gewußt hätte, was für ein Spaß das ist, hätte ich nicht
gezögert, dachte Gert.
»Nein, da will ich nicht hin, jedenfalls noch nicht; ich will
zu Ihnen. Bitte. Sehen Sie sich dieses Bild nur kurz an und
sagen Sie mir -«
»Lady, wenn Sie wüßten, wieviel Leute ich an einem einzi
gen Tag zu sehen be -«
»Denken Sie an einen Mann im Rollstuhl. Ziemlich früh.
Vor dem großen Ansturm, okay? Großer Typ. Kahl. Sie haben
sich aus der Kabine gelehnt und ihm nachgerufen. Er ist
zurückgekommen. Er muß sein Wechselgeld vergessen
haben, oder so was.«
Chris’ Augen leuchteten auf. »Nein, das war es nicht«,
sagte er. »Er dachte, er hätte es mir passend gegeben. Ich
weiß es, weil es ein Zehner und zwei Einer waren. Er hatte
entweder den Preis einer Tageskarte für Behinderte vergessen, oder er hat ihn gar nicht gewußt.«
Klar, dachte Gert. Genau so was würde ein Mann vergessen,
der nur so tut, als wäre er ein Krüppel, wenn ihm andere Sachen
durch den Kopf gehen.
Mr. Magoo war offenbar zum Ergebnis gekommen, daß
doch keine Schlägerei stattfinden würde, und hatte die
Videokamera gesenkt. »Könnte ich bitte eine Karte für mich
und meinen Enkel haben?« fragte er durch das Sprechloch.
»Halten Sie die Luft an«, sagte Chris. Ein Charmeur, wenn
Gert je einen kennengelernt hatte, aber dies war nicht der
geeignete Zeitpunkt, ihm Tips zu geben, wie er sein Benehmen aufpolieren konnte. Die Situation erforderte Diplomatie. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, resigniert und bedrängt, hielt sie ihm das Bild noch mal hin und sprach
mit einer sanften Erleuchte-mich-O-weiser-Mann-Stimme
weiter.
»War das der Mann im Rollstuhl? Stellen Sie ihn sich ohne
Haare vor.«
»Oh, Lady, kommen Sie! Er hatte auch noch eine Sonnenbrille auf.«
»Versuchen Sie es. Er ist gefährlich. Wenn auch nur die
kleinste Möglichkeit besteht, daß er hier ist, muß ich mit
Ihrem Wachpersonal sprechen.«
Boing, das war ein

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