Das Bild
trug Turnschuhe, daher spürte er die Treffer kaum. Er ließ
ihre Taille mit einer Hand los, zog die Tür hinter sich zu und schob
den Riegel vor. Ein rascher Rundumblick, um sicherzustellen, daß
außer ihnen beiden niemand da war. Samstag, später Nachmittag,
freies Wochenende, eigentlich durfte niemand da sein … und es
war niemand da. Der Raum war lang und schmal, eine kurze Reihe
Spinde stand am gegenüberliegenden Ende. Der Geruch war herrlich -frisches, gebügeltes Leinen, bei dem Norman an den Waschtag bei ihnen zu Hause denken mußte, als er ein Kind war.
Hohe Türme ordentlich zusammengelegter Bettlaken lagen auf
Paletten, Waschkörbe waren voll von flauschigen Badetüchern, auf
den Regalen drängten sich Kissenbezüge. An einer Wand wurden
Tagesdecken in hohen Stapeln aufbewahrt. Norman drängte Pam
dazwischen und beobachtete ohne das geringste Interesse, wie der
Rock ihrer Uniform an ihren Schenkeln hinaufrutschte. Sein Geschlechtstrieb war im Urlaub, vielleicht hatte er sich sogar endgültig in den Ruhestand verabschiedet, was auch nicht tragisch gewesen wäre. Das Rohr zwischen seinen Beinen hatte ihm im Lauf der
Jahre eine Menge Ärger eingehandelt. Es war ein verflixtes Ding,
das einen zur Überzeugung bringen konnte, daß Gott möglicherweise mehr mit Andrew Dice Clay gemeinsam hatte, als man glauben wollte. Zwölf Jahre lang bemerkte man es gar nicht, und die
nächsten fünfzig - wenn nicht gar sechzig - schleppte es einen
hinter sich her wie ein amoklaufender, kahlköpfiger tasmanischer
Teufel.
»Nicht schreien«, sagte er. »Nicht schreien, Pammie. Wenn du
schreist, bring ich dich um.« Es war eine leere Drohung - zumindest im Augenblick -, aber das konnte sie ja nicht wissen.
Pam hatte tief Luft geholt; nun ließ sie sie lautlos wieder entweichen. Norman entspannte sich.
»Bitte tun Sie mir nicht weh«, sagte sie, und, o Mann, war das originell, das hatte er vorher noch nie gehört, nee, nee.
»Ich will dir nicht weh tun«, sagte er freundlich. »Ganz
bestimmt nicht.« Etwas flatterte in seiner Gesäßtasche. Er tastete
danach und spürte Latex. Die Maske. Das überraschte ihn nicht
gerade. »Du mußt mir nur sagen, was ich wissen will, Pam. Dann
gehst du glücklich deiner Wege, und ich meiner.«
»Woher kennen Sie meinen Namen?«
Er zeigte ihr das vielsagende Verhör-Achselzucken, das sagen
sollte, er wußte eine Menge, das war sein Job.
Sie saß in dem umgestürzten Stapel dunkelbrauner Tagesdecken,
genau wie die auf seinem Bett im neunten Stock, und strich sich
den Rock über die Knie. Ihre Augen hatten eine wirklich außergewöhnliche blaue Farbe. Eine Träne sammelte sich auf dem unteren
Lid des linken, zitterte, lief an ihrer Wange hinab und hinterließ
eine Mascara-Spur.
»Werden Sie mich vergewaltigen?« fragte sie. Sie sah ihn mit
ihren außergewöhnlichen babyblauen Augen an, tolle Augen - welche Frau muß einem Mann ihre Muschi vor die Nase halten, wenn
sie solche Augen hat, richtig, Pammy? -, aber er sah nicht den
Ausdruck darin, den er sehen wollte. Den Ausdruck, den man im
Verhörzimmer sah, wenn man einen Kerl den ganzen Tag und die
halbe Nacht mit Fragen gelöchert hatte und er kurz davor war,
klein beizugeben: einen unterwürfigen Blick, einen flehentlichen
Blick, einen Blick, der sagte, ich werde dir alles erzählen, alles,
wenn du nur ein bißchen locker läßt. Diesen Blick sah er in Pammys Augen nicht.
Noch nicht.
»Pam -«
»Bitte vergewaltigen Sie mich nicht, bitte nicht, aber wenn,
wenn es sein muß, bitte benutzen Sie ein Kondom, ich hob solche
Angst vor Aids.«
Er starrte sie ungläubig an, dann prustete er vor Lachen. Es tat
ihm im Bauch weh, wenn er lachte, und im Zwerchfell noch mehr,
aber am meisten im Gesicht, doch eine Zeitlang konnte er einfach
nicht aufhören. Er sagte sich, daß er aufhören mußte, daß ein
Hotelangestellter, vielleicht sogar der Hausdetektiv, vorbeikommen
und das Gelächter hören und sich fragen könnte, was es zu bedeuten hatte, aber nicht mal das half; letztendlich ließ der Lachkrampf
von alleine nach.
Blondie sah ihn zuerst erstaunt an, dann lächelte sie selbst zaghaft. Hoffnungsvoll.
Norman bekam sich allmählich wieder in den Griff, aber da standen ihm schon Tränen in den Augen. »Ich werd dich nicht vergewaltigen, Pam«, sagte er schließlich - als er wieder sprechen
konnte, ohne daß es sich wegen seines Lachens unaufrichtig
anhörte.
»Woher kennen Sie meinen Namen?« fragte sie wieder. Jetzt
klang ihre Stimme etwas kräftiger.
Er
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