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Das Bildnis der Novizin

Titel: Das Bildnis der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Albanese Laura Morowitz Gertrud Wittich
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umherstolziert, sehr zum Amüsement ihres Vaters.
    »Es gibt viele kleine Wunder in Prato«, sagte die alte Nonne sanft, »ganz bestimmt findest du mit Gottes Hilfe hier etwas, das dir Freude bereitet.«
    Fra Filippo war spät dran, wie immer. Mit den Gedanken bei der unfertigen Madonna für de Valenti eilte er über die kopfsteingepflasterte Via Santa Margherita, die zum Kloster führte. Der Maler hasste es, seine Arbeit ruhen lassen zu müssen, um seinen klerikalen Pflichten nachzukommen. Aber er durfte seinen Posten als Kaplan im Moment keinesfalls aufs Spiel setzen. Erst letzte Woche hatte er ein Schreiben von Generalabt Saviano erhalten, in dem dieser ihn daran erinnerte, was er dem Orden für seinen schmalen Unterhalt schuldete, gar nicht zu reden von der Entschädigungszahlung, die ein Nachbar von ihm forderte, der behauptete, Fra Filippos Hahn sei in seinen Hühnerstall eingedrungen und habe mit seinem heftigen Gebalze den Legeertrag von zwei Tagen zerstört.
    »Fra Filippo Lippi«, hatte der Generalabt in seiner verkniffenen Art geschrieben, »es ist von allerhöchster Wichtigkeit, dass Ihr Euren Pflichten als Kaplan von Santa Margherita gewissenhaft nachkommt, selbst wenn Ihr am Freskenzyklus von Santo Stefano arbeitet, denn der schmale Obolus, den dieser Posten einbringt, wird dringend benötigt, um die hohen Ausgaben, die Ihr diesem Orden in der Oster- und Fastenzeit des vergangenen Jahres aufgehalst habt, zu begleichen. Ich nötige Euch daher, Euren Pflichten mit großer Aufmerksamkeit nachzukommen und nicht länger der Untugend zu frönen, die Euch glauben macht, Eure Arbeit als Künstler sei wichtiger als Eure Pflichten dem Orden gegenüber! Diese Pflicht ist die oberste Pflicht eines jeden ordinierten Bruders in Christi.«
    Vor der Klosterpforte angekommen, blieb Fra Filippo einen Augenblick stehen und holte seinen Schlüssel hervor. Gereizt und durstig schloss er auf und betrat den Klosterhof. Er war nicht nur spät dran, er hatte obendrein sein Brevier in der Klosterkapelle liegen lassen. Herrgott, das musste er jetzt auch noch holen.
    Überrascht bemerkte er, dass die Kapellentür offen stand und dass jemand vor dem Altar kniete. Die unbekannte Gestalt trug die schwarze Tracht einer Augustinernonne, doch wies ihr Schleier einen blauen Streifen auf. Eine Novizin also. Als er näher trat, sah er, dass sie zu seinem Altarbild aufblickte.
    Lucrezia, die Schritte gehört hatte, drehte sich um. Als sie sah, dass es nicht wie erwartet Schwester Pureza war, sondern ein Mönch in einer weißen Kutte, rang sie erschrocken nach Luft. Der Mönch war so groß, dass er den Türrahmen fast ganz ausfüllte.
    »Verzeihung«, sagte Fra Filippo.
    Die Altarkerzen beschienen Lucrezias Gesicht. Der Mönch war sprachlos. Ein so schönes Antlitz hatte er noch nie gesehen. Nicht einmal ihre geschwollenen Augen und die gerötete Nase konnten die Perfektion ihrer Züge beeinträchtigen, die sie vor ihm verbarg, als er nun vortrat, um sein Brevier vom Altar zu nehmen.
    Vergebens nach Worten ringend, wandte sich der Mönch dem Ausgang zu. Noch einmal atmete er den süßen Kamillenduft ein, den sie verströmte, dann folgte er dem Läuten der Glocke, das die Nonnen zum Gebet rief.
    Das Brevier unterm Arm trat der Mönch in den Kapitelhausgarten, wo sich die Schwestern bereits vor dem Springbrunnen versammelt hatten. Er begrüßte die Mutter Oberin mit einem knappen Nicken und stellte sich vor die kleine Schar. Die Novizin, die er in der Kapelle getroffen hatte, nahm ihren Platz neben einer ihm ebenfalls unbekannten Novizin ein. Die Nonnen senkten die Köpfe, und die Glocke, geläutet von Schwester Camilla, verstummte.
    »Seid gegrüßt von unserem Herrn und Erlöser, Jesus Christus«, sagte Fra Filippo und schlug sein Brevier auf. »Wir lesen heute den 66. Psalm: Jauchzet zu Gott, alle Lande, spielt zum Ruhm seines Namens, verherrlicht ihn mit Lobpreis!«
    Nach der geistlichen Lesung stimmte er mit den Nonnen die Vormittagspsalmen an. Dabei glitt sein Blick über die versammelte Schar: Wie üblich schwankten die Schwestern Bernadetta und Antonia im Takt mit, Schwester Isotta flüsterte die Worte lispelnd vor sich hin, Schwester Simona hielt sich steif wie ein Brett und Schwester Pureza hatte die Hände vor dem Gesicht gefaltet. Die Köpfe der beiden Neuzugänge waren gesenkt, doch als der Hymnenzyklus endete, hoben sie das Kinn, und nun konnte Fra Filippo sehen, dass die Gesichter der beiden zart und hellhäutig, von der Sonne

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