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Das bin doch ich

Das bin doch ich

Titel: Das bin doch ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
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durcheinandergeraten ist, möchte ich einen Witz dazu machen, ich sage:
    »Na, wessen Herzschrittmacher schlägt denn da Alarm, hehe?«
    »Ähähähä«, lacht Frau Sophie verlegen.
    Ich schaue hinüber und sehe zum ersten Mal die Kundin, bei der es gebimmelt hat: Sie ist ungefähr neunzig Jahre alt. Ich merke, daß ich rot werde, sogar die Ohren werden rot. Wieso? Wieso passiert so etwas immer mir?
    »Wann haben Sie denn da angefangen?« will Frau Sophies Mann wissen.
    »Früh«, sage ich.
    »Und haben gleich Erfolg gehabt?«
    »Hm, hm.«
    Wieder versinkt er in Schweigen und starrt mich an. Ihm geht allerhand durch den Kopf, das sehe ich ihm an. Ich sehe sogar, was: Das abenteuerliche Leben des Herrn Edwin – Schriftsteller – Ghostwriter – halbe-halbe .
    »Kannst du dich noch erinnern, wie die Dings da war, die Den…«
    »Ja, Catherine Deneuve hat mal in Wien einen Film gedreht«, sagt Frau Sophie, »und ich war ihre persönliche Friseurin. Aber glauben Sie, sie hätte ein gemeinsames Foto machen lassen? Nicht jetzt, hat sie immer gesagt. Aber ich habe meinen Salon für sie zusperren müssen, damit die gewöhnlichen Kunden sie nicht stören. Und dann gibt es kein Foto.«
    Die alte Frau und die wartende Kundin mischen sich ins Gespräch. Es wird über Catherine Deneuves Verhalten diskutiert. Frau Sophie erzählt weitere Details von ihrer Arbeit mit der berühmten Schauspielerin. Alle verurteilen den französischen Star, der sich beschwert hat, Frau Sophie hätte nicht einmal etwas dabei, um einen abgebrochenen Fingernagel sofort zu reparieren. Aber eine tolle Frau, sagt Frau Sophie. Die Unterhaltung, die schon beendet schien, entzündet sich von neuem, es wird über Samantha Fox gesprochen. Diese interessiert Frau Sophies Mann offenkundig nicht so sehr, und er will lieber von mir wissen:
    »Wie heißen Sie denn eigentlich?«
    »Glanz«, sage ich. Ich melde mich auch am Telefon gern mit »Glanz«, denn da kann ich später immer noch behaupten, ich sei falsch verstanden worden, ich hätte ja Glavinic gesagt.
    »Und wie heißt Ihr letztes Buch?«
    Ich stottere herum. Ich habe das Gefühl, den Titel eines meiner Bücher hier auszusprechen wäre Verrat, er würde schal klingen, bestenfalls, und im schlechtesten Fall würde mich ein Blitz treffen. Endlich fällt mir ein Ausweg ein:
    »Ach was, ich bringe Ihnen einfach mal eines mit.«
    »Ja! Das wäre schön! Ja! Eines! Mit!«
    Frau Sophie ist mit mir fertig. Ich springe auf, fahre in meine Jacke, zahle.
    »Es wäre aber wirklich nett, wenn Sie uns einmal ein Buch borgen könnten«, sagt Frau Sophie.
    »Nein, das kriegen Sie geschenkt«, sage ich und schiele zur Tür.
    »Aber, das ist doch nicht nötig, wir geben es Ihnen natürlich zurück.«
    Vor der Tür sehe ich, ich habe einen Anruf auf meinem Mobiltelefon versäumt. Karen Kablier. Ob man Telefonnummern ebenso wie Emailadressen blockieren kann? Ich glaube schon. Ich hoffe es.
    Bis zum Zahnarzt sind noch zwei Stunden Zeit. Zu Hause schreibe ich einen Artikel fertig, den ich dem Mitarbeiter der Wiener Village Voice für sein Blatt versprochen habe. Christoph Singer, der Chefredakteur eines Lifestylemagazins aus einem westlichen Bundesland, ruft an, er ist gerade in Wien, und zwar mit einem Fotografen. Da sein Magazin ja oft etwas über mich bringt, aber keine guten Fotos hat, wäre es toll, wenn… und unbedingt muß es der Naschmarkt sein, Naschmarktfotos sind wundervoll, haben Flair usw. Ich sage, ich komme vorbei. Gleich darauf bereue ich es.
    Ich treffe die beiden an der Ecke zur Schleifmühlgasse. Wir begrüßen uns. Die beiden wirken betrunken, dabei weiß ich mit Sicherheit, daß zumindest Christoph nicht trinkt. Ich kenne ihn schon sehr lange, ich kann ihn gut leiden. Ich weiß aber auch, daß er ein Landei ist und Wien ihm angst macht. Wie er das zu überspielen versucht, habe ich schon mehrmals erlebt, und er fängt auch gleich wieder damit an.
    »Schleifmühlgasse, da waren wir gerade was essen, die Gasse haben wir umgetauft auf Schwanzlutschgasse, höhö. Klingt gut, nicht? Das wäre eine Schlagzeile: Haben in Wien in der Schwanzlutschgasse gegessen, höhöhöhö.«
    Ich sage, ich muß zum Zahnarzt und habe wenig Zeit.
    »Mußt du ins Puff? Höhö!«
    Der Fotograf sagt keinen Ton, findet aber alle Witze von Christoph lustig. Er knipst drauflos. Im Hintergrund Obst- und Gemüsestände, stehe ich da und schaue knapp an der Kamera vorbei. Und die ganze Zeit über denke ich: Warum? Warum mache ich

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