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Das bin doch ich

Das bin doch ich

Titel: Das bin doch ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
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spricht schon etwas schleppend, im Hintergrund höre ich schrille Frauenstimmen, Männergebrüll und Gläserklirren. Ich erkläre ihm, warum ich nicht da bin, er zeigt Verständnis. Gerade will ich ihn fragen, ob er glaubt, daß ich an einer schweren Krankheit leide, da kommt die Ärztin auf mich zu, ihre Miene ist ausdruckslos. Ich verabschiede mich von Erwin. Der Kloß in meinem Hals ist so groß, daß ich schlucken muß.
    Sie rollt mich zurück in das Ambulanzzimmer.
    »Und?« frage ich. »Und?«
    Sie setzt sich und gähnt. Sie öffnet ein Kuvert.
    »Also, was haben wir denn da… hmmmm… hmhm… hmmmm… hmhm…«
    »Und? Bin ich todkrank?«
    »Nein, sind Sie nicht. Der Wert hier ist etwas erhöht… aber das« – sie deutet auf meinen grummelnden Bauch – »ist mit dem Darm auch normal. Diät halten, ich drucke Ihnen einen Plan aus. Und eine Woche lang Bioflorin .«
    Mit dem Taxi fahre ich zur Nachtapotheke, dann ins Hotel zurück. Es gibt einen Computer. Ich zahle für eine Stunde im voraus. Ich rufe meine Mails ab, nichts Wichtiges. Ich gebe meinen Namen bei Google News ein, keine Meldung. Ich beginne eine Partie Spider Solitär. Es ist zwar blöd, für eine Stunde Internet zu zahlen und dann virtuelle Patiencen zu legen, aber das ist mir egal, ich spiele eine Partie, dann noch eine, dann noch eine.
    Irgendwann fällt mir auf, daß ich in Gedanken mit den Jungaristokraten aus dem Artikel streite. Ich spiele die nächste Partie, ich kaufe noch eine Stunde. Nach ein paar weiteren Spielen merke ich, daß ich in einem heftigen Wortwechsel mit einem der Jungaristokraten verwickelt bin, es geht hin und her, wir argumentieren, ich kann es nicht abstellen, es hört einfach nicht auf in meinem Kopf, egal was ich versuche.
    Ich habe Daniel im Fernsehen versäumt, fällt mir ein. Ich nehme das zweite Bioflorin .

Dreizehn
    Ich kann mich nicht weiter der Erkenntnis verschließen, daß ich zu dem geringen Prozentsatz jener Capillotin -Anwender gehöre, die auf das Haarwuchsmittel allergisch reagieren. Meine Kopfhaut ist bis zu den Ohren rot und heiß, und es juckt fürchterlich. Es kann nur das Mittel sein. Also absetzen, ich werde versuchen, meine Glatze mit Selbstbewußtsein zu tragen.
    Nachdem mein Organismus dank der Behandlung durch die namenlose Ärztin im Grazer Krankenhaus wieder störungsfrei zu arbeiten scheint, habe ich für diesen Tag zwei Termine vereinbart: beim Friseur – und beim Zahnarzt. Mit meiner Brücke ist etwas nicht in Ordnung, sonst würde die nicht einfach so in Zugtoiletten herumfliegen.
    Als ich Sophie’s Salon betrete, ist Frau Sophie noch nicht da. Die weiblichen Lehrlinge begrüßen mich, Frau Sophie hat angerufen, sie kommt gleich. Ich setze mich, weise dankend den Kaffee zurück, die Kronen Zeitung nehme ich an (man muß wissen, was der Feind denkt: Sun-tzu).
    Ich schaue mich um. Zwei Stühle weiter wird eine Frau von drei Mädchen gleichzeitig bearbeitet, so daß ich ihr Gesicht nicht sehe, nicht einmal im großen Wandspiegel. Außer mir ist sie die einzige Kundin. Das mag ich, ich kann überfüllte Läden nicht leiden, egal ob Friseur oder Schuhmacher oder Elektrogeschäft.
    Nach einer Weile ertönt die Türglocke. Es ist jedoch nicht Sophie, sondern ihr Mann. Ich werde nicht schlau daraus, was seine Aufgabe in diesem Frisiersalon ist. Einmal hat er mir die Haare gewaschen, eine Prozedur, die ich nicht wiederholen möchte, nicht weil er es schlecht gemacht hätte, sondern weil ich fast jede Art von Berührung durch Männer unerträglich finde. Ansonsten sitzt er nur rum.
    Allerdings gibt er fachliche Kommentare ab. Meinen Haarausfall möchte er mit irgendeiner Bestrahlung behandeln, ich habe nicht so genau zugehört, weil ich mein Haar nicht bestrahlen lasse. Ich weiß also nicht, was er ist, und eigentlich kümmert es mich auch nicht. Ich komme wegen Frau Sophie hierher, die die einzige Friseurin in der Gegend ist, zu der ich Vertrauen habe. Einmal war der Salon so überfüllt, daß ich zur Konkurrenz ging. Dort schnitt mir eine betrunkene, geistig unterprivilegierte Frau mit Mundgeruch die Haare. Ich lief von dort direkt zu Frau Sophie, um die Sache reparieren zu lassen, seither nehme ich die Wartezeit gern in Kauf.
    Der Frisiersalon ist groß. Doch was tut Frau Sophies Mann? Er setzt sich in den Frisierstuhl neben mich.
    »Und, wie geht’s?«
    »Hmhm!« sage ich und lächle ihn an, wie ich es vom größten Starautor der westlichen Welt gelernt habe.
    Er spricht weiter. Daß ich

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