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Das bin doch ich

Das bin doch ich

Titel: Das bin doch ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
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dürfen. Also dieselbe Prozedur wie jeden Tag.
    Ich weiß nicht, was diesen Impuls in mir auslöst, der Alkohol allein kann es nicht sein, denn ich habe schon oft betrunken geduscht. Plötzlich finde ich es so idiotisch, daß ich seit fast zwei Jahren meine Hoden nicht mehr gesehen habe, so albern, daß ich mich über mich selbst sehr ärgere. Ich steige aus der Dusche, ohne mich abzutrocknen, und betrachte mit heftig klopfendem Herz im breiten Schrankspiegel meine Hoden.
    Der eine ist GRÖSSER . Mein Gott, der eine ist GRÖSSER ! Ach ja, der war ja schon immer… Aber war er soviel…?
    Ich setze mich auf den Badewannenrand, nehme Rasierschaum und Rasierer. Ich beginne mit einer Totalrasur meines Intimbereichs. Immer wieder muß ich mich zwingen, die Augen aufzumachen. Hinzuschauen, mir bewußtzumachen, daß alles in Ordnung ist. Daß diese oder jene Unregelmäßigkeit keinen Tumor anzeigt. Bei einer schnellen Bewegung rutscht mein Hintern vom Wannenrand, und ich fliege auf den Duschvorleger. Ich rapple mich auf, nichts tut mir weh, und ich mache weiter. Blutstropfen vermischen sich mit Wasser und Rasierschaum, werden dünner, verschwinden, kommen wieder, verschwinden wieder. Ich hole mir einen Handspiegel, dabei mache ich den nächsten Abflug, diesmal erwischt es mein Kreuz. Ich setze mich, nehme den Spiegel, schaue, es ist eine schwierigere Arbeit, als ich gedacht habe, jedenfalls für einen Betrunkenen. Wieder liege ich plötzlich auf dem Vorleger, wieder stehe ich auf. Der Spiegel fällt mir aus der Hand, zerbricht jedoch zum Glück nicht.
    Und dann bin ich fertig. Ich betrachte mich im Spiegel. Zwei unausgebeulte Hoden. Zwei krebsfreie Hoden. Ich bin nicht krank. Oder? Ich bin nicht krank. Oder?
    Ich brause mich ab. Setze mich an den Computer, um Mails zu schreiben.

Zweiundzwanzig
    »Das mußt du dir vorstellen. Im Hotelfoyer kommt eine Frau mit Hund auf mich zu. Danke für das wunderbare Buch, das Sie geschrieben haben! «
    »Nett.«
    »Die Frau war Iris Berben.«
    »Oh.«
    »Ja.«
    »Iris Berben hat sehr schöne Beine.«
    »Einen netten Hund hat sie. Einen Mischling namens Pauli. Und der Fahrer, der mich ins Studio brachte, kannte die Vermessung der Welt ebenfalls. Stell dir das mal vor, ein Fahrer, der liest.«
    »Daran merkt man, daß du nicht in Österreich warst.«
    »Allerdings.«
    »Ich glaube, ich habe gestern nacht wieder Emails geschrieben.«
    »Na und? Ich habe auch Emails geschrieben.«
    »Ja, aber du warst nicht betrunken.«
    »Vielleicht doch.«
    »Zum Kuckuck, du weißt schon, was ich meine.«
    »Na sagen wir, ich kann es mir vorstellen.«
    »Eben.«
    »Ja, was willst du jetzt von mir hören? Schreib keine Emails, wenn du betrunken bist.«
    »Ich hab es ja schon mit Zusperren des Arbeitszimmers versucht. Aber ich weiß ja vorher nicht, ob ich betrunken nach Hause komme.«
    »Das würde ich so nicht sagen.«
    »Ich habe das erzählt, damit du mich beruhigst.«
    »Entschuldige.«
    »Bitte.«
    »Entschuldige bitte.«
    »Nein, ich meine, ist schon okay.«
    »Ach so.«
    »Und was mache ich jetzt?«
    »Weiß nicht. Wem hast du denn geschrieben?«
    »Keine Ahnung. Hoffentlich nicht Michael Krüger.«
    »Wieso denn Michael Krüger?«
    »Oder Wolfgang Matz.«
    »Wieso denn Wolfgang Matz?«
    »Na, keine Ahnung. Die kennen mich nicht gut. Die könnten so ein Email falsch verstehen.«
    »So kann man es auch ausdrücken.«
    »Du bist wirklich nicht sehr konstruktiv heute.«
    »Entschuldige. Ich bin etwas abgelenkt, ich habe bis jetzt mit dem Hund gespielt.«
    »Mit Pauli?«
    »Nein! Mit meinem eigenen!«
    »Na schön. Und was mache ich jetzt wegen der Emails? Stell dir vor, ich hätte Denis Scheck irgendwas Unangenehmes geschrieben in meinem Nebel, irgendwas Unfreundliches.«
    »Wieso denn Denis Scheck?«
    »Mein Gott. Weiß nicht. Einfach so. Denis Scheck ist in der Jury .«
    »Das ist alles falsches Wähnen, sagt Buddha.«
    »Jetzt hör aber auf.«
    »Nein, sagt er wirklich.«
    »Was hilft mir Buddha, wenn ich Denis Scheck geschrieben habe, daß er gefälligst was für mein Buch tun soll?«
    »Viel hilft er dir! Für Leute wie dich hat er doch gelehrt! Du mußt verstehen, daß Denis Scheck nicht existiert, dann geht es dir besser. Außerdem ist ohnehin alles Sein leidhaft, sagt Buddha. Falsch, das sagt er nicht, das wird immer falsch übersetzt, er sagt: unzulänglich. Unbefriedigend. Wenn du erkennst, daß Denis Scheck nicht existiert, wird es dir bessergehen.«
    »Aber er existiert doch!«
    »Denis

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