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Das bin doch ich

Das bin doch ich

Titel: Das bin doch ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
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lobte mich nicht besonders, über mein zweites Buch schimpfte ich sogar, natürlich im Rahmen. Aus taktischen Gründen von mir hinterlassene Detailfehler (falsches Geburtsjahr etc.) wurden von eifrigen Usern bald korrigiert, die seither den Artikel auch immer wieder auf den neuesten Stand bringen, so daß er keine große Ähnlichkeit mehr hat mit meinem.
    Karin Graf ruft an, sie freut sich über den Artikel im Spiegel . Christina Knecht, die Pressebetreuerin des Hanser Verlags, erzählt mir von einer klugen und positiven Besprechung in der Neuen Zürcher Zeitung , sogar Michael Krüger sei beeindruckt gewesen. Wolfgang Matz schließlich sagt, wir werden einige Auflagen drucken. Dann ruft meine Mutter an.
    »Wieso bist du nicht auf der Bestsellerliste und dein Freund immer noch?«
    Unvermittelt fällt mir die Geschichte ihres ersten Treffens mit Else ein. Wir saßen in einem Café in Graz, einer scheußlichen Spelunke, in der meine Mutter aus unerfindlichen Gründen gern zu Mittag ißt. Ich erwähnte, ich hätte eine neue Freundin, und als sie so interessiert dreinschaute, sagte ich, wenn sie will, kann sie sie gleich kennenlernen, Else war nämlich gerade in der Nähe einkaufen. Meine Mutter verstand mich falsch, sie begann den Kopf ungeniert nach allen Seiten zu drehen, weil sie annahm, Else sei bereits hier. Sie deutete auf eine übergewichtige, blasse Mittfünfzigerin mit abgearbeitetem Gesicht, vor der ein Glas Rotwein stand: »Ist sie das?«
    Ich habe den Humor eines Achtjährigen. Ich stehe mit Stanislaus am Fenster und schieße mit einer Wasserpistole auf die Leute im Garten. Die kreischen, schauen zu uns hoch, und ich rede mich auf meinen Sohn heraus, der ebenfalls eine Wasserpistole in der Hand hält. Ihm gefällt das. Else nennt mich einen Kindskopf, ich höre trotzdem nicht auf. Eine Viertelstunde lang hole ich immer wieder neues Wasser, bis die da unten richtig durchnäßt sind. Aus einem Nachbarfenster dudelt Musik, irgendein Gute-Laune-Trottel aus dem Radio erzählt etwas von einem bevorstehenden Robbie-Williams-Konzert, normalerweise würde mich das jetzt stören.
    Am späten Nachmittag kommt Ursel und übernimmt Stanislaus. Else und ich gehen zu Akakiko essen. Danach ist sie mit einer Freundin verabredet. Ich weiß nicht recht, wohin ich soll. Ich rufe Daniel an. Der kann nicht, weil er einen Artikel für die New York Times schreiben muß. Ich rufe den Prinzen an. Der ist irgendwo in Kärnten, wo er Baldur an seinem neuen Zuhause besucht. Der Professor ist in Brasilien. Und sonst fällt mir niemand ein, den ich jetzt fragen könnte, ob er mit mir etwas unternehmen will. Ich kenne nur unspontane Leute.
    Weil ich ja mein Englisch verbessern will, komme ich auf die Idee, ins English Cinema zu gehen. Sie spielen Pirates Of The Caribbean 2 . Johnny Depp, also gut, ich versuche es.
    Im Wartesaal des Haydn-Kinos stelle ich mich in eine Ecke. Die Leute erkennen mich. Sie schauen zu mir her, schauen wieder weg, reden miteinander, schauen wieder her. Ich stehe da und tue so, als bemerke ich nichts. Es muß sich sonderbar anfühlen, wirklich bekannt zu sein. Wenn das bei mir jetzt schon solche Dimensionen hat, denn mehr und mehr Leute schauen unauffällig zu mir. Gefällt mir aber irgendwie. Was ein paar Rezensionen ausmachen können.
    Ich beobachte eine junge Frau, die ihrerseits mich beobachtet. Sie hat einen Silberblick, aber sonst sieht sie recht gut aus. Ich frage mich, wo sie über mich gelesen hat. Sie sieht nicht aus wie jemand, der viel liest. Sie schaut mich an, als würde sie mich kaum sehen. Diese Fehlstellung der Augen.
    Diese Fehlstellung der Augen. Ist überhaupt keine Fehlstellung der Augen. Die schaut woandershin. Schaut über mich. Wo…?
    Ich stehe unter dem Bildschirm, der Trailer zeigt. Die Leute, die mich anstarren, starren nicht mich an, sondern informieren sich über bevorstehende Kinopremieren.
    Der Film ist ein Reinfall. Erstens verstehe ich zuwenig, zweitens geht mir die Geschichte auf die Nerven. Mittendrin verschwinde ich, und ich bin froh, als ich auf der Straße stehe, obwohl ich nicht weiß, was ich jetzt anfangen soll.
    Zwei SMS . Eines von Thomas Maurer, der eine Besprechung gelesen hat und gratuliert. Das andere von Bernd: Baby, wir warten auf dich im a 2 !
    Eigentlich sollte man sich nicht mit Männern treffen, die einen Baby nennen, aber mir bleibt nichts anderes übrig, es ist kein Abend, allein zu Hause zu sitzen.
    Alle Stammgäste und Kellnerinnen, die dienstfrei haben,

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