Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
guten Flug!«, fügte Alexis hinzu.
Walburga stand auf. »Ciao, ihr Süßen.« Sie klemmte sich ihre Plastiktüte unter den Arm und verließ hüftwackelnd den Speisesaal.
Alexis sah ihr hinterher. »Ihr Kleidungsstil ist eine einzige Katastrophe, aber sonst ist sie voll in Ordnung. Übrigens – dieses graue Frotteekleid ist furchtbar, Niki.«
»So eine Farbe ist nur für Wintertypen geeignet«, stimmte Tamara zu. »Wenn überhaupt. Das sieht verdächtig nach Unsichtbarkeitssyndrom aus.«
»Na ja, ich muss eben anziehen, was mein Koffer hergibt«, entschuldigte Niki sich. Sie selbst fand das Kleid ja unterirdisch. »Frühling oder nicht Frühling. Mehr habe ich nicht zu bieten.«
»Du hast viel mehr zu bieten, als du denkst«, widersprach Leo. »Du hast nur kein Vertrauen in dich selbst.«
Tamara applaudierte, indem sie die Fingerspitzen ihrer manikürten Hände lautlos aneinanderschlug. »Bravo, Leo. Du bist ein hervorragender Psychologe.«
»Was ist mit heute Abend?«, fragte Alexis. »Habe ich da was von Kochen gehört? Außer Haus?«
Leos Augen weiteten sich. »Ich will mit!« Er stand auf. »Sorry, ich habe einen Walking-Termin. Aber vergesst bloß nicht, dass ich heute Abend dabei sein will, wenn Niki kocht!«
Die Stunden verstrichen quälend langsam. Niki wurde immer kribbliger. Seit sie mit Walburga ein Zimmer teilte, waren sie noch enger zusammengewachsen. Vor dem Einschlafen besprachen sie alles, was ihnen durch den Kopf ging, und auch tagsüber trafen sie sich zwischen den Anwendungen im Zimmer. Kaum zu glauben, aber Niki vermisste Walburga. Und natürlich konnte sie es kaum erwarten, zu erfahren, was sich daheim abspielte.
Grübelnd trottete sie zum Kneippraum, zum Heuwickel im Zimmer, schließlich zum Fitnesscenter. Man hatte ihr einen neuen Personal Trainer zugeteilt. Der junge blonde Mann, so war ihr signalisiert worden, hatte weitere Begegnungen mit ihr rundheraus abgelehnt. Verstehen konnte Niki ihn irgendwie.
Seither mühte sich ein muskulöser Endvierziger namens Ricky mit ihr ab. Sein Kopf war geschoren, und heute trug er ein ärmelloses Unterhemd mit dem Schriftzug »Bastard«. Er hatte mehr Tattoos als ein alternder Rockstar. Und genau wie ein Rockstar riss Ricky die Arme hoch und grölte »Yeah!«, wenn Niki einen Sit-up hinkriegte. Auf diese Weise bekam sie jedes Mal seine rasierten Achselhöhlen präsentiert, sobald sie sich aufrichtete. Sogar dort hatte er Tattoos – bunte, feuerspeiende Drachen.
Womit Nikis Gedanken wieder zu Walburga abschweiften. Auf der einen Seite fand sie es ziemlich cool, dass Wolfgang Besuch von einem Rachedrachen bekam. Aber, aber, aber. Es waren ganz schön viele Abers, die ihr durch den Kopf schwirrten, und es wurden sekündlich mehr. Showdown im Nelkenweg acht. Wie krass war das denn?
»Hey, Schnecke, immer schön am Ball bleiben«, krakeelte der Trainer. »Abhängen kannst du noch, wenn du im Koma liegst.«
Die mussten akuten Personalmangel im Vitalis haben, dass sie solch ein zweifelhaftes Exemplar einstellten. So wie der drauf ist, würde er besser zu Walburga passen, überlegte Niki. Und schon hatte sie sich wieder in der vertrauten Gedankenschleife verheddert. Walburga. Und Wolfgang. Die schrägste Liaison der Saison.
Sie dehnte sich. »Äh – könnten wir jetzt damit aufhören?«
»Zehn Sit-ups, das ist gar nix«, sagte der Trainer abfällig. »Okay, mal sehen, wie du dich heute an der Rudermaschine machst, Muddi.« »Für Sie immer noch Frau Michels, Herr Bastard«, erwiderte Niki hoheitsvoll.
»Was?«
»Für Sie immer noch ›wie bitte‹.«
»Hä?«
Niki gab es auf. »Sie und ich, wir passen einfach nicht zusammen. Ich mach Pause. Und ich höre nicht wieder auf damit, bis die Stunde vorbei ist.«
»Schade.« Der Tattoomann wirkte ehrlich enttäuscht. »Bist ’n heißes Teil.«
»Ich vermute, das war ein Kompliment. Besten Dank auch.«
Damit waren Nikis sportliche Ambitionen für den Tag beendet. Heißes Teil. Sie musste lächeln. So was hatte noch nie jemand zu ihr gesagt. Hatte Wolfgang sie jemals sexy gefunden? Sie wusste es nicht. Klar, am Anfang ihrer Ehe waren sie ziemlich eifrig gewesen, was ihr Liebesleben betraf, und Wolfgang hatte sie zweifellos begehrenswert gefunden. Aber sexy? Warum sahen nur andere Männer in ihr, was Wolfgang wohl nie an ihr entdeckt hatte? Sie hatte allerdings auch noch nie einen Tanga im Zahnseidenformat getragen. Falls es das war, was ihr Mann sich wünschte, nutzte ihr großartiger Plan
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